Politik

Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die Ukraine darf es für die Verteidigung und den Wiederaufbau ihrer zerstörten Städte und Anlagen verwenden. Russland sollte den Krieg stoppen, das könnte auf die Dauer teuer werden für die russische Volkswirtschaft.
26.07.2024 16:55
Lesezeit: 2 min
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Moskau tobt, aber Brüssel macht jetzt Ernst: Die EU gibt erstmals Zinserträge aus eingefrorenem Staatsvermögen für Verteidigung und Wiederaufbau der Ukraine frei. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, soeben in ihrem Amt bestätigt, hat im Netz eine Überweisung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro angekündigt.

„Es gibt kein besseres Symbol oder keinen besseren Verwendungszweck für das Geld des Kremls, als die Ukraine und ganz Europa zu einem sichereren Ort zum Leben zu machen“, schrieb von der Leyen im sozialen Netzwerk X. Das Geld, um das es jetzt geht, stammt aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank in der Europäischen Union. Diese für die Ukraine zu nutzen, hatte die EU bereits im Frühjahr grundsätzlich beschlossen – die Reaktionen in Moskau waren von Wut geprägt und Rache-Fantasien. Das Geld fließt nämlich auch an Nachbarländer wie Deutschland oder Tschechien, die der Ukraine zeitnah Ausrüstung für Luftverteidigung und mehr Artilleriegeschosse zur Verfügung stellen sollen. Militärausgaben sind also auch möglich, nicht nur humanitäre Hilfen.

Euroclear hat anno 2023 die Zinsen aus dem Vermögen mit 4,4 Milliarden Euro beziffert

Angaben der Kommission zufolge sind mehr als 200 Milliarden Euro der russischen Zentralbank eingefroren worden. Die Spareinlagen bleiben in der Substanz zwar unangetastet, aber die Zinsen dürfen abgeschöpft werden. Womit Russland einen staatlichen Anteil der ukrainischen Verteidigungs- und Wiederaufbaubemühungen selbst bezahlen wird. Das Finanzinstitut Euroclear in Brüssel hatte mitgeteilt, dass im Jahr 2023 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen wurden.

Den Plan der indirekten Verwendung russischer Gelder für die Ukraine hatten Kommissionschefin von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell den Regierungen der EU im März unterbreitet. Beabsichtigt ist, gut 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge aus der Verwahrung russischer Zentralbank-Gelder in den EU-Fonds einzuspeisen. Die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung werden so zielgerichtet zur Hilfe der Ukraine verwendet. Die restlichen zehn Prozent dürfen freilich auch für direkte Finanzhilfen im angegriffenen Land genutzt werden.

Moskau wettert über „Enteignung“ und sucht nach Retourkutschen

Kreml nannte das Vorgehen der EU eine faktische „Enteignung“. Wobei die russischen Zentralbank-Gelder durch einen Enteignungsbeschluss direkt zu nutzen, bislang nicht in Erwägung gezogen wird. Als ein Grund dafür gelten rechtliche Bedenken – allerdings ein Stück weit auch denkbare Vergeltungsmaßnahmen. Moskau hatte die EU bereits im Vorfeld eindringlich gewarnt, das Eigentum des russischen Staates anzutasten oder Ersparnisse russischer Bürger zu konfiszieren. Im Gegenzug seien ansonsten Zwangsenteignungen von in Russland tätigen Unternehmen aus EU-Ländern die Folge.

Finanzexperten bringen jedoch auch Erwägungen ins Spiel, wonach die Verwendung der russischen Vermögenswerte dazu führen könnten, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den Finanzplatz Europa verlieren - und Vermögen aus der EU abziehen könnten. Danach sieht es bislang eher nicht aus. Die Welt weiß genau zu unterscheiden, ob die Marktwirtschaft und Finanzstabilität in Europa gefährdet wird oder ob dies nicht vielmehr adäquate Erziehungsmaßnahmen gegen Putin und seine Oligarchen sind.

Aufgrund der Beschwerden aus Russland beschränkt sich die EU auf die Nutzung von Zinserträgen. Brüssel hat sich für eine „gekürzte Variante“ entschieden, hieß es. Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete dies als unangemessen: „Aber auch diese gekürzte Variante ist nichts anderes als eine Enteignung“, gab er zu Protokoll. Vergeblich, wie es jetzt den Anschein hat.

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Peter Schubert

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

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