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Private Equity im deutschen Mittelstand: Strategische Rettung oder Risiko?

Lesezeit: 4 min
30.03.2024 09:16  Aktualisiert: 30.03.2024 14:23
Statt Milliarden-Deals konzentrieren sich Private-Equity-Unternehmen (PE-Unternehmen) auf Übernahmen aus dem deutschen Mittelstand. Auch ausländische Investoren haben ihren Augenmerk auf den deutschen Mittelstand gerichtet.

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Unternehmensfinanzierung - Mittelstand setzt zunehmend auf privates Kapital von außen

Im Januar dieses Jahres meldete die Männermodekette Wormland Insolvenz an. Davon betroffen sind 400 Arbeitsplätze in 12 Filialen in 10 deutschen Städten. Trotz gestiegener Einnahmen im vergangenen Jahr hat es das Unternehmen nicht geschafft, die Inflation auszugleichen. Eine schwächere Kaufkraft der Kunden und gestiegene Kosten für Energie, Miete, Logistik und Personal führten das Unternehmen schließlich in die Insolvenz. Die Geschäftsführung sah sich gezwungen, einen Sanierungsplan zu entwickeln und vorzustellen. Bis zum Sommer diesen Jahres soll das Schutzschirmverfahren abgeschlossen sein.

Allein schafft es das Unternehmen nicht, sich auf gesunde Beine zu stellen. Mittels eines Investorenprozesses soll es nun wieder wirtschaftlich gestärkt werden. Konkret geht es um die Suche nach strategischen und finanziellen Investoren für das mittelständische Unternehmen. Als oberstes Ziel der anstehenden Beteiligungs-Verhandlungen stehen der Erhalt der rund 400 Arbeitsplätze und die Weiterführung möglichst aller zwölf Premium-Standorte. Der Sanierungsplan ist bereits vollzogen. Es erfolgte eine digitale Transformation mit modernen Werbekanälen, Marketingkampagnen und Social-Media-Auftritten für die jüngeren Zielgruppen.

An dieser Stelle kommt die Rolle von Private Equity bei der Restrukturierung von Unternehmen ins Spiel. Gefragt sind spezialisierte Fonds oder Investments, die sich auf die Versorgung des kleineren und mittleren Mittelstands mit Beteiligungskapital fokussieren. PE-Investitionen erreichten bis Ende 2023 über 40 Prozent auf dem deutschen M&A Markt (Fusionen und Übernahmen). „Private-Equity-geführte Unternehmen schaffen heute deutlich mehr Arbeitsplätze als andere Unternehmen in Europa. Wertsteigerungen stammen häufig auch aus der Implementierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen, da diese am Markt zunehmend geschätzt werden“, sagt Moritz von Rhein, Head of Privates Markets von LIQID und verweist damit auf eine wichtige Bedeutung dieses Marktes.

Große Deals sind eher selten geworden

PE-Investoren konzentrieren sich zunehmend auf Transaktionen im niedrigeren Bereich unter 500 Millionen Euro. Milliardengeschäfte, wie es bei der Übernahme von Thyssen-Krupp noch der Fall war, sind heutzutage eher die Ausnahme. 2023 waren es 77 Prozent von PE-Transaktionen mit einem Wert von unter 50 Millionen. Ein Jahr zuvor waren es noch 57 Prozent, laut eine Studie des Beratungshauses PWC. Kleine und mittlere Unternehmen weißen in der Regel eine geringere Ausstattung mit Eigenkapital aus. Die Pandemie sorgte dafür, dass dieses Kapitel merklich schrumpfte. Laut KfW-Research sank die Quote im Mittelstand bis August 2021 auf 24 Prozent (im Durchschnitt davor 29,1 Prozent).

Das Problem: Mit sinkenden Eigenkapitalquoten verschlechtert sich die Bonität der Unternehmen und ihr Rating, was die Kreditaufnahme verteuert. PE- Unternehmen können durch Investitionen in Fonds indirekt die Unternehmen finanziell unterstützen. Den Beteiligungsfonds ist bei gut positionierten Unternehmen daran gelegen, das erfahrene Management-Team an Bord zu behalten. Die stille Beteiligung hilft Unternehmen durch Krisen zu kommen und zu wachsen. Als Beispiel kann hier Egoditor genannt werden. Ein Bielefelder Unternehmen, das 2009 einen QR-Code-Generator schuf. 2019 übernahm der private Equity-Fonds Flex Capital die Firmenmehrheit und ermöglichte die weltweite Expansion. Ende 2021 wurde Egoditor für einen dreistelligen Millionenbetrag an das bekannte US-Unternehmen Bitly verkauft.

