Politik

Ampel-Haushalt 2025: Mehr Geld für arbeitende Rentner

Arbeiten im Alter statt früher in Rente? Die Bundesregierung plant mit dem Haushalt 2025 finanzielle Anreize für längeres Arbeiten. So sollen Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung als Lohn direkt an beschäftigte Rentner ausgezahlt werden. Wird mehr „Netto“ die Arbeitslust deutscher Rentner steigern? Was bedeuten die Maßnahmen für das anstehende Rentenpaket 2 und den Streit ums Renteneintrittsalter?
11.07.2024 15:15
Aktualisiert: 11.07.2024 15:57
Lesezeit: 3 min
Ampel-Haushalt 2025: Mehr Geld für arbeitende Rentner
Die Bundesregierung beschließt den Haushalt 2025 mit neuen Anreizen für längeres Arbeiten und Verbesserungen für die Rentenversicherung (Foto: dpa). Foto: Fernando Gutierrez-Juarez

Der Bundeshaushalt für 2025 ist beschlossen – und damit hat die Bundesregierung auch wichtige Entscheidungen für die Rente getroffen. Arbeiten über das Rentenalter hinaus solle attraktiver werden, so Finanzminister Lindner.

Mehr Netto: finanzielle Anreize für längere Arbeit

Betroffene Beschäftigte sollen den Arbeitgeberbeitrag für die Arbeitslosenversicherung und teilweise auch für die Rentenversicherung künftig ausgezahlt bekommen. Finanzminister Christian Lindner erklärte auf der Pressekonferenz unter dem Punkt zur „Belebung des Arbeitsmarktes“ Folgendes: „Wenn Beschäftigte über die Regelgrenze des Renteneintritts hinaus arbeiten, werden sie zukünftig den Arbeitgeberbeitrag für die Arbeitslosenversicherung und teilweise auch für die Rentenversicherung als Netto ausgezahlt bekommen. Das ist also ein ganz deutlicher Anreiz, länger zu arbeiten, über das Rentenalter hinaus.“

Noch mehr Steuererleichterungen geplant

Neben den Nettoauszahlungen plant der Bundesminister noch weitere Verbesserungen, die dafür sorgen sollen, dass Menschen freiwillig länger im Job bleiben möchten. Aus Regierungskreisen, so heißt es beim Merkur, sollen auch Hinweise darauf gegeben worden sein, dass zusätzlich Freibeträge erhöht und der Einkommensteuertarif an die Inflation angepasst werden soll. Überstunden könnten demnach dann auch bald steuerfrei sein.

Scholz: „Wer sich anstrengt, der hat Anspruch auf eine stabile Rente …“

Für Bundeskanzler Olaf Scholz war es bei der Vorstellung des Haushalts für 2025 besonders wichtig darzustellen, dass es um Sicherheit durch Zusammenhalt gehe – „denn nur, wenn wir in dieser schwierigen Zeit als Land zusammenbleiben, sind wir stark“.

Die Menschen dürften dabei aber nicht den Eindruck gewinnen, dass es „nicht gerecht“ zugehen würde im Land. Scholz: „Wer sich anstrengt, der hat selbstverständlich Anspruch auf eine stabile Rente und eine verlässliche Gesundheitsversorgung, auf Pflege im Alter, auf gute Bildungschancen und auf die Unterstützung für seine Familie.“

Hochrechnung: Mehr auf dem Gehaltszettel

Die Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sollen direkt als Lohn ausgezahlt werden. Derzeit liegt der Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rente bei 9,3 Prozent und in der Arbeitslosenversicherung 1,3 Prozent.

Ein Beispiel: Arbeitende Rentner mit einem Bruttogehalt von 3.500 Euro hätten bei Steuerklasse 3 (für Paare) dann rund 370 Euro Netto monatlich mehr in der Tasche.

Eine verlängernde Arbeitszeit würde sich so für Rentner lohnen. Doch rechnet sich das auch für die Sozialkassen? Die hälftigen Anteile der Arbeitgeber für Renten- und Arbeitslosenversicherung fehlen unterm Strich der Deutschen Rentenversicherung und den Krankenkassen.

