Das Schlimmste steht der Bauwirtschaft noch bevor, nachdem die letzten Jahre einen nahezu perfekten Sturm auf dem Immobilienmarkt ausgelöst haben. So lautete eine der wichtigen Erkenntnisse bei dem ZIA-Tag der Immobilienbranche am Anfang dieser Woche.
Einige der sich immer wiederholenden Schlüsselbegriffe in Talks und Panel-Diskussionen während des Tages waren „Abbau von Hemmstellen und Bürokratie“, „die Branche braucht Freiraum“, „Weg mit Regulierung", „Wir brauchen mutige Politiker und anpackende Unternehmer“ und „Wir müssen ins Machen kommen.“
Das Bauhauptgewerbe ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland und mit einem Umsatz von rund 162 Milliarden Euro im Jahr 2023 laut des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes eine wichtige Säule für die deutsche Wirtschaft. Im Immobilienboom hatte die Branche jahrelang die Konjunktur gestützt, ist jedoch in den letzten Jahren wegen der Krise im Wohnungsbau zum großen Sorgenkind geworden.
Probleme auf dem Horizont - sowie einige Hoffnungsfunken
Die Baubranche sei ein „Spätzünder“ und „das Schlimmste steht noch bevor“, so Jan-Hendrick Goldbeck, ZIA-Vizepräsident und Geschäftsführender Gesellschafter des Familien- und Stahlbauunternehmens Goldbeck Gruppe. Dennoch gäbe es Grund zum Optimismus. So sei zum Beispiel der Gebäudetyp-E – ein Teil des Regierungsplans durch einfaches, nachhaltiges und schnelleres Bauen Bürokratieabbau zu schaffen – durchaus positiv zu bewerten. „Wenn man in Frankfurt ein normales 60er Jahre Gebäude sanieren will, dann muss man den Milieuschutz berücksichtigen, die Vorgabensatzung, die Digitalisierungsauflagen etc. Bis man dann angefangen hat zu bauen, ist der Kostenpunkt schon so hochgestiegen – nicht, weil die Baukosten so hoch sind, sondern weil jetzt der regulatorische Überbau am Ende smartes Bauen verbietet“, kommentierte Goldbeck. „Da ist natürlich der Gebäudetyp-E ein spannender Ansatz.“
Chancen in der Baubranche jetzt nutzen
Larissa Zeichhardt, Geschäftsführerin bei Familienunternehmen und Elektromontagefirma LAT Gruppe, warnte, dass die Krise in der Baubranche „noch gar nicht so richtig angekommen ist“ und dass ein weiteres Ungewitter am Horizont die fehlenden Fachkräfte an den Baustellen seien würden.
„Wann kommen wir durch diese Krise am Markt durch? Vielleicht dann, wenn wir begreifen, dass immer noch mit beiden Händen gearbeitet wird“, kommentierte Zeichhardt. „Es wird jetzt viele geben, die aufhören zu bauen, die nicht mehr existieren werden, und ich würde gegenhalten: Wenn es meine Branche wäre, würde ich genau diese Chance benutzen, um alle anzustellen, die in irgendeiner Form bauen können.“
Alexander Otto, Geschäftsführer der ECE Group, prognostizierte, dass das nächste Jahr noch schwierig sein würde für die Branche, er war jedoch optimistisch, dass es eine Verbesserung im Jahr 2026 geben würde. Laut Otto braucht die Branche „eine erhebliche Entschlackung in der Bürokratie.“
Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwickelung und Bauwesen Klara Geywitz sagte, der Branchenmotor laufe derzeit „eher rüpelig“ aber er laufe. „Die Branche ist stabil durch die Krise gekommen … aber natürlich es ist klar, wir werden dieses Jahr noch schwierige Entwickelungen haben. Die Auftragslage ist eine andere, die Bauanträge sind niedriger als zuvor, doch es gibt auch positive Effekte – die Energiegrundpreise sind gesunken, Preise für Baustoffe haben sich deutlich stabilisiert…und die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten hat erstmals seit zwei Jahren wieder zugenommen."
Laut DIW Econ, einem Tochterunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hat jeder siebte Euro der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung direkt oder indirekt mit dem Wohnungsbau zu tun. Auch rund jeder siebte Arbeitsplatz und 17 Prozent der Steuereinnahmen stünden mit dieser Branche in Verbindung.