Panorama

Zahl der Scheidungen sinkt auf Tiefstwert

Lesezeit: 2 min
30.06.2024 09:28
Scheidungen auf historischem Tief: 2023 sank die Zahl der Scheidungen in Deutschland auf den niedrigsten Stand seit 1990. Experten sehen das auch als Hinweis auf verbesserte Beziehungen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In Krisenzeiten hält man womöglich zusammen, möchte man meinen. Doch Experten sprechen tatsächlich von verbesserten Beziehungen wischen Ehepartnern in Deutschland.

Die Zahl der Scheidungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr jedenfalls erneut zurückgegangen. So wurden 2023 rund 129.000 Ehen durch richterlichen Beschluss getrennt, das sind 6,1 Prozent weniger als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt diese Woche mitteilte. Der Wert erreichte 2023 den niedrigsten Stand seit der Deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 und zugleich den zweitniedrigsten Stand seit 1950. Ein Ehe-Aus kommt statistisch allerdings wieder etwas früher. Ließen sich Paare 2022 im Durchschnitt noch nach etwas mehr als 15 Jahren scheiden, waren die im Jahr 2023 geschiedenen Ehepaare 14 Jahre und neun Monate verheiratet.

„Ehen tatsächlich erheblich besser geworden"

Für den Psychotherapeuten Wolfgang Krüger aus Berlin bedeute dies allerdings keinen Trend-Einschnitt: «Wir beobachten, dass die Ehen tatsächlich in den letzten 20 Jahren erheblich besser geworden sind», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er führt diese Verbesserung auf mehrere Gründe zurück: Menschen würden mittlerweile oft nur noch heiraten, wenn sie wirklich ineinander verliebt seien und das Gefühl hätten, dass die Ehe gelinge. „Wir haben bei der Ehe vorher eine gewisse Qualitätsauswahl.“ Im Unterschied zu den 60er- und 70er-Jahren müsse oftmals auch nicht mehr aus finanziellen Gründen oder wegen sozialen Drucks geheiratet werden.

Auch die verbesserte Krisenkommunikation spiele in länger haltende Ehen eine große Rolle.

Viele Menschen wüssten mehr, wie man miteinander reden müsse oder Konflikte kläre. «Also wie Ehen wirklich gelingen, das wissen immer mehr Leute», sagte Krüger.

Zudem seien die äußeren Umstände ein Faktor: "Wir leben in schwierigen Zeiten, in denen man tiefe Verunsicherungen erlebt. Und dann will man einen Ort haben, mit Sicherheit, wo man das Gefühl hat, der andere hält zu mir“. Dieser Ort sei noch immer die Liebe und für viele letztlich auch die Ehe.

Schwierige Zeiten wie die Corona-Pandemie haben auf die Zahl der Ehescheidungen offenbar kaum Einfluss: „Auch die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung nicht beeinflusst“, erklärten die Statistiker.

Mehr als 100.000 Kinder von Scheidung betroffen

Laut Statistischem Bundesamt hatten mehr als die Hälfte der rund 129 000 getrennten Paare minderjährige Kinder. «Insgesamt waren im Jahr 2023 etwa 109 600 Minderjährige von der Scheidung ihrer Eltern betroffen.»

Die Statistik zeigt zudem, dass sich weiterhin einige Paare erst spät entscheiden, getrennte Wege zu gehen: So waren knapp 17 Prozent der Geschiedenen mindestens im 25. Jahr verheiratet. Zum Vergleich: 2022 waren es 18 Prozent und 1997 wurden nur etwa zehn Prozent im Jahr ihrer Silberhochzeit oder danach richterlich getrennt.

Einen Bruchteil der Scheidungen im Jahr 2023 nahmen gleichgeschlechtliche Paare ein - 1300 insgesamt. Dies waren etwa 200 oder 15 Prozent mehr als im Jahr 2022. Seit der Einführung der «Ehe für alle» im Oktober 2017 können in Deutschland keine Lebenspartnerschaften mehr begründet werden. Gleichgeschlechtliche Paare, die in einer zuvor eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, können diese laut Bundesamt nicht durch Scheidung, sondern durch Aufhebung beenden. 2023 wurden mit rund 700 Aufhebungen von Lebenspartnerschaften etwa 200 oder 19,4 Prozent weniger erfasst als im Vorjahr. Damit sank diese Zahl das vierte Jahr in Folge.

Auch die Zahl der Eheschließungen ging 2023 zurück, nachdem sie im Vorjahr deutlich gestiegen war. Rund 360.000 Trauungen wurden den Angaben nach durchgeführt, im Vorjahr lag dieser Wert noch bei mehr als 390.000. Anno 2021 war die Zahl der Eheschließungen auf einen coronabedingten Tiefstwert von etwa 357.000 gefallen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Immobilien
Immobilien Die teuersten deutschen Immobilien in 2024: Welche Städte sind die Spitzenreiter?
27.12.2024

Der deutsche Luxusmarkt scheint wieder gesund und munter zu sein, nachdem das Segment im Jahr 2023 unter Druck geraten ist als Verkäufe...

DWN
Politik
Politik In der deutschen Wirtschaft überwiegt Pessimismus
27.12.2024

Wohin steuert die deutsche Wirtschaft nach dem zweiten Rezessionsjahr in Folge? Viele Verbände blicken mit Sorgen nach vorn. Die Gründe...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Clean Industrial Deal: Warum die EU jetzt handeln muss
26.12.2024

Vor fünf Jahren setzte die EU mit dem Europäischen Green Deal neue Maßstäbe im globalen Klimaschutz. Heute, angesichts wachsender...

DWN
Politik
Politik „Atomkraft? Nein Danke“: Habeck-Ministerium manipulierte wohl AKW-Studie für Atomausstieg
26.12.2024

Manipulation im Wirtschaftsministerium? Wie interne Unterlagen jetzt aufdecken, soll das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck gezielt...

DWN
Politik
Politik Papst eröffnet Heiliges Jahr mit Hoffnungsbotschaft
26.12.2024

Ein strammes Programm hatte der gesundheitlich angeschlagene Papst an Weihnachten zu stemmen: Er eröffnete das Heilige Jahr der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland schafft Gasspeicherumlage ab: Entlastung für Nachbarländer, Mehrkosten für Verbraucher
26.12.2024

Deutschland verabschiedet sich von der umstrittenen Gasspeicherumlage an Grenzübergangspunkten zu Nachbarländern. Mit einer Änderung des...

DWN
Immobilien
Immobilien Sechs Jahre Mietenstopp: Können Mietpreiserhöhungen gesetzlich verboten werden?
26.12.2024

Der aktuelle Wohnmarkt bereitet Volk wie Bundesregierung Kopfzerbrechen. Laut Umfragen glauben immer weniger Deutsche daran, sich den Traum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Überstunden steuerfrei: Ab 2025 wird es Realität?
26.12.2024

Überstunden ab 2025 steuerfrei? Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, könnten Arbeitnehmer von einer höheren Auszahlung ihrer...