Finanzen

Statt Steuern sparen, lieber Steuern vermeiden?

Deutsche Geldanleger lieben Steuersparmodelle in Form von Geschlossenen Fonds. Deren Bilanzen fallen allerdings häufig durch enorme Verluste auf, welche die eingesparten Steuern meist deutlich übertreffen. Welche Lösung also gibt es?
12.05.2024 17:07
Lesezeit: 4 min
Statt Steuern sparen, lieber Steuern vermeiden?
Die Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte sowie geschlossene Fonds können ein komplexes Labyrinth von Reglungen sein. Wir helfen weiter. (Foto: istockphoto/ Thapana Onphalai) Foto: Thapana Onphalai

Besonderheiten Geschlossener Fonds

Aus rechtlicher Sicht handelt es sich bei „Geschlossenen Fonds“ um sogenannte „Alternative Investmentfonds (AIF)“. Sie stellen unternehmerische Beteiligungen dar, mit denen eine Gruppe von Investoren je nach Geschäftsmodell versucht, Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Sie sind als langfristige Investments konzipiert, nicht liquide handelbar und verursachen in der Regel hohe Initialkosten sowie laufende Kosten.

Laut der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) buhlten im Jahr 2022 fast 4.500 Anbieter um das Kapital der Anleger. Die Beteiligungsgesellschaften verzeichneten Brutto-Mittelzuflüsse von 310,3 Milliarden Euro und erzielten damit gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs in Höhe von über zwölf Prozent. Doch aufgepasst: In den vergangenen Jahrzehnten bereiteten solche Investments – zumindest den beteiligten Investoren – meist wenig Freude.

Die Liste der Enttäuschungen ist ziemlich lang und reicht von Immobilienfonds über Medienfonds und Flugzeugleasing-Beteiligungen bis hin zu Schiffs-Beteiligungen u.v.m. So mancher Initiator hat es nicht einmal geschafft, die versprochenen und üblichen Verluste während der Anfangsphase eines solchen Investments zu erzielen und vom zuständigen Betriebsstätten-Finanzamt absegnen zu lassen. Dies führte zu zahlreichen Prozessen inklusive der damit verbundenen enttäuschten Anlegererwartungen. Es gibt aber eine Lösung für dieses Problem!

So erzielen Sie steuerfreie Kursgewinne

Wem diese Investmentform zu teuer und riskant erscheint, sollte über die nachfolgend aufgeführte Alternative nachdenken. Es gibt derzeit nur noch wenige Anlageklassen, mit denen Investoren steuerfreie Kursgewinne erzielen können.

Dies trifft vor allem auf Immobilien, Edelmetalle sowie Kryptowährungen zu. Bei ihnen greift nämlich die steuerliche Regelung des §23 Einkommensteuergesetz für sogenannte private Veräußerungsgeschäfte. Diese trifft übrigens auch auf den Verkauf von Oldtimern, Schmuck, Antiquitäten, Kunstgegenständen zu, falls der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Im Grunde genommen trifft diese Regel auf sämtliche Wirtschaftsgüter des Privatvermögens zu – mit Ausnahme von Gegenständen des täglichen Gebrauchs.

Bei Immobilien dürfen etwaige Gewinne allerdings erst ab einer Haltedauer von mehr als zehn Jahren steuerfrei vereinnahmt werden. Abweichungen von dieser Regel sind lediglich bei selbstgenutzten Immobilien möglich und wurden in einem Urteil des Bundesfinanzhofs im September 2019 höchstrichterlich bestätigt. Nutzt der Verkäufer die verkaufte Immobilie im kompletten Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung oder aber im Veräußerungsjahr und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken, entfällt die Steuerpflicht.

Bei Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften müssen Steuerpflichtige indes einige Besonderheiten beachten – schließlich wäre ein einfach verständliches Steuerrecht ohne Ausnahmen und Besonderheiten zu schön, um wahr zu sein. Zunächst einmal eine gute Nachricht: Für das Jahr 2024 hat der Gesetzgeber die Freigrenze für Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften von 600 auf 1.000 Euro bzw. 2.000 Euro (bei Zusammenveranlagung von Ehegatten) erhöht. Zwei Aspekte gilt es dabei im Hinterkopf zu behalten.

Erstens: Diese Freigrenze gilt für sämtliche im Kalenderjahr realisierten Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften und kann somit relativ schnell überschritten werden.

Zweitens: Da es sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt, müssen bei deren Überschreiten die Gewinne komplett versteuert werden.

Was bei Verlusten zu beachten ist

Werden bei privaten Veräußerungsgeschäften vor Ablauf der Spekulationsfrist (12 Monate bzw. 10 Jahre) Verluste realisiert, dürfen diese in unbegrenzter Höhe mit steuerpflichtigen Kursgewinnen verrechnet werden. Unterschreiten die mit den Verlusten saldierten Kursgewinne aber die maßgebliche Freigrenze, bleiben diese komplett steuerfrei. Falls jedoch in einem Kalenderjahr die realisierten Kursverluste die Gewinne übertreffen sollten, darf der steuerliche Verlust nicht mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden.

