Politik

Bund kann Deal nicht stemmen: Kauf von Tennet-Stromnetz gescheitert

Der Ausbau der Stromnetze in Deutschland kostet zweistellige Milliardensummen. Der niederländische Netzbetreiber Tennet wollte daher sein Stromnetz in Deutschland an den Bund verkaufen. Daraus wird nun aber nichts.
20.06.2024 09:56
Aktualisiert: 20.06.2024 13:31
Lesezeit: 2 min
Bund kann Deal nicht stemmen: Kauf von Tennet-Stromnetz gescheitert
Im Zuge der Energiewende will Deutschland das Stromnetz massiv ausweiten, aber wie kann das finanziert werden? (Foto: dpa)

Die Verhandlungen über einen Verkauf des Stromnetzes des niederländischen Betreibers Tennet in Deutschland an den Bund sind gescheitert. Tennet teilte am Donnerstag mit, die Verhandlungen zwischen der Tennet Holding und der staatlichen Förderbank KfW im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland über einen vollständigen Verkauf von Tennet Deutschland seien ergebnislos beendet worden. Die Bundesregierung habe dem niederländischen Staat mitgeteilt, dass sie die geplante Transaktion aufgrund von Haushaltsproblemen nicht durchführen könne.

Tennet sucht nun andere Geldquellen. Wie das Unternehmen mitteilte, bereitet die Tennet Holding die Inanspruchnahme öffentlicher oder privater Kapitalmärkte vor, um eine strukturelle Finanzierungslösung für ihre deutschen Aktivitäten zu finden. Die Bundesregierung sei bereit, solche alternativen Lösungen zu unterstützen. Weiter hieß es, in der Zwischenzeit halte Tennet an seinen umfangreichen Investitionsplänen in beiden Ländern fest und werde dabei vom niederländischen Staat unterstützt. Dieser habe Tennet kürzlich ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 25 Milliarden Euro für die Jahre 2024 und 2025 gewährt.

Innerhalb der Bundesregierung laufen derzeit angesichts von Milliardenlöchern schwierige Verhandlungen über einen Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 sowie die mittelfristige Finanzplanung. Mehrere Ressorts wollen Sparvorgaben des Finanzministeriums nicht einhalten.

Hohe Kosten für Netzausbau

Eigentümer der Tennet-Muttergesellschaft ist der niederländische Staat, dem die Kosten des Netzausbaus in Deutschland zu teuer geworden sind. Das Unternehmen hatte daher seinen Wunsch nach einer Übernahme seines deutschen Übertragungsnetzes durch den Bund publik gemacht.

Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse sagte: „Der Wunsch der Niederländer, sich aus dem deutschen Stromnetz zurückzuziehen, ist ein deutliches Alarmsignal. Wenn nicht mal mehr demokratische Staaten bereit sind, unter den aktuellen Rahmenbedingungen in das Netz in Deutschland zu investieren, dann sagt das viel aus über das aktuelle Investitionsklima in Deutschland und warum es dringend eine Wirtschaftswende braucht.“

Tennet ist einer von vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern. Tennet betreibt das Netz in der flächenmäßig größten von vier Zonen. Das Gebiet reicht von der Nordsee bis zur österreichischen Grenze. Im Zuge der Energiewende müssen tausende Kilometer neue Stromleitungen gebaut werden, damit der vor allem im Norden produzierte Windstrom in große Verbrauchszentren im Süden gelangen kann. Das kostet viele Milliarden. Tennet hatte den deutschen Teil seines Netzes 2010 von Eon übernommen.

Deutsche Netz AG?

Über die KfW ist der Bund mit 20 Prozent am Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz beteiligt. Der Bund ist zudem über die KfW mit 24,95 Prozent beim Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW eingestiegen - der Hauptanteilseigner ist der EnBW-Konzern. Der Tennet-Erwerb sollte ein wesentlicher Schritt sein auf dem Weg zu einer deutschen «Netz AG», bei der der Bund Anteile an allen deutschen Übertragungsnetzbetreibern halten und mehr Kontrolle über den Stromnetzausbau erlangen könnte.

Habeck sagte am Rande einer Ostasien-Reise in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, er bedauere, dass es nicht gelungen sei, die vier Übertragungsnetzbetreiber Tennet, 50Hertz, Amprion und TransnetBW in einer Gesellschaft zusammenzufassen. Dies hätte den Strom in Deutschland am Ende günstiger gemacht, weil man Synergien etwa bei der Beschaffung hätte herstellen können.

Es wäre wichtig gewesen, Verzögerungen beim Netzausbau zu vermeiden, sagte Habeck. „Nun ist der Weg, der eigentlich geplant war, nicht möglich gewesen zu gehen. Das heißt aber nicht, dass andere Wege nicht gefunden werden sollten.“ Es gehe weiter darum, die Übertragungsnetzbetreiber zusammenzufassen und kapitalstark auszustatten. „Nun müssen wir halt noch mal von vorne nachdenken.“

Wirtschafts-Staatssekretär Philipp Nimmermann sagte, die Bundesregierung habe weiterhin Interesse an einer strategischen Minderheitsbeteiligung an Tennet Deutschland im Rahmen eines Konsortiums.

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