Finanzen

Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere folgen lassen. Zugleich betont Nagel die Vorteile des digitalen Euro.
24.04.2024 16:16
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat Interessantes bezüglich der EZB-Zinssenkungen und dem digitalem Euro zu sagen. (Foto: dpa) Foto: Nils Thies

Für Bundesbank-Präsident Joachim Nagel ist nach einer womöglich ersten Zinssenkung der EZB im Juni der weitere Zinspfad offen. Angesichts der aktuellen Unsicherheit, könnten sich die Währungshüter nicht vorab auf einen bestimmten Kurs festlegen, sagte er am Mittwoch auf einer Finanzkonferenz in Berlin.

Mehrere Zinssenkungen nicht garantiert

Sollten die Daten und neue EZB-Prognosen die Zuversicht stärken, dass die Inflation zeitnah und nachhaltig auf das Ziel von zwei Prozent zurückgehe, würde er eine Zinssenkung im Juni befürworten. „Einem solchen Schritt würde jedoch nicht notwendigerweise eine Serie von Zinssenkungen folgen“, fügte Nagel hinzu, der als Mitglied des EZB-Rats über die Geldpolitik im Euroraum mitentscheidet. Der Bundesbank-Chef gehört zu den Notenbankern, die eher einer strafferen geldpolitischen Haltung mit im Zweifel höheren Zinsen zugeneigt sind.

Nagel gibt damit eine ähnliche Richtung vor, wie es zuletzt auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde getan hatte. Auch die Französin hat Signale für eine erste Zinssenkung im Juni gegeben, zugleich aber erklärt, dass der geldpolitische Kurs der EZB nicht festgelegt sei.

Angesichts einer deutlich rückläufigen Inflation in Europa gilt eine erste Zinssenkung auf der geldpolitischen Sitzung am 6. Juni für viele Währungshüter inzwischen als ausgemachte Sache, sollte es nicht noch zu Überraschungen kommen. Doch ob es auf der darauffolgenden Sitzung im Juli gleich einen weiteren Schritt geben sollte und wie viele insgesamt in diesem Jahr, dazu gibt es derzeit keine klare Linie. Im März lag die Inflationsrate im Euroraum bei 2,4 Prozent nach 2,6 Prozent im Februar. Damit liegt das Inflationsziel der EZB von zwei Prozent nicht mehr weit entfernt.

Bundesbank-Chef: Verbraucher würden von digitalem Euro profitieren

Nagel äußerte sich bei der Finanzkonferenz in Berlin auch zum digitalen Euro. Die geplante europäische Zentralbankwährung bewertet er sehr positiv. Verbraucherinnen und Verbraucher im Euroraum würden von einem digitalen Euro profitieren. Ihnen stünde ein europäisches Zahlungsmittel zur Verfügung, das sicher, bequem, schnell, zuverlässig, kostenlos und im gesamten Euroraum nutzbar sei. „Aus heutiger Sicht funktionieren beispielsweise deutsche Bankkarten in anderen Euro-Ländern nicht immer“, so Nagel.

Es gebe keinen Grund, Angst davor zu haben, ein „gläserner Kunde“ zu werden. Im Gegensatz zu vielen kommerziellen Zahlungsanbietern habe das Eurosystem kein Interesse daran, das Zahlungsverhalten der Menschen zu überwachen. „Das Eurosystem wäre nicht in der Lage, Personen anhand ihrer Zahlungen zu identifizieren“, sagte Nagel laut Redetext.

Seit Jahren tüfteln die Währungshüter im Euroraum unter Federführung der Europäischen Zentralbank (EZB) an einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung als Ergänzung zu Schein und Münze. Damit soll privaten Anbietern vor allem aus den USA, die derzeit den Markt für digitale Zahlungen in Europa dominieren, ein europäisches digitales Bezahlangebot entgegengesetzt werden. Noch ist nicht entschieden, ob und ab wann es einen digitalen Euro gibt. „Der digitale Euro wäre eine Ergänzung zum Bargeld, kein Ersatz“, bekräftigte der Bundesbank-Präsident.

Nagel zufolge würden die meisten Menschen mit dem digitalen Euro über Apps auf ihrem Smartphone bezahlen. Aber auch diejenigen, die kein Smartphone besitzen, sollten die Möglichkeit dazu haben. „Eine derzeit vom Gesetzgeber diskutierte Option ist die Ausgabe physischer Karten, die auch Menschen ohne Bankkonto zur Verfügung stehen würden.“

Auch Handel und Kreditinstitute würden Nagel zufolge von einem digitalen Euro profitieren. Kritiker befürchten dagegen, dass eine digitale Variante der europäischen Gemeinschaftswährung ein attraktiver Ersatz für Bankeinlagen werden könnte und die Institute so eine wichtige Finanzierungsquelle verlieren. Im Krisenfall könnte es zudem zu einem Bank-Run kommen, bei dem Sparer Einlagen in kurzer Zeit im großen Stil bei Kreditinstituten abziehen. Um den Abzug von Einlagen zu verhindern, wird diskutiert, Obergrenzen für den digitalen Euro einzuführen. „Wir würden dafür sorgen, dass die Menschen den digitalen Euro nicht als Wertaufbewahrungsmittel, sondern wie beabsichtigt als Zahlungsmittel nutzen“, sagte Nagel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU reagiert auf Chinas wirtschaftliche Neuausrichtung und dessen Auswirkungen auf globale Lieferketten
09.10.2025

Globale Handelsbeziehungen stehen unter Druck, da wirtschaftliche und politische Faktoren die Strategien von Unternehmen und Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Elektromobilität stärken: Bundesregierung plant Verlängerung der Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge
08.10.2025

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Steigende Anforderungen an Klimaschutz, die Transformation hin zur...

DWN
Politik
Politik Von der Leyen wirft Russland hybriden Krieg gegen EU vor
08.10.2025

Plant Russland einen Angriff auf die EU? Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht schon jetzt Zeichen für einen Krieg – und...

DWN
Politik
Politik Kranken- und Rentenversicherung wird für Gutverdiener teurer
08.10.2025

Erwerbstätige mit höheren Einkommen müssen sich darauf einstellen, im kommenden Jahr mehr für die Renten- und Krankenversicherung zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrieproduktion sinkt erneut deutlich - Einbruch in der Autobranche
08.10.2025

Die deutschen Unternehmen drosseln ihre Produktion stärker als erwartet. Vor allem eine Branche verbucht ein sattes Minus. Hat das...

DWN
Panorama
Panorama Deutschlandticket: Boom vorbei - weniger Fahrgäste im Nahverkehr als vor Corona
08.10.2025

Das Deutschlandticket hat viele in Busse und Bahnen gelockt, doch der Boom ist vorbei. Fahrgastverbände und Verbraucherschützer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Vom Pflichttermin zum Strategiewerkzeug: Jahresgespräche im Wandel
08.10.2025

Was lange als lästige Pflicht galt, entwickelt sich zum strategischen Machtfaktor: Jahresgespräche sollen nicht mehr nur Protokoll...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU kämpft mit Umweltabgaben und Wettbewerbsdruck in der Düngemittelindustrie
08.10.2025

Die europäische Düngemittelindustrie steht unter erheblichem Druck. Hohe Produktionskosten, steigende Emissionsabgaben und der wachsende...