Weltwirtschaft

Erschreckende Studien: Einkommen bestimmt Lebenserwartung - Arme sterben früher!

Lesezeit: 3 min
21.07.2024 18:33
Alarmierende Studien: Wohlhabende leben 10 Jahre länger als Arme. Neue Erkenntnisse zeigen erschreckende Zusammenhänge zwischen Einkommen, Lebenserwartung und Rentenansprüchen. Warum die Politik jetzt handeln muss und welche Rolle das Rentensystem dabei spielt.
Erschreckende Studien: Einkommen bestimmt Lebenserwartung - Arme sterben früher!
Niedrige Einkommen, geringe Bildung und ein niedriger beruflicher Status erhöhen das Risiko, vorzeitig zu sterben. (Foto: iStock.com, Karl-Hendrik Tittel)
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Bundesbank-Präsident Nagel plädierte kürzlich für eine Anpassung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung: „Ich bin (…) der Auffassung, dass es angemessen wäre, beim gesetzlichen Rentenalter grundsätzlich die steigende Lebenserwartung zu berücksichtigen.“ Doch ist diese Annahme wirklich gerechtfertigt? Neueste Erkenntnisse werfen erhebliche Zweifel auf.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) liefert alarmierende Zahlen: Die reichsten Bürger leben im Schnitt 10 Jahre länger als die ärmsten. 2021 starb ein Mann in benachteiligten Wohnregionen durchschnittlich 3,5 Jahre früher als ein Mann aus wohlhabenderen Gegenden; bei Frauen lag die Differenz bei 2,2 Jahren. Einkommen beeinflusst also signifikant die Lebenserwartung – und somit auch die Rentenansprüche.

Ungleiche Lebensdauer: Wohlhabende leben länger, Arme sterben früher

Die Fakten sind drastisch: Wohlhabende leben länger, Arme sterben früher. Eine Anhebung des Rentenalters würde daher besonders die ärmeren Bevölkerungsschichten treffen – die ohnehin eine kürzere Lebenserwartung haben. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) untermauert dies: Je geringer das Einkommen, desto kürzer die Lebenserwartung und die Dauer des Rentenbezugs, besonders bei Männern.

Warum? Niedrige Einkommen, geringe Bildung und ein niedriger beruflicher Status erhöhen das Risiko, vorzeitig zu sterben. Berufe mit niedrigem Status sind oft körperlich anstrengend und gefährlich, was mehr Arbeitsunfälle und gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen zur Folge hat. Arbeitnehmer in solchen Berufen haben wenig Kontrolle über ihre Arbeitszeiten und -bedingungen, was zu höherem Stress und einer schlechteren Work-Life-Balance führt.

Chronischer Stress und seine gesundheitlichen Folgen

Chronischer Stress schwächt das Immunsystem und erhöht das Risiko für zahlreiche Krankheiten. In einkommensschwachen Gruppen sind depressive Symptome und Angstzustände weit verbreitet. Diese psychischen Belastungen führen zu ungesunden Bewältigungsstrategien wie Rauchen, übermäßigem Alkoholkonsum und schlechter Ernährung.

„Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs trugen am meisten zur sozial ungleichen Lebenserwartung in Deutschland bei, aber auch andere Ursachen wie chronische Lungenerkrankungen spielten eine Rolle“, so das RKI. Ärmere Menschen beurteilen dabei ihren Gesundheitszustand laut der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) häufiger selbst als schlecht.

Alarmierender Trend bei den Besserungsraten der Lebenserwartung: Deutschland Schlusslicht

Eine Studie der Bayes Business School zeigte schon 2022 einen besorgniserregenden Trend: Während sich die Lebenserwartung in Industriestaaten jahrelang verbessert hat, verlangsamt sich dieser Fortschritt – besonders stark in Deutschland. Von 21 untersuchten Ländern mit vergleichbaren Lebensverhältnissen belegt Deutschland bei Frauen Platz 18 und bei Männern Platz 20 – fast der letzte Platz unter den Industrienationen! Steven Haberman, Professor für Versicherungsmathematik an der Bayes Business School, sieht das Rentensystem als einen Mitverursacher dieser Entwicklung.

Nehmen wir das Beispiel von Maria: Sie arbeitete ihr Leben lang 40 Stunden pro Woche als Reinigungskraft. Trotz harter Arbeit blieb ihr Einkommen niedrig, was sich nun auf ihre Rente auswirkte. Bei steigenden Verbraucherpreisen und begrenzten finanziellen Mitteln wird es für sie immer schwieriger, ihren Lebensstandard im Alter zu sichern. Maria steht stellvertretend für Millionen von Rentnern, die monatlich kaum über die Runden kommen. Diese Menschen verdienen nicht nur politische Aufmerksamkeit, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Lebensumstände.

Vorschläge zur Milderung der Rentenungleichheit

Eine Möglichkeit, diese Ungleichheit zu mildern, wäre laut DIW „geringe Rentenansprüche aufzuwerten“. Dies könnte durch eine Grundrente oder eine höhere Gewichtung der Beitragsjahre für Geringverdiener erfolgen, um sicherzustellen, dass auch Personen mit niedrigem Einkommen im Alter eine angemessene Rente erhalten.

Gegner argumentieren, dass eine solche Reform die Rentenkassen zusätzlich belasten könnte und langfristig nicht finanzierbar sei. Zudem könnte es zu Ungerechtigkeiten kommen, wenn bestimmte Gruppen bevorzugt behandelt werden. Befürworter betonen jedoch, dass soziale Gerechtigkeit und die Sicherung eines würdigen Lebensstandards für alle Rentner Vorrang haben sollten. Es müsse Wege geben, die finanziellen Mittel gerechter zu verteilen, ohne das gesamte System zu überlasten.

Reformvorschläge und die Realität: Knappe Sozialkassen

Doch selbst die besten Reformvorschläge stehen vor einer harten Realität: Knappe Sozialkassen. Wo soll das Geld herkommen – wenn nicht letztlich vom Beitragszahler? Angesichts des demografischen Wandels und immer weniger Beitragszahlern erscheint es notwendig, über eine Beitragserhöhung und eine Anpassung des Rentenalters nachzudenken. Doch dies trifft vor allem die Armen.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Wenn das Rentenalter an die Lebenserwartung angepasst wird, verschärft sich die Ungleichheit. Ärmeren Menschen droht nicht nur längere Arbeitszeit, sondern auch ein früherer Tod. Die Politik muss dringend handeln: Es ist inakzeptabel, dass Arme nicht nur kürzer leben, sondern auch weniger Rente erhalten. Gerechtigkeit und Würde im Alter dürfen keine Frage des Einkommens sein.


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