Politik

Die Bahn kommt: Bund und Länder einig über Sanierungskosten und Ertüchtigung

Vor lauter Hiobsbotschaften von der Bahn gehen manchmal die wirklich wichtigen Nachrichten unter. Bund und Länder haben sich diese Woche im Vermittlungsausschuss verständigt, die marode Bahninfrastruktur gemeinsam in Angriff zu nehmen und die Kosten pari pari zu teilen. Volker Wissing (FDP) spricht von einem Meilenstein - er muss es wissen, er ist der Verkehrsminister.
14.06.2024 17:15
Aktualisiert: 15.06.2024 18:13
Lesezeit: 3 min
Die Bahn kommt: Bund und Länder einig über Sanierungskosten und Ertüchtigung
Gleisbau und Sanierung genießen ab sofort Priorität: Die denkmalgeschützte Elstertal-Bahnbrücke, zweitgrößte Ziegelsteinbrücke der Welt, während der Sanierung 2022 (Foto: dpa). Foto: Jan Woitas

Wie DWN-Chefredakteur Markus Gentner mit seinem Bahn-Kommentar offenlegt, steht es nicht gut um die Eisenbahn hierzulande. Doch nun könnten neue Zeiten für Bahnkunden anbrechen, denn die Sanierung der Bahnstrecken in Deutschland nimmt neue Fahrt auf: Diese Woche konnte Verkehrsminister Volker Wissing, oft höhnisch verlacht und viel gescholten, den Durchbruch bei der wichtigsten Frage vermelden. Der Bund, bisher nur für Neubaustrecken in der Pflicht, greift ins Baugeschehen ein und beteiligt sich künftig gemeinsam mit den Ländern beim Gleisbau. Besonders wichtig: Auch die großenteils trostlosen kleineren Bahnhofsgebäude entlang der Eisenbahnstrecken dürfen mit Geld für ihre Instandsetzung rechnen.

Wissing verspricht auf der Homepage der FDP, dass die Züge „wieder verlässlicher und pünktlicher werden“. Können wir das wirklich glauben? „Dass wir nun nicht nur eine Perspektive für die Sanierung und Modernisierung der Schiene, sondern erstmals auch für unsere Bahnhöfe und sogar die digitale Ausrüstung der Fahrzeuge geschaffen haben, ist eine sehr gute Nachricht für alle Bahnreisenden. Gerade durch die Kombination aus Sanierung und Digitalisierung schaffen wir schnellstmöglich mehr Kapazitäten im Netz“, erklärte der Verkehrsminister.

Gerne würden wir Ihnen heute als Leserservice gleich alle Bahnstrecken vorstellen, die nun gesperrt werden, um sie zu erneuern. Es sind leider viel zu viele! Das würde hier den Rahmen sprengen. Deswegen verweisen wir lieber auf bahn.de Sanierung.

Das ist nämlich die Kehrseite der Medaille: Erst wird es wohl noch mal schlechter, bevor es endlich besser wird. Die Sanierungsarbeiten werden wohl oder übel dauern. Höchste Zeit, dass „Max, der Maulwurf“ wieder aus dem Winterschlaf im Berliner Bahn-Tower geholt wird, damit wir wenigstens präzise wissen und uns darauf einstellen können, wo in den kommenden Jahren mit Verspätung zu rechnen ist. Erinnern Sie sich gar nicht mehr an den süßen „Max“? Da sehen Sie mal, wie lange der Streit um die Bahnstrecken uns schon den Schlaf raubt oder in Atem hält – je nachdem, wo man wohnt und wie es um den Schotter bestellt ist. Von 1994 bis 2022 war er in Diensten der Bahn AG und damit fast 30 Jahre lang auf fast jeder Eisenbahn-Baustelle im Einsatz.