Private Equity als Stütze des Mittelstands

Vormals ein Nischen-Investor, hat sich der PE-Markt in Deutschland in den letzten Jahren gewandelt. Er ist zur tragenden Stütze des Mittelstands geworden. 2021 wurden rund 12,6 Milliarden Euro in deutsche Unternehmen, wie das Venture Capital Magazin berichtet, investiert. Geschuldet durch den Rückzug der Banken bei der Kreditvergabe nach der globalen Finanzkrise, die zu verschärften Kapitalbeschränkungen geführt hat. PE-Unternehmen nutzen die Krisenzeit, da die Bewertung von Unternehmen oft niedriger ausfällt, um Unternehmen zu günstigen Preisen zu erwerben.

Krisen bieten Private-Equity-Fonds die Möglichkeit, in Unternehmen zu investieren, die finanzielle Schwierigkeiten haben oder restrukturiert werden müssen. Machen sie ihre Hausaufgaben gut und helfen ineffiziente Prozesse zu optimieren und die Kosten zu senken, kann dies hohe Rendite generieren. Denn Veränderungsprozesse anzustoßen und zu begleiten, ist die Kernkompetenz von Private-Equity-Gesellschaften. Hauptsächlich fanden 2023 die meisten Transaktionen (27,3 Prozent) im Technologiesektor statt. Diese Unternehmen zeichnen sich durch eine höhere Anpassungsfähigkeit aus, an sich verändernden Marktbedingungen.

Ausländische Investoren interessiert an deutschen KMUs

Über tausendeinhundert Deals mit ausländischen Investoren wurden 2023 insgesamt unterzeichnet. Zugenommen haben dabei Transaktionen im Segment des produzierenden Gewerbes um 15,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr (264 gegenüber 228 Deals). Doch die Zurückhaltung ist so groß wie nie. Der Gesamtwert ausländischer M&A-Investitionen im vergangenen Jahr ging um die Hälfte im Vergleich mit 2021 zurück und erreichte knapp etwas über 50 Milliarden Euro (2021: 112 Milliarden Euro, 2022: 73 Milliarden). Dennoch erhöhte sich generell ihre Präsenz im Segment der kleinen und mittleren Transaktionen.

Denn Investitionen in KMUs werden attraktiver, wenn größere Transaktionen schwieriger zu finanzieren sind. Auch wurden große Verkäufe, sogenannte Exits, von den PE-Investoren aufgrund der ungünstigen wirtschaftlichen Lage auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Zu den großen PE-Deals von 2023 gehört mit Sicherheit die Übernahme der Software AG durch Silver Lake, welche das Unternehmen zerschlagen und das Kerngeschäft der Darmstädter Firma verkauft hat. Zu den erfolgreichen Exits gehört der Verkauf von EA-Elektro an den US-Konzern Fortive, bei dem der Finanzinvestor mehr als das Zehnfache des eingesetzten Kapitals erzielte.

Blick auf die Wirtschaft eher düster

Die Prognosen des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) sehen nicht gut aus. Es rechnet in den kommenden Monaten mit erheblich steigenden Insolvenzzahlen. Im ersten Halbjahr 2023 wurden 20,5 Prozent mehr Insolvenzen gemeldet als im Jahr davor. Die Anzahl der Insolvenzen lag im September bei 1016 was 33 Prozent mehr als im September 2022 entspricht. Trotz des Anstiegs der Insolvenzzahlen sprechen Experten von einer Normalisierung und nicht von einer Insolvenzwelle.

Die steigenden Zahlen sind teilweise auf den Nachholeffekt der staatlichen Hilfen zurückzuführen, die während der Pandemie viele Unternehmen unterstützt haben. Neben großen Unternehmen sind auch kleinere Betriebe und der Gesundheitssektor betroffen. Mehrere Krankenhäuser haben Insolvenz angemeldet, und lokale Kommunen mussten als Retter einspringen, um weitere Pleiten zu verhindern. Die steigenden Insolvenzzahlen in Deutschland haben auch Auswirkungen auf die Portfolios der Private-Equity-Investoren. Sie müssen mit mehr Insolvenzen in ihren Beteiligungen rechnen.

 

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Sofia Delgado ist freie Journalistin und arbeitet seit 2021 in Stuttgart, nachdem sie viereinhalb Jahre lang in Peking gelebt hat. Sie widmet sich gesellschaftskritischen Themen und schreibt für verschiedene Auftraggeber. Persönlich priorisiert sie die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit, als dringendste Herausforderung für die Menschheit.

 


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