Finanzen

IWH: Insolvenzen in Deutschland rückläufig – Hoffnungsschimmer im Mai

Erstmals seit November 2023 sinken die Insolvenzzahlen wieder. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) prognostiziert einen weiteren Rückgang. Was steht als Nächstes an?
06.06.2024 10:46
Aktualisiert: 06.06.2024 10:46
Lesezeit: 2 min

Nach monatelangen Höchstständen sind die Insolvenzzahlen in Deutschland im Mai 2024 erstmals wieder gesunken. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hervor.

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften, also Firmenpleiten, sank im Mai um sieben Prozent gegenüber dem Vormonat.

„Der Abwärtstrend bei den Insolvenzzahlen wird sich auch im Juni fortsetzen“, erwartet Steffen Müller, Leiter der Abteilung Strukturwandel und Produktivität am IWH.

Firmenpleiten im Mai

Im Mai 2024 wurden 1.271 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften gemeldet, was einen Rückgang gegenüber den vorangegangenen Monaten darstellt. Trotz dieses Rückgangs liegen die Zahlen immer noch 40 Prozent höher als im Mai 2023 und 31 Prozent über dem Mai-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. „Ein weiterer Rückgang der Insolvenzzahlen ist bereits in Sicht“, so die Forscher des IWH.

Dieser Rückgang folgt auf eine Phase, in der die Insolvenzzahlen drei Monate in Folge Höchststände erreicht hatten. „Der aktuelle Wert liegt noch immer 40 Prozent höher als im Mai 2023 und 31 Prozent über dem Mai-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie“, erläutern die Forscher.

Besonderheiten der Branchen

Besonders betroffen sind weiterhin das verarbeitende Gewerbe sowie das Grundstücks- und Wohnungswesen, wo die höchsten Insolvenzzahlen seit Beginn der Branchenauswertung im Januar 2020 verzeichnet wurden. „Schließungen großer Arbeitgeber können zu hohen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten führen“, betont Müller. In diesen Branchen erreichten die Insolvenzzahlen die höchsten Werte seit Beginn der Branchenauswertung im IWH-Insolvenztrend.

Diese Entwicklungen unterstreichen die sektoralen Unterschiede, die durch die wirtschaftlichen Herausforderungen der letzten Jahre verstärkt wurden.

Auswirkungen auf Arbeitsplätze

Die Analyse des IWH zeigt, dass im Mai rund 12.000 Arbeitsplätze von Insolvenzen betroffen waren, was deutlich unter dem Wert vom April liegt. Dies ist teilweise auf die abgewendete Großinsolvenz von „Galeria Karstadt Kaufhof“ zurückzuführen. „Verglichen mit Mai 2023 lag die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Beschäftigten im Mai 2024 mehr als doppelt so hoch“, so Müller.

Die Zahl der betroffenen Beschäftigten in den größten zehn Prozent der Unternehmen lag damit sehr deutlich unter dem Wert vom April, der jedoch stark von der erneuten Großinsolvenz von „Galeria Karstadt Kaufhof“ geprägt war. Auch in einem durchschnittlichen Mai der Jahre 2016 bis 2019 waren mit circa 6.500 betroffenen Jobs sehr viel weniger Arbeitsplätze gefährdet als im vergangenen Monat.

Frühindikatoren und Prognosen

Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um etwa zwei bis drei Monate vorlaufen. Diese Werte waren zwischen Januar und April deutlich gesunken. „Der Abwärtstrend bei den Insolvenzzahlen wird sich auch im Juni fortsetzen“, erwartet der IWH-Experte Müller.

Dennoch gibt Müller zu bedenken, dass der Rückgang von einem hohen Niveau aus gestartet ist und die Insolvenzzahlen noch länger über dem Niveau von vor der Pandemie liegen werden.

Die Ergebnisse des IWH-Insolvenztrends sind ein verlässlicher Frühindikator für das Insolvenzgeschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Sie liefern monatlich belastbare Befunde zum bundesweiten Insolvenzgeschehen bei Personen- und Kapitalgesellschaften und geben einen umfassenden Überblick über die Situation der Firmenpleiten in Deutschland.

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Farhad Salmanian

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Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.

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