Finanzen

Abkehr vom Dollar: China plant ein großes Netz an Swap-Abkommen für den Globalen Süden

Die Emanzipation des Globalen Südens vom US-Dollar geht in die nächste Runde. China hat ein großes Währungs-Swap-Programm im Volumen von umgerechnet 550 Milliarden Dollar mit 29 aufstrebenden Ländern angekündigt. Das Programm soll noch in diesem Jahr umgesetzt werden.
11.04.2024 07:45
Lesezeit: 3 min
Abkehr vom Dollar: China plant ein großes Netz an Swap-Abkommen für den Globalen Süden
Gegen den Dollar: China plant ein gigantisches Währungs-Swap-Abkommen mit den aufstrebenden Ländern des Globalen Südens. (Foto: dpa) Foto: Qilai_Shen

Die Abkehr des Globalen Südens vom US-Dollar setzt sich fort. China hat ein neues Swap-Programm im Volumen von umgerechnet 550 Milliarden Dollar mit 29 Entwicklungsländern angekündigt. Der Währungsswap erleichtert den Handel und die Investitionsmöglichkeiten, indem ein Liquiditäts-Sicherheitsnetz für alle Landeswährungen geschaffen wird. Jede Zentralbank der teilnehmenden Staaten kann dann bei Bedarf ihre Landeswährungen gegen die chinesische tauschen (und umgekehrt) und damit der bilaterale Handel zu besseren Konditionen, im Sinne von geringer stabileren Wechselkursen, über die Bühne gehen. Das Programm soll noch in diesem Jahr umgesetzt werden.

Funktionsweise und Zweck von Swap-Vereinbarungen

Bei einer Swap-Vereinbarung einigen sich zwei Zentralbanken darauf, ein bestimmtes Volumen ihrer jeweiligen Währungen miteinander zu tauschen. So kann sich eine Zentralbank Liquidität in der anderen Währung beschaffen, um sie den Geschäftsbanken im eigenen Land bereitzustellen. Die Swap-Linien sollen eine ausreichende Verfügbarkeit von Fremdwährungen gewährleisten und den bilateralen Handel erleichtern. Solche Vereinbarungen gehören schon seit Jahrzehnten zu den geldpolitischen Instrumenten der Zentralbanken. Auch China setzt sie zunehmend ein.

Es wäre nicht das erste Mal in jüngster Zeit, dass China so etwas vorbereitet. Letztes Jahr wurden unter anderem schon größere Swap-Abkommen mit den BRICS-Mitgliedern Brasilien und Saudi Arabien vereinbart. Welche 29 Länder am neuen Swap-Programm teilnehmen, ist noch nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, dass diejenigen BRICS-Länder, die noch keinen Swap-Deal mit China unterhalten, und die zahlreichen Staaten, die sich für eine Aufnahme in dem Staatenbündnis stark gemacht haben, mit an Bord sind.

Klar ist hingegen, was das Reich der Mitte mit den Swap-Deals bezweckt: Man möchte die Abwicklung des Handels innerhalb des erweiterten BRICS-Bündnisses sowie des gesamten Globalen Südens – unter Ausschluss von Drittwährungen wie Dollar und Euro – ermöglichen beziehungsweise simplifizieren. Einerseits bietet der direkte bilaterale Handel in den eigenen Währungen Kostenvorteile, weil beide Seiten den Umweg über einen Währungstauch in den Dollar umgehen können. Andererseits bedeute der Verzicht auf den Greenback aber, dass „damit die Fluktuation der jeweiligen Heimatwährungen auch zu Ineffizienzen führen kann“, schreibt der Analyst Folker Hellmeyer in seinem täglichen Netfonds-Report.

Abkehr vom Dollar

Die Abkehr Chinas vom US-Dollar ist ein laufender Prozess, der schon seit vielen Jahren vonstatten geht und zuletzt an Fahrt gewonnen hat. Einstmals hielt Chinas Zentralbank US-Staatsanleihen im Wert von 1,3 Billionen Dollar, aktuell sind es nur noch rund 800 Milliarden. Ersetzt werden die Dollar-Anlagen überwiegend durch Gold, das die Chinesen seit Jahren in großem Stil akkumulieren.

