Politik

Über Fidschi nach Down under: Annalena Baerbock an der Frontlinie der Klimakrise

Sie zählen zu den kleinsten Klimasündern, haben aber am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung zu leiden. Baerbock ist um die halbe Welt gereist, um der Inselstaaten im Pazifik ihre Solidarität zuzusichern. Danach geht es weiter nach Australien und Neuseeland.
06.05.2024 14:12
Lesezeit: 2 min
Über Fidschi nach Down under: Annalena Baerbock an der Frontlinie der Klimakrise
Außenministerin Annalena Baerbock bei einer Willkommenszeremonie auf Fidschi. Die Grünen-Politikerin ist auf einwöchigen Reise nach Australien und Neuseeland unterwegs. (Foto: dpa) Foto: Sina Schuldt

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat den pazifischen Inselstaaten anhaltende Unterstützung im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels zugesichert. „Die Klimakrise spült den Menschen hier buchstäblich den Boden unter den Füßen weg", sagte die Grünen-Politikerin im 16.000 Kilometer von Deutschland entfernten Fidschi, wo vor ihr noch nie ein deutscher Außenminister war. „Wir lassen die Region nicht alleine, nicht alleine mit der größten Sicherheitsherausforderung dieses Jahrhunderts, der Klimakrise."

Anstieg der Ozeane beschleunigt sich

Fidschi gehört zu den 14 Inselstaaten des Südpazifiks, die zwar einen verschwindend geringen Anteil am weltweiten Ausstoß klimaschädlicher Gase haben, dafür aber von den Folgen des Klimawandels teilweise in ihrer Existenz bedroht sind. Die mehr 1000 Marshallinseln zum Beispiel, deren Landesfläche zum größten Teil kaum mehr als zwei Meter über den Meeresspiegel liegt, könnten schon in wenigen Jahrzehnten im Pazifischen Ozean versinken, wenn die Erderwärmung das Polareis weiter ungebremst schmelzen lässt.

Nach einem Sachstandsbericht des Weltklimarats IPPC aus dem vergangenen Jahr ist der mittlere globale Meeresspiegel seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts um 20 Zentimeter gestiegen. Das Tempo des Anstiegs hat sich in dieser Zeit von 1,3 auf 3,7 Millimeter pro Jahr fast verdreifacht. Extreme Wetterphänomene wie zunehmende Tropenstürme, Dürren oder Starkregen verschärfen die Lage - auch auf Fidschi.

Vuniniudrovo: Ein Dorf an der Klima-Front

„Die Pazifikregion steht im wahrsten Sinne des Wortes an der vordersten Frontlinie dieser Klimakrise", sagt Baerbock bei ihrem Besuch auf Fidschi, für den sie sich mit drei Tagen ungewöhnlich viel Zeit nimmt - unter anderem für einen Besuch an der besagten Klima-Front. Die verläuft zum Beispiel mitten durch das kleine Dorf Vuniniudrovo im Hinterland der Hauptstadt Suva. Dort ist sie braun, feucht und ziemlich reißend: Der Fluss Waimanu raubt dem Dorf, in dem einmal fast 300 Familien lebten, Meter um Meter an Boden. Erst im März stürzten wieder zwei Meter Uferfläche in die Fluten.

Ein Drittel der Bevölkerung hat inzwischen aufgegeben und ist den Hang hochgezogen. Dorthin, wo es auch langfristig sicher zu sein scheint. „Dieses Dorf hatte mal vier bis fünf Reihen von Häusern", sagt Filimone Ralogaivau, der im Umweltministerium Fidschis Abteilungsleiter für den Klimawandel ist. „Jetzt sind es nur noch zwei Reihen wegen der Erosion der Flussufer. Und es wird nur noch schlimmer."

42 Dörfer in Fidschi hochgradig gefährdet

An den Küsten sieht es nicht besser aus, wo zwischen 70 und 80 Prozent der Bevölkerung leben. Umsiedlung ist ein großes Thema. Sechs Dörfer wurden in Fidschi bereits ganz aufgegeben, 42 gelten als hochgradig gefährdet. Die deutsche Gesellschaft für Entwicklung und Zusammenarbeit (GIZ) unterstützt die Umsiedlungsprojekte. Aber es geht bei der Hilfe für die Inselstaaten auch um wirtschaftliche Hilfe und die Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien.

So seien über einen Fonds der Asiatischen Entwicklungsbank jetzt sieben Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden, mit denen Projekte zur Speicherung von Solarenergie in Vanuatu und Tonga unterstützt würden, sagt Baerbock. „Es reicht nicht mehr aus, dass wir abstrakt in große UN-Töpfe Gelder einzahlen, wo dann Jahre später Gelder ausgezahlt werden, sondern wir müssen jetzt handeln, ganz aktiv und ganz konkret."

Erste deutsche Botschaft in der Südsee

Dazu gehörte auch die Eröffnung der ersten deutschen Botschaft in der Südsee auf Fidschi im vergangenen August. Die diplomatische Präsenz ist dringend nötig, denn die Konkurrenz aus China ist längst da, und das in ganz anderem Umfang. „Wenn man hier ein paar Straßen weiter ist, dann sieht man andere, die das Zehnfache an einem Botschaftsgelände hier haben", räumt Baerbock ein.

Und den Menschen in Fidschi ist es letztendlich egal, wer ihnen hilft in der Klimakrise. „Zum jetzigen Zeitpunkt sagen wir: Bettler können nicht wählerisch sein", sagt Filimone Ralogaivau. Für Fidschi stehe schließlich die Existenz von Dorfgemeinschaften wie die in Vuniniudrovo auf dem Spiel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...