Zwangsversteigerung: Definition und Ablauf
Bei einer Zwangsversteigerung handelt es sich um ein gerichtliches Verfahren, bei welchem Immobilien versteigert werden, um offene Schulden des Eigentümers zu tilgen. Gläubiger – zum Beispiel Banken, die dem Eigentümer ein Darlehen gegeben haben, das nicht fristgerecht getilgt wurde – stellen beim Gericht einen Antrag auf die Zwangsversteigerung. Das Gericht prüft die Legitimität und Notwendigkeit dieses recht drastischen Schritts.
Eine Zwangsversteigerung resultiert selten aus einem einfachem Zahlungsverzug; zumeist handelt es sich hierbei um eine langwährende finanzielle Streitigkeit, bei welcher der Eigentümer die geforderten Zahlungen schlichtweg nicht leisten kann. Nimmt man das Beispiel des Darlehens, haben sich eventuell die Lebensumstände des Eigentümers radikal geändert, zum Beispiel durch Kündigung, Scheidung oder (Familien)Tod. Eine Zwangsversteigerung geschieht meist im Kontext einer Privatinsolvenz. Kommt es zu diesem Punkt, ist die Zwangsversteigerung auf Gläubiger-Seite wohl die einzige Möglichkeit, bereits geleistete Hilfe wieder zurückzufordern.
Wird das Verfahren als legitim erklärt, wird ein Termin für die Versteigerung ausgemacht und in der Regel durch öffentliche Organe – zum Beispiel die Tageszeitung – bekanntgegeben. Bei diesem Termin können Interessenten das Objekt besichtigen und folgend im Gerichtssaal ihr Gebot abgeben. Der Gerichtstermin gliedert sich in zwei Abschnitte:
Bekanntmachungsteil
Der Rechtspfleger informiert alle Anwesenden über grundlegende (finanzielle) Fakten zu dem angebotenen Objekt. Dazu gehören der Inhalt des Grundbuchs, eventuelle Ansprüche von Gläubigern, Besonderheiten des Objekts und der festgesetzte Verkehrswert der Immobilie. Auch die Versteigerungsbedingungen werden in diesem ersten Schritt verlesen.
Bietstunde
Im zweiten Schritt werden Gebote von Interessenten abgegeben. Im Vorfeld haben Auktionatoren Wertgutachten für das Objekt erstellt und schlagen auf dieser Basis ein Mindestgebot vor, das die Versteigerung eröffnet. Im Laufe der Versteigerung versuchen Interessenten sich in vorbestimmten Geldbetragschritten – zum Beispiel 1000, 2000 oder 5000 EUR – zu überbieten. Um mitbieten zu können, muss folgendes gegeben sein:
a) Interessenten müssen dich durch einen gültigen Personalausweis oder Pass identifizieren.
b) Interessenten müssen eine Sicherheitsleistung in pauschaler Höhe von 10% des gerichtlich festgelegten Verkehrswerts der Immobilie vorweisen. Das könnte ein Nachweis der Überweisung der Sicherheitsleistung auf das Konto der Landesjustizkasse sein, ein Verrechnungsscheck, ein Bundesbankscheck oder eine selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bankbürgschaft. Bargeld wird nicht angenommen.
c) Interessenten müssen die Sicherheit sofort vorweisen können, sonst wird das Gebot nicht angenommen.
d) Das Gebot muss mündlich abgegeben werden. Wird für eine Drittperson geboten, muss eine schriftliche Vollmacht vorliegen, inklusive beglaubigter Unterschrift der Drittperson.
Beträgt das Gebot des Meistbietenden nicht mindestens 50% des gerichtlich festgelegten Verkehrswerts, muss ein Zuschlag gezahlt werden. Liegt das Höchstgebot bei 70% des Verkehrswerts, kann der Höchstbietende zu diesem Zeitpunkt den Zuschlag verweigern. Dann wird ein zweiter Termin festgelegt, wobei die 50/70-Prozentgrenze nicht mehr existiert. Hier kann die Immobilie bei den richtigen Umständen besonders günstig ersteigert werden.