Zugleich forciert China die Nutzung des Yuan als Handelswährung. Der bilaterale Handel mit Russland wird inzwischen größtenteils in Yuan und Rubel und zu einem geringen Teil in Euro abgewickelt – der Dollar wurde hier komplett eliminiert. Öl-Importe aus Saudi-Arabien sollen perspektivisch einzig in der chinesischen Währung abgerechnet werden. Ähnliche Bestrebungen gibt es etwa auch zwischen Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Der währungspolitische Emanzipationsprozess des Globalen Südens vom US-Dollar wurde durch das Einfrieren der russischen Devisenreserven vom Westen beschleunigt. Der offenkundige Missbrauch der US-Währung als Machtinstrument hat den aufstrebenden Ländern Asiens, Südamerikas und Afrikas gezeigt, dass es endgültig an der Zeit ist, alternative Zahlungsstrukturen aufzubauen.

China will Yuan zur Leitwährung machen

Peking versucht, die eigene Währung als international akzeptierte Handelswährung aufzubauen und hat auch deshalb das heimische Finanzsystem in den vergangenen Jahren schrittweise für ausländische Investoren geöffnet, um die anvisierte Rolle des Yuan in Übersee durch eine verstärkte Vernetzung mit anderen Finanzzentren und Währungen abzustützen. Hier sind noch weitere Liberalisierungen nötig, insbesondere am heimischen Anleihemarkt. Immerhin ist der hochliquide Dollar-Anleihemarkt das Herzstück des weltweit dominanten US-Finanzmarktes.

Der Dollar ist mit einem Anteil von knapp 60 Prozent an den weltweiten Währungsreserven noch der Platzhirsch als wichtigste Reserve- und Handelswährung. Im internationalen SWIFT-Zahlungsverkehr kommt der Greenback auf einen Anteil von 46,6 Prozent. Der entsprechende Anteil des Yuan hat seit 2010 rapide zugenommen, beträgt aber aktuell nur relativ geringe 3,7 Prozent. Diese Zahlen unterschätzen jedoch etwas die Bedeutung der chinesischen Währung. Viele BRICS-Länder nutzen teilweise alternative Finanzkommunikationssysteme, weil auch das SWIFT-System zur Durchsetzung amerikanischer und europäischer Interessen dient. So hat Russland schon vor Jahren ebenso wie China ein eigenes System eingeführt, um die westlichen Sanktionen einfacher umgehen zu können.

Der wahre Anteil des Yuan am internationalen Handels- und Investitionsgeschehen dürfte deutlich größer sein. Ein Indiz dafür: Seit Anfang 2023 wickeln chinesische Unternehmen und Banken erstmals mehr als die Hälfte aller grenzüberschreitende Transaktionen in Yuan ab, wie Daten des staatlichen Devisenamtes ergeben. Auf den US-Dollar entfielen demnach nur noch 41 Prozent (2010 noch 80 Prozent).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Jakob Schmidt

                                                                            ***

Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliardärsmanager fliehen aus US-Aktien: Der stille Countdown zur Rezession hat begonnen
17.04.2025

Eine neue Erhebung der Bank of America zeigt: Die Stimmung unter den großen Vermögensverwaltern kippt dramatisch. Während die Finanzwelt...

DWN
Politik
Politik Merz und EU offen für Tauruslieferung an Ukraine: Kreml warnt vor direkter Kriegsbeteiligung
17.04.2025

In der Opposition war Merz offen für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Als voraussichtlicher Kanzler ist er das...

DWN
Panorama
Panorama Die Macht der WHO: Internationaler Pandemievertrag kommt
17.04.2025

Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich die WHO-Mitgliedstaaten auf ein Pandemieabkommen geeinigt. „Ich habe keinen...

DWN
Technologie
Technologie Mechanische Speicher als geopolitische Alternative: Lithium-Batterien geraten unter Druck
17.04.2025

Angesichts wachsender Abhängigkeit von China bei Lithium-Batterien rücken mechanische Energiespeicher in den Fokus. Eine...