Haushalt 2025 als Grundlage für Rentenpaket 2?

Mit dem Haushalt 2025 scheint die Ampel-Regierung den Weg für das Rentenpaket 2 frei machen zu wollen. Das Bundeskabinett hat Ende Mai die Reform beschlossen, die unter anderem vorsieht, die gesetzliche Rentenversicherung um Einnahmen aus Investitionen am Kapitalmarkt zu ergänzen.

Die Reform steht seit Monaten in der Kritik zahlreicher Experten und Verbände. Zuletzt hatte sich Top-Ökonom Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts, in einem Interview mit t-online, sehr deutlich zu den Plänen der Regierung geäußert und kritisiert, dass der Politik jegliche Zukunftsorientierung fehlt.

Mit dem jetzt vereinbarten Haushalt ist vorgesehen, dass das Rentenpaket 2 in der zweiten Jahreshälfte im Bundestag endgültig diskutiert wird. Ursprünglich war das im Juli geplant. Der Bundesrat soll dann noch in diesem Jahr die endgültige Entscheidung treffen.

Streitthema: Später in den Ruhestand

Die Diskussion um das Renteneintrittsalter wird mit den Maßnahmen noch nicht beendet sein. Immer wieder wird über eine Erhöhung des Renteneintrittsalters diskutiert, wenn es um eine Reform geht. Zuletzt plädierte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm für einen späteren Renteneintritt. In der Rheinischen Post erklärt sie: „Wir kommen langfristig nicht drumherum, das gesetzliche Rentenalter an die fernere Lebenserwartung zu koppeln und ab 2031 langsam über 67 Jahre hinaus weiter anzuheben.“

Auch das Ifo-Institut hatte Anfang des Jahres für eine Anpassung des Eintrittsalters an die Lebenserwartung ausgesprochen. Vorbild könnte das niederländische Rentenmodell sein: Wenn die Menschen drei Jahre länger leben, müssen sie zwei Jahre länger arbeiten und bekommen ein Jahr länger Rente.

Wie ist der aktuelle Stand beim Renteneintrittsalter?

Zurzeit liegt das gesetzliche Eintrittsalter für eine Regelaltersrente ohne Abschläge bei 66 Jahren. Betroffen davon ist der Geburtsjahrgang 1958. Künftig steigt die Altersgrenze in jedem Jahr um zwei Monate an. Ab 2031 und dem Geburtsjahrgang 1964 gilt dann generell die Rente mit 67.

Das tatsächliche Renteneintrittsalter in Deutschland liegt aber unter dem gesetzlichen: Zuletzt bezogen Männer und Frauen im Durchschnitt mit 64,4 Jahren erstmals eine Altersrente. Der Grund dafür ist, dass es Sonderregelungen für Beschäftigte gibt, die sehr viele Jahre Beiträge gezahlt haben und sich früher in den Ruhestand verabschieden können – sei es mit Abschlägen oder ohne.

Kann man jetzt schon länger arbeiten?

Wer Geld im Alter braucht, kann einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Eine Möglichkeit besteht darin, den Rentenbeginn nach hinten zu verschieben. Für jeden Monat des späteren Rentenbeginns gibt es einen Zuschlag von 0,5 Prozent auf seine Rente. Geht man also ein Jahr später in den Ruhestand, steigt die Rente um sechs Prozent. Bei zwei Jahren sind es zwölf Prozent. Obendrauf kommen die zusätzlichen Ansprüche, die dadurch entstehen, dass weiter Beiträge zur Rentenkasse gezahlt werden.

Spannend: Laut einer aktuellen Umfrage der Techniker Krankenkasse will fast jeder dritte Deutsche über 50 Jahren früher in Rente gehen. Es bleibt abzuwarten, ob die bisher angedachten finanziellen Anreize den Wunsch, nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter zu arbeiten, entscheidend beeinflussen werden.

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Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

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