Politik

Was die EU für uns getan hat

Wenn diese Woche Hunderte Millionen Menschen ihre Stimme bei der Europawahl abgeben, werden sich viele fragen: Was hat die Europäische Union seit der letzten Wahl 2019 für uns getan?
09.06.2024 08:43
Aktualisiert: 09.06.2024 09:03
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Was die EU für uns getan hat
Was hat die EU seit der letzten Wahl 2019 erreicht? Ein Überblick über die zentralen Erfolge und die wichtige Rolle der Europäischen Union in unserem täglichen Leben (Foto: dpa). Foto: Philipp von Ditfurth

Dass 27 Länder ihre Souveränität bündeln und eine so tiefe wirtschaftliche, soziale und politische Partnerschaft aufbauen, die auf den gemeinsamen Werten von Frieden, Gerechtigkeit, Respekt und Solidarität beruht, ist einzigartig in der Weltgeschichte. Es ist eine große Errungenschaft, die wir nicht als selbstverständlich betrachten dürfen – auch weil viele Menschen auf der Welt noch heute darauf warten, ihre Regierung endlich frei aus einer Vielzahl von Parteien und Kandidatinnen und Kandidaten wählen zu können.

Derzeit stellen geopolitische Verschiebungen die globale Ordnung, die wir mit aufgebaut haben und die sich in den vergangenen 80 Jahren gut bewährt hat, auf die Probe. Die größten Herausforderungen – von Sicherheit über Gesundheit und Digitalisierung bis Klimawandel – betreffen uns aber alle gleichermaßen, und wir müssen sie zusammen anpacken. Europas Erfahrung zeigt: Gemeinsam sind wir stärker, und wir haben Erfolg, wenn wir drei Grundsätze befolgen: Einheit, Entschlossenheit und Solidarität.

Wie wertvoll die Gemeinschaft für unser tägliches Leben ist

Wie wertvoll die EU für unser tägliches Leben ist, zeigen die Erfahrung seit der letzten Europawahl. Als eine beispiellose Pandemie ausbrach, hatten wir einen koordinierten Zugang zu lebensrettenden Impfstoffen. Wir haben unsere wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen gebündelt und damit eine bemerkenswerte Wirkung erzielt.

Die Europäische Zentralbank stellte Liquidität bereit, um unsere Finanzsysteme zu schützen. Das Kurzarbeitsprogramm SURE der Europäischen Kommission half überall in der EU Arbeitsplätze zu sichern. Der Europäische Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank ergänzte nationale Förderprogramme für kleine und mittlere Unternehmen und unsere Wirtschaft. Noch jetzt fördert die Aufbau- und Resilienzfazilität Reformen und Investitionen, die für eine kräftige Erholung und die grüne und digitale Wende gebraucht werden.

Warum Europa eine veritable Erfolgsgeschichte ist – und bleiben kann

Die EU ist, kurz gesagt, eine veritable Erfolgsgeschichte. Sie hat uns Wohlstand, Frieden, Stabilität und sozialen Fortschritt gebracht und ist eine Kraft des Guten in der Welt. Sie ist ein wichtiger Geber für humanitäre Hilfe und Entwicklungsfinanzierung, ein entschiedener Verfechter der multilateralen Institutionen und der globalen Finanzstabilität, und ein Unterstützer der schwachen Länder dieser Welt.

Zu dieser Bilanz trägt die EIB-Gruppe maßgeblich bei, und darauf bin ich stolz. Mit einem eingezahlten Kapital von 22 Milliarden Euro (24 Milliarden US-Dollar) haben wir Investitionen von über 5 Billionen Euro mobilisiert. Dieses Geld fließt in Verkehrs- und Energieinfrastruktur, Krankenhäuser, Schulen, kleine und mittlere Unternehmen, hochinnovative Technologien und schnell wachsende Start-ups. Mit all diesen Projekte bringen wir die Digitalisierung und die grüne Wende voran und stärken unsere strategische Autonomie und Sicherheit.

Unter anderem förderte die EIB-Gruppe die Impfstoffentwicklung mit einem Kredit für BioNTech – das Unternehmen, das auf dem Höhepunkt der Pandemie die bahnbrechende mRNA-Plattform lieferte. Wir finanzieren die größte Solarmodul-Fabrik in Italien, die erste Anlage für zirkuläre Batterieproduktion in Schweden und große Offshore-Windparks in Nordeuropa und im Baltikum. Wir vergeben Kredite für eine innovative Chipfabrik in Frankreich, die Dekarbonisierung der deutschen Schwerindustrie, die Modernisierung des polnischen Stromnetzes und neue Projekte für grünen Wasserstoff und Infrastruktur auf der Iberischen Halbinsel.