Es besteht allerdings die Möglichkeit, den Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften entweder in das Vorjahr zurückzutragen oder ins Folgejahr vorzutragen. Was mehr Sinn macht, hängt vom individuellen Steuerfall ab und sollte möglichst mit einem Steuerberater geklärt werden.

Völlig eindeutig wäre die Lage hingegen, falls bei privaten Veräußerungsgeschäften (Immobilienverkäufen) Verluste nach mehr als zwölf Monaten (zehn Jahren) realisiert werden. Diese blieben bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nämlich völlig unberücksichtigt.

Individueller Steuersatz greift

Während bei Investments an den Kapitalmärkten etwaige Kursgewinne – unabhängig von der jeweiligen Haltedauer – stets zu versteuern sind und anfallende Kapitalertragsteuern in Höhe von 25 Prozent von der Depotbank bei Überschreiten des erteilten Freistellungsauftrags direkt ans Finanzamt abgeführt werden und dadurch abgegolten sind, müssen steuerpflichtige Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften dem Finanzamt in der „Anlage SO“ (Sonstige Einkünfte) stets unaufgefordert mitgeteilt werden. Bei besonders aktiven Edelmetall- oder Krypto-Tradern kann dies zu einem hohen Arbeitsaufwand führen.

Welche Art der Besteuerung vorteilhafter ist, hängt natürlich vom persönlichen Einkommen ab. Vereinfacht ausgedrückt kann man allerdings behaupten, dass Steuerpflichtigen mit einem Grenzsteuersatz von über 25 Prozent – auch mit Blick auf den Wegfall des zusätzlichen Arbeitsaufwands beim Ausweisen von Gewinnen – höchstwahrscheinlich die pauschale Abschlagsteuer besser gefallen dürfte. Für alle Steuerpflichtigen, bei denen der Spitzensteuersatz von 42 Prozent oder gar der „Reichensteuersatz“ von 45 Prozent greift und eventuell sogar Kirchensteuer fällig wird, dürften steuerpflichtige private Veräußerungsgewinne in doppelter Hinsicht eine eher abschreckende Wirkung haben und zu folgendem Fazit führen: mehr Arbeit bei weniger Ertrag. Aus finanzieller Sicht am vorteilhaftesten kann man daher zweifellos steuerfreie Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (Haltezeitraum > 12 Monate) einordnen. Belege für deren Kauf oder Verkauf sollten jedoch unbedingt für etwaige Nachfragen des Finanzamts aufbewahrt und dokumentiert werden.

Lange Rede, kurzer Sinn: Manchmal ist es sinnvoller, über das Vermeiden von Steuern und weniger über das Sparen von Steuern nachzudenken. Wer beispielsweise vor einem Jahr für 10.000 Euro Goldbarren bzw. -Münzen oder die Kryptowährung Bitcoin gekauft hat, darf sich jetzt dank der steuerlichen Regeln bezüglich privater Veräußerungsgeschäfte über steuerfreie Kursgewinne in Höhe von 2.100 Euro bzw. 11.600 Euro freuen. Übrigens: Wer diesen Plan beim Bitcoin bereits vor zehn Jahren durchgeführt hätte, wäre dank der Kursexplosion der Kryptowährung und ohne Steuern abführen zu müssen sogar um fast 1,6 Millionen Euro reicher.

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.
Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 51: Die wichtigsten Analysen der Woche
21.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 51 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand vor existenziellen Problemen: Keine Aufträge und schlechte Rahmenbedingungen
21.12.2025

Wie eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts ergab, sehen sich 8,1 Prozent der befragten Firmen direkt in ihrer wirtschaftlichen Existenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Zölle auf Kleinsendungen: Neue Abgabe trifft Online-Bestellungen aus Drittstaaten
21.12.2025

Der Online-Handel mit günstigen Waren aus Drittstaaten wächst rasant und stellt den europäischen Binnenmarkt vor strukturelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Topanalyst enthüllt: Das sind die attraktivsten Rüstungsaktien
21.12.2025

Die globale Sicherheitslage wandelt sich rasant, und die Verteidigungsindustrie gewinnt an Bedeutung für Regierungen und Kapitalmärkte....

DWN
Technologie
Technologie Natrium-Batterien: Wie China die nächste Akkurevolution vorantreibt
20.12.2025

Chinesische Hersteller treiben die Entwicklung von Natrium-Batterien rasant voran und bedrohen damit das bisherige Lithium-Dominanzmodell...

DWN
Politik
Politik Härtefallfonds für bedürftige Ostrentner schliesst: 425 Millionen Euro ungenutzt
20.12.2025

Aus dem Härtefallfonds für bedürftige Rentner aus der ehemaligen DDR und Osteuropa fließen zu Jahresende mehrere Hundert Millionen Euro...

DWN
Panorama
Panorama Grüne Stadt der Zukunft: Wie realistisch CO2-neutrale Metropolen bis 2040 sind
20.12.2025

Städte sollen Europas Klima-Rettungsanker werden – doch zwischen Vision und Wirklichkeit klafft eine Lücke. EU-Ziele, Modellstädte und...