Nun also endlich die Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSWAG) - ein komplizierter Name, die Kurzform macht es auch nicht viel besser! Doch was zählt, ist das, was drin ist: Die Finanzierung der Infrastruktur wird komplett neu geregelt. Für Wissing „ein Paradigmenwechsel“. Nichts werde so bleiben, wie es ist. Es werde Licht „am Ende des Tunnels“, wir zitieren hier immer noch aus der FDP-Presseerklärung zur neuen Mobilitätsoffensive. Es werden jetzt „Milliarden investiert“, heißt es weiter. Erst die großen Hauptstrecken, sodass schon bald störungsfreie Hauptkorridore möglich werden. Pünktlichkeit wie in der Schweiz? Soweit will Wissing noch nicht gehen, es drohten ja auch fürderhin noch „Umwelteinflüsse und Extremwetterlagen“. Das Schöne ist, dass der Bund jetzt sogar bereit ist, sich bei den Kosten der Busse im Schienenersatzverkehr zu beteiligen. Das war der dickste Brocken bei den Verhandlungen. Für die Digitalisierung gibt es weitere Fördergelder – für entsprechende Bordgeräte.

Als erste Strecke werden gleich nach der EM 2024, die heute in München angepfiffen wurde, die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim grundlegend saniert. „Bis zum Jahr 2030 ist eine solche Generalsanierung bei insgesamt 40 hoch belasteten Strecken in Deutschland geplant, damit die Züge wieder pünktlicher und zuverlässiger werden.“ Alles klar? Na dann, allseits gute Fahrt. Jetzt wissen Sie, warum Meldungen der Bahn manchmal im Trubel untergehen.

Wenn das alles so weitergeht, könnte die FDP doch vielleicht noch einmal, die alten Pläne für den einst erhofften Börsengang der Bahn hervorkramen. Sie erinnern sich, das war das große Projekt vom früheren Bahnchef Hartmut Mehdorn. Der Mann, der die Bahn kaputtsparte, bis die Schienen quietschten.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Peter Schubert

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

DWN
Politik
Politik Analyse: „Achse des Bösen“ knistert – Iran hat keine Freunde
30.06.2025

Die „Achse des Bösen“ wackelt: Nach den westlichen Angriffen auf Iran schweigen Russland, China und Nordkorea auffällig. Für den...

DWN
Politik
Politik Iran droht Trump indirekt mit dem Tod – Waffenruhe in Gaza in Sicht?
30.06.2025

Zwischen Drohungen, Diplomatie und geopolitischem Kalkül: Der Iran richtet scharfe Worte an Donald Trump und spricht gleichzeitig über...

DWN
Politik
Politik Citigroup-Chefin sieht Revolution der Wirtschaft: Größer als Trumps Handelskrieg
30.06.2025

Citigroup-Chefin Jane Fraser sieht im Exklusiv-Interview die KI als größte Umwälzung seit Jahrzehnten. Trump, Handelspolitik und Zölle...

DWN
Panorama
Panorama Merz-Fake News: Warum sich Falschnachrichten über Kanzler Merz derzeit so stark verbreiten
30.06.2025

Gezielte Falschinformationen, manipulierte Videos und absurde Behauptungen über Kanzler Merz fluten die sozialen Netzwerke. Was steckt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Payback-Punkte sammeln mit der Girocard: Sparkassen schließen sich an
30.06.2025

Payback kooperiert jetzt mit den Sparkassen – ein wichtiger Schritt für das größte Bonusprogramm Deutschlands. Doch wie funktioniert...

DWN
Politik
Politik Wadephul in Kiew: Waffenhilfe für die Ukraine geht weiter
30.06.2025

Die Ukraine steht unter schwerem Beschuss – und Deutschland will helfen. Außenminister Wadephul reist nach Kiew und bekräftigt die...

DWN
Politik
Politik Kann Trump den Fed-Chef feuern? Das gefährliche Machtspiel beginnt
30.06.2025

Donald Trump legt sich erneut mit US-Notenbankchef Jerome Powell an. Doch darf der Präsident den Chef der mächtigsten Zentralbank der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliardäre wetten gegen Amerika – Kommt die große Europa-Rally?
30.06.2025

US-Aktien galten lange als die Könige der Rendite. Doch jetzt wittern Großanleger bessere Chancen in Europa. Ein gefährlicher Trend für...