Seit ihrer Gründung 1958 fördert die EIB-Gruppe die großen EU-Ziele und finanziert, was Europa in sich wandelnden Zeiten braucht. Ich bin überzeugt: Die Technologien, die wir unterstützen, sind die Bausteine einer effizienten klimaneutralen Wirtschaft sein und Innovation und Digitalisierung maßgeblich beschleunigen. Genauso engagiert fördern wir die europäische Landwirtschaft, helfen wir unserer Industrie Chancen zu nutzen, stärken wir die europäische Wettbewerbsfähigkeit und strategische Autonomie und gehen wir Probleme wie Wohnkosten an, die in den meisten Mitgliedstaaten ein drängendes Thema sind. Die EIB-Gruppe hat Wichtiges geleistet und wird auch bei der nächsten Erweiterungsrunde der EU eine zentrale Rolle spielen, und Europas Stimme in der Welt stärken.

Fünf turbulente Jahre seit der letzten Europawahl zeigen, dass wir nicht weniger, sondern mehr Europa brauchen. Wir brauchen die EU für unsere Sicherheit, Stabilität und Wohlstand. Wenn Populisten einfache Lösungen versprechen und weniger Solidarität fordern, müssen wir uns in Erinnerung rufen, was die EU jeden Tag für uns tut.

Die neue geopolitische Ordnung, die sich derzeit formt, stellt die Grundlage von Europas Erfolg auf den Prüfstand. Unser Kreuz an der Wahlurne wird darüber entscheiden, welche Rolle die EU in einem wichtigen Moment der Weltgeschichte übernimmt und welche Prioritäten sie setzt.

Diese Wahl sollte ein Bekenntnis zu Europa und zum Solidaritätsprinzip sein. Wir müssen die Institutionen stärken, die schon viele Jahre unseren Frieden und Wohlstand sichern, die ein Leuchtturm und eine Kraft des Guten in der Welt sind. Verteidigen wir unsere europäischen Werte. Konzentrieren wir uns auf das, was wirklich zählt. Machen wir uns bewusst, was die EU für Sicherheit, Wohlergehen und Wohlstand in allen Mitgliedsländern bedeutet. Nutzen wir unsere Stimme!

Copyright: Project Syndicate, 2024.

www.project-syndicate.org

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Nadia Calviño

                                              ***

Nadia Calviño ist eine erfahrene Juristin und Ökonomin. Sie hat bedeutende Positionen in der Europäischen Kommission für Spanien innegehabt und war stellvertretende Ministerpräsidentin Spaniens. Derzeit ist sie Präsidentin der Europäischen Investitionsbank.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EnBW-Aktie: Energiekonzern baut Deutschlands ersten Wasserspeicher im Berg
07.10.2025

Im Schwarzwald entsteht ein Energieprojekt von bundesweiter Bedeutung: Der Energiekonzern EnBW baut beim Pumpspeicherkraftwerk Forbach...

DWN
Politik
Politik Finnland plant Kürzung von Leistungen für Migranten ohne Sprachkenntnisse
07.10.2025

Finnland macht Ernst: Wer die Sprache nicht lernt, bekommt weniger Geld. Während Helsinki Sozialleistungen kürzt, debattiert Deutschland...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mercedes kämpft mit Absatzrückgang – Luxusstrategie soll Schwäche in China ausgleichen
07.10.2025

Der Autobauer Mercedes-Benz verzeichnet im dritten Quartal einen deutlichen Absatzrückgang. Besonders die schwache Nachfrage in China und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unternehmen als Treiber neuer Entwicklungspolitik – auch im Eigeninteresse
07.10.2025

Der Globale Süden gewinnt zunehmend an Bedeutung – nicht nur als Rohstofflieferant, sondern auch als wachsender Absatzmarkt. Vor diesem...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Rohstoffe, Gold und KI treiben Kurse weiter nach oben
07.10.2025

Der September an den US-Börsen verlief überraschend stark. Trotz zahlreicher Gründe, die Zweifel an der Nachhaltigkeit des...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs explodiert: Warum er jetzt Rekordhöhen erreicht
07.10.2025

Der Bitcoin-Kurs hat in über Nacht einen neuen Höchststand erreicht. Mit einem Wert von 125.689 US-Dollar übertraf die größte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrie kämpft mit Auftragsflaute – dennoch Zeichen der Erholung
07.10.2025

Die deutschen Industrieunternehmen verzeichneten im August unerwartet rückläufige Auftragseingänge und spüren zunehmend die Folgen der...

DWN
Finanzen
Finanzen Verteidigungs-Aktien 2026: Kriegstreiberei oder Milliardenchance für Investoren?
07.10.2025

Verteidigungs-Aktien 2026 gelten längst nicht mehr als Tabu. Während Drohnenangriffe und NATO-Alarmstarts den Kontinent erschüttern,...