Laut Recherchen des Fachverlags Argetra betrug 2023 der Wert an zwangsversteigerten Immobilien deutschlandweit etwa 3,87 Mio. EUR. Die Studie benennt die „schwache Konjunktur, hohe Inflation und einen schwachen Immobilienmarkt“ als Hauptverdächtigen bei der massiv angestiegenen (15% im Vergleich zu 2022) Zahl an Zwangsversteigerungen.
Rechte und Pflichten des „Gewinners“
Durchschnittlich lässt sich durch den Kauf einer zwangsversteigerten Immobilie etwa 30% des Originalkaufpreises sparen. Schon rein finanziell gesehen ist dies ein attraktives Angebot. Doch, wie jeder Kauf, birgt auch die Zwangsversteigerung ihre ganz eigene Palette an Risiken.
Zuvor die Rechte: Ein (interessierter) Käufer hat das Recht, das Objekt im Vorfeld zu besichtigen. Beim Gerichtstermin gibt es eine Verlesung der Details der angebotenen Immobilie, beim Amtsgericht kann aber schon zuvor eine Fallakte (Exposé) angefordert werden. Diese gibt Aufschluss über die genaue Lage, Grundstücksfläche, Mängel und viele weitere wichtige Aspekte, die vor dem Kauf beachtet werden sollten. Gibt es einen Hinweis auf einen Gutachter, der den Verkehrswert der Immobilie ermittelt hat, wird empfohlen, genau auf das Datum zu achten. Ist das Gutachten veraltet, besteht die Gefahr, dass sich der Zustand des Objekts in der Zwischenzeit verschlechtert hat.
Die Pflichten bei einem zwangsversteigerten Objekt sind etwas komplexer als bei einer Immobilie ohne Vorgeschichte. Es sei nicht zu vergessen, dass man eine Immobilie kauft, die dem Vorgänger de facto weggenommen wurde.
Die zwei wahrscheinlich wichtigsten Stichwörter im Bezug hierauf sind Gewährleistung und Grundschuld. Wer ein Objekt per Zwangsversteigerung gewinnt, hat, anders als beim (Neu)Bau einer Immobilie, keine Gewährleistung. Das bedeutet, dass man das Objekt in seinem aktuellen Zustand kauft und kein Recht auf die Beseitigung von Mängeln hat. Es ist die Pflicht des Käufers, sich über den Zustand der Immobilie zu informieren, bevor Geld die Hände tauscht. Es wird dringend empfohlen, hier Experten hinzuzuziehen.
Auch nicht zu vergessen: Die Immobilie wird angeboten, weil der Eigentümer seine Schulden nicht (mehr) bezahlen konnte. Neben ausstehenden Zahlungen für die Gläubiger könnte auch die im Grundbuch eingetragene Grundschuld zu weiteren Kosten für den Käufer führen. Denn, ist die Grundschuld (oder auch die Hypothek) so festgesetzt, dass sie im Grundbuch bestehen bleiben muss, muss der Käufer diese abbezahlen – inklusive festgesetzter Zinsen.
Ist das gekaufte Objekt vermietet, bricht die Zwangsversteigerung diesen Vertrag nicht. Der Käufer behält natürlich das Recht, fristgerecht zu kündigen, sollte die Immobilie zum Beispiel selbst genutzt werden. Wird das Objekt vom bisherigen Eigentümer bewohnt – und weigert sich dieser, das Eigentum zu verlassen – kann dieser mithilfe einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses geräumt werden.
Vorsichtiges Schnäppchenpotenzial
Bei Zwangsversteigerungen gilt – wer das Kleingedruckte ordentlich liest kann mehr als nur ein ordentliches Schnäppchen machen. Wie gut das Angebot ist, hängt auch davon ab, wie viele Informationen man im Vorfeld eingeholt hat. Im Falle einer Privatinsolvenz kann davon ausgegangen werden, dass das Objekt höchst unfreiwillig abgegeben wurde. Das bedeutet aber nicht, dass keine Schäden an der Immobilie entstanden sind – sowohl abstrakt als auch physisch – die ein neuer Eigentümer eventuell ausmerzen muss.
Interessenten können sich über lokale Tageszeitungen, Meldungen des Gerichts oder im Internet – zum Beispiel via www.zvg.portal.de oder www.zwangsversteigerung.de – zu aktuellen Terminen schlau machen.