BSW-Chefin Sahra Wagenknecht macht die Koalitionsfrage in Ostdeutschland auch von der Haltung der Partner zum Ukraine-Krieg abhängig. "Wir werden uns nur an einer Landesregierung beteiligen, die auch bundespolitisch klar Position für Diplomatie und gegen Kriegsvorbereitung bezieht", sagte die Gründerin des Bündnis Sahra Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur. Denn es sei klar, "dass ein neues Wettrüsten Milliarden verschlingt, die dringend für Schulen, Krankenhäuser, Wohnungen und höhere Renten gebraucht werden". Kritik an Wagenknechts Ankündigung kam von CDU, SPD, Grünen und Linken - und damit aus den Reihen aller potenziellen Koalitionspartner.
Im September werden in Sachsen, Thüringen und Brandenburg neue Landtage gewählt. Die Wagenknecht-Partei BSW stellt dabei neben Bildung und Migration auch das Thema Frieden in den Mittelpunkt - und findet in den drei Ländern mit Umfragewerten von 15 bis 20 Prozent viel Anklang. Auch die AfD greift das Thema auf. Beide Parteien sind gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für sofortige Verhandlungen der Ukraine mit Russland. Anders als die AfD hat das BSW Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung in den drei Ländern. Wagenknechts Ansage dürfte die Bildung von Koalitionen aber nicht erleichtern.
"Friedensfrage ist uns sehr wichtig"
"Die Friedensfrage ist sehr wichtig", sagte die BSW-Chefin. "Viele Menschen sind zu Recht beunruhigt, weil die Bundesregierung unser Land immer mehr zur Kriegspartei im Ukraine-Krieg macht und bisher jedes Bemühen um diplomatische Lösungen vermissen lässt." Sie kritisierte auch die Ankündigung, 2026 US-amerikanische Raketen in Deutschland zu stationieren. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) befürwortet dies als Reaktion auf eine wachsende russische Bedrohung.
Die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt warf Wagenknecht wie auch der AfD unehrliche und populistische Argumente mit Blick auf den Ukraine-Krieg vor. "Sie sagen, sie wollten Frieden, aber eigentlich geht es ihnen nicht um einen gerechten Frieden in der Ukraine oder Frieden mit Russland, sondern darum, dass man selbst in Frieden gelassen wird", sagte Göring-Eckardt der dpa.
"Sahra Wagenknecht war noch nie in der Ukraine seit Ausbruch des Kriegs", fügte die Grünen-Politikerin hinzu. "Ihre Rezepte laufen auf eine Instabilität der Region und damit auf eine Verlängerung des Kriegs hinaus." Ein gerechter Frieden lasse sich nur mit Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland auf Augenhöhe erreichen.
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter kritisierte, Wagenknecht wolle "russische Interessen zu deutscher Politik" machen. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er: "Für uns als CDU muss klar sein, dass eine Zusammenarbeit auf jeder Ebene mit diesem Kreml-Ableger undenkbar ist."
"Ganz sicher nicht"
Die Grünen-Spitzenkandidatin in Thüringen, Madeleine Henfling, erteilte Wagenknechts Bedingungen ebenfalls eine Absage. "Ganz sicher werden wir in Thüringen nicht die Solidarität zur Ukraine opfern!", schrieb Henfling auf der Plattform X. "Gleiches erwarte ich von SPD und CDU."
SPD-Landeschef Georg Maier sagte dem RND: "Keine ernstzunehmende Partei im Bund wird sich von Sahra Wagenknecht dahingehend erpressen lassen, die Unterstützung für ein demokratisches Land einzustellen, das von Russland brutal überfallen wurde." Wagenknecht gehe es nicht um die Sache oder um Thüringen, sondern "wie immer um sich selbst".
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte dem RND, das BSW wolle den "Ukraine-Krieg hier in Thüringen stoppen". Die auf Plakate gedruckten Ziele von BSW und CDU zur Landtagswahl hätten "leider immer weniger mit Landespolitik zu tun".
Ramelow führt in Thüringen eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung. Eine Zusammenarbeit der Koalitionsparteien mit dem BSW unter Landeschefin Katja Wolf scheint dort nicht ausgeschlossen. Denkbar ist zudem sowohl in Thüringen als auch in Sachsen und Brandenburg eine Zusammenarbeit des BSW mit der CDU und der SPD. Beide unterstützen wie die Grünen die Waffenlieferungen an die Ukraine.