Unternehmen

Autozulieferer immer mehr unter Druck - Stellenabbau droht

In der Autobranche wachsen die Sorgen, trotz eines scheinbar guten Jahres. Laut einer Studie wächst die Umsatzkluft zwischen Herstellern und Zulieferern merklich. Viele Zulieferer stehen offenbar mit dem Rücken zur Wand, ein massiver Stellenabbau droht noch im laufenden Jahr.
02.04.2024 18:30
Lesezeit: 2 min

Trotz eines Rekordumsatzes hat sich die Schere zwischen Autozulieferern und Herstellern in Deutschland einer neuen Studie zufolge weiter vergrößert. Auch dank überwundener Produktionsengpässe steigerte die Branche ihre hierzulande erwirtschafteten Umsätze vergangenes Jahr um 10 Prozent auf 558 Milliarden Euro - so viel wie noch nie zuvor. Das zeigt eine aktuelle Analyse der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft EY.

Die Autohersteller schnitten demzufolge mit einem Wachstum von elf Prozent allerdings erneut besser ab als die Zulieferer, die ein Umsatzplus von neun Prozent verzeichneten. Vor allem der Zehn-Jahres-Vergleich zeige die Kluft zwischen den beiden Gruppen: „Seit 2014 stieg der Umsatz der Zulieferer in Deutschland um 25 Prozent, während die Hersteller mehr als doppelt so stark - um 59 Prozent - zulegten“, hieß es in der Studie.

EY-Experte: Viele Zulieferer mit dem Rücken zur Wand

EY-Marktexperte Constantin Gall teilte mit: „Auf den ersten Blick war das vergangene Jahr nicht schlecht für die deutsche Autoindustrie“. Die Rekordumsätze seien jedoch auch ein Ergebnis der hohen Inflation und stark gestiegener Einkaufs- und Materialpreise. Unter dem Strich sorgten hohe Energie- und gestiegene Lohnkosten bei vielen Unternehmen für eine rückläufige Marge. „Das gilt vor allem für die Zulieferer, für die die Luft immer dünner wird.“

Viele von ihnen sieht Gall mit dem Rücken zur Wand: „Wer als Zulieferer zukunftsfähig sein möchte, muss massiv in neue Technologien investieren“, sagte er. Der Hochlauf der Elektromobilität komme aber nicht in Fahrt, die erwarteten und benötigten Stückzahlen würden bei weitem nicht erreicht. Das koste die Branche aktuell sehr viel Geld und sorge für Unsicherheit. Gall rechnet daher mit einer weiteren Konsolidierung unter Zulieferern.

Kluft zwischen Zulieferern und Herstellern auch bei Beschäftigung

Die Beschäftigungssituation am Autostandort Deutschland hat sich den Angaben nach 2023 jedoch kaum verbessert. Der Negativtrend der vergangenen Jahre wurde zwar gestoppt, die Mitarbeiterzahl in der Branche stieg um 0,7 Prozent auf etwa 780.000. Die Beschäftigung lag aber weiter deutlich unter dem Höchststand von 834.000 aus dem Jahr 2018.

Die Schere zwischen Herstellern und Zulieferern zeigt sich auch hier: Bei Letzteren sank die Beschäftigung 2023 erneut - um 0,2 Prozent. Die Hersteller verzeichneten ein Plus von 1,2 Prozent. In den vergangenen zehn Jahren ist damit die Mitarbeiterzahl bei Zulieferern in Deutschland um 7,5 Prozent gesunken, bei den Herstellern stieg die Zahl um 4,3 Prozent.

Prognose: Abbau von Stellen im laufenden Jahr

Angesichts vieler Unsicherheiten rechnet Gall mit einem Beschäftigungsabbau im laufenden Jahr. „Zuletzt ist die Beschäftigung leicht gestiegen, was vor allem auf Aufbau an Software-Kompetenzen zurückzuführen ist“, teilte er mit. Der langfristige Trend zeige aber klar nach unten: „Die meisten großen Branchenunternehmen setzen auf Kostensenkungsprogramme“. Zudem werde Künstliche Intelligenz dafür sorgen, dass es in indirekten Bereichen wie IT, Personal, Marketing sowie Finanz- und Rechnungswesen weniger Jobs geben werde.

„Zunehmend setzen die Unternehmen daher auf Einstellungsstopps und den Abbau von Managementebenen“, sagte Gall. Unausweichlich zu einer niedrigeren Beschäftigung am Standort Deutschland führen werde der Hochlauf der E-Mobilität. Das liege daran, dass die Herstellung von E-Fahrzeugen weniger personalintensiv sei als die von Verbrennern.

EY hat für die Analyse der Beschäftigungs- und Umsatzentwicklung Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet. Gegenstand der Untersuchung waren Betriebe in Deutschland mit mindestens 50 Mitarbeitern. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wall Street schließt dritten Tag in Folge im Minus
31.12.2025

Die wichtigsten US-Aktienindizes beendeten den Handelstag am Dienstag bereits den dritten Tag in Folge mit Verlusten.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI im Bewerbungsprozess: Was Unternehmen und Kandidaten beachten sollten
30.12.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Bewerbungen – schneller, objektiver, aber nicht immer transparent. Während manche...

DWN
Politik
Politik USA greifen Hafen in Venezuela an: CIA soll angeblichen Drogenumschlagplatz attackiert haben
30.12.2025

Eine Explosion im Hafen, ein Präsident, der offen von einem Schlag spricht, und viele offene Fragen. Donald Trump bestätigt einen...

DWN
Panorama
Panorama Tresor-Coup in Gelsenkirchen: 3.200 Schließfächer aufgebrochen, Beute von 30 Millionen Euro
30.12.2025

"Wir wollen rein", skandiert eine aufgebrachte Menge vor der Sparkassenfiliale in Gelsenkirchen. Doch die Polizei riegelt ab. Was zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neun von zehn Haushaltshilfen werden schwarz beschäftigt
30.12.2025

Fast vier Millionen Haushalte setzen auf Schwarzarbeit – warum viele die Anmeldung umgehen und wie viel Geld dabei wirklich fließt.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Generation Z: Warum Sinnhaftigkeit zur neuen Währung im Job wird
30.12.2025

Führungskraft? Nein danke. Für die Generation Z zählt im Beruf längst nicht mehr die steile Karriere, sondern Sinn, Freiheit und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lebensmittelpreise 2025: Butter billiger, Schokolade teurer
30.12.2025

2025 wurden Verbraucher bei Lebensmitteln kräftig durchgeschüttelt. Butter fiel im Preis deutlich, während Schokolade, Rinderhack und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Alarm: Deutschland hat die höchsten Unternehmenssteuern der G7
30.12.2025

Deutschland gilt als Hochsteuerland – nun belegen es die Zahlen. Eine große Mehrheit der Unternehmen empfindet Steuern und Abgaben als...