Politik

Stur oder starrsinnig? Polens Präsident blockiert von EU geforderte Justizreform

Acht Jahre lang haben die Nationalkonservativen die Justiz in Polen unter ihre Kontrolle gebracht. Die neue Regierung will das rückgängig machen. Doch ein Mann stellt sich quer.
02.08.2024 18:58
Aktualisiert: 02.08.2024 18:58
Lesezeit: 1 min
Stur oder starrsinnig? Polens Präsident blockiert von EU geforderte Justizreform
Der polnische Präsident Andrzej Duda spricht während einer Kranzniederlegung am Denkmal für die Opfer des Wola-Massakers anlässlich des 80. Jahrestages des Warschauer Aufstandes. (Foto: dpa) Foto: Rafal Guz

Die Justizreformen der neuen Mitte-Links-Regierung in Polen stoßen weiter auf hinhaltenden Widerstand der abgewählten Nationalkonservativen. Präsident Andrzej Duda, letzter Vertreter der früheren Regierungspartei PiS mit Machtbefugnissen, leitete die Änderungen der neuen Regierung am Landesjustizrat zur Überprüfung an das Verfassungsgericht weiter. Das teilte Dudas Kanzleichefin Malgorzata Paprocka in Warschau mit. Sie hatte die Neuregelung schon im Juli "eklatant verfassungswidrig" genannt. Ohne Dudas Unterschrift kann das Gesetz nicht in Kraft treten.

Der Nationale Landesjustizrat in Polen nominiert Richter für frei werdende Stellen und schützt die Unabhängigkeit der Gerichte. Im Jahr 2018 hatte die PiS-Regierung bestimmt, dass 15 der insgesamt 25 Mitglieder des Rates vom Parlament ernannt werden - zuvor hatten Richter die Mehrheit der Mitglieder bestimmt. Dies brachte Polen in Konflikt mit der EU-Kommission. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) kritisierte, dass der Landesjustizrat nicht mehr unabhängig sei.

Richter sollen wieder den Richterrat wählen

Mittlerweile hat die EU ihre Verfahren gegen Polen eingestellt, weil die neue Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk zugesichert hat, die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen. Der Weg dahin ist allerdings langwierig und zäh. Beim Landesjustizrat soll die Richterschaft künftig wieder 15 der 25 Stellen in freier Wahl besetzen. Die Ratsmitglieder, die seit 2017 ernannt wurden, sollen dabei nicht mehr wählbar sein. An diesem Punkt hakt Duda ein: Es gebe keinen Grund, Richter aufgrund ihres Ernennungsdatums von der Wahl auszuschließen.

Auch auf das Verfassungsgericht hat die PiS Einfluss genommen. Duda trage mit der Weiterleitung der Reformen an das Gericht "die Verantwortung für eine Krise der Justiz", kritisierte Vizejustizminister Arkadiusz Myrcha.

Was wird aus Duda nach seiner Amtszeit?

Die Amtszeit des Präsidenten läuft im kommenden Jahr aus. Nach der Wahlniederlage der PiS im Oktober 2023 hat Duda nicht als überparteilicher Präsident die Machtübergabe organisiert, sondern gebremst, wo er konnte. Trotzdem gelten seine Chancen als gering, den alternden PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski politisch zu beerben. Polnische Medien schreiben, dass der 52-Jährige sich mit seiner Parteitreue wohl auch die Chance verbaut hat, nach dem Ausscheiden auf internationale Posten zu wechseln.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Rutte warnt in Berlin: Russland sieht Europa als nächstes Ziel
11.12.2025

Bundeskanzler Merz und Nato-Generalsekretär Rutte haben in Berlin Alarm geschlagen. Russland ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern...

DWN
Finanzen
Finanzen Münchener Rück-Aktie: Neue Strategie setzt deutliche Gewinneffekte frei
11.12.2025

Die Münchener Rück-Aktie gewinnt an Tempo – und das aus gutem Grund. Die neue Strategie Ambition 2030 verspricht höhere Gewinne,...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putin und Trump spielen im selben Team gegen Europa
11.12.2025

Putin und Trump sprechen plötzlich dieselbe Sprache. Europas Zukunft steht auf dem Spiel, während Washington und Moskau ein gemeinsames...

DWN
Technologie
Technologie Halbleiter-Förderung: Dresden und Erfurt erhalten grünes Licht
11.12.2025

Europa hängt bei Chips weiter an Asien – nun greift die EU zu einem Milliardenhebel. Deutschland darf zwei neue Werke in Dresden und...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB erhöht Druck: Vereinfachte Regeln für Europas Banken
11.12.2025

Die EZB drängt auf einfachere EU-Bankenvorschriften und will kleinere Institute entlasten. Doch wie weit darf eine Reform gehen, ohne...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Institut korrigiert Wirtschaftsprognose: Deutschlands Aufschwung bleibt schwach
11.12.2025

Die neue Wirtschaftsprognose des Ifo-Instituts dämpft Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung. Trotz Milliardeninvestitionen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimarisiken: Unternehmen gefährden ihre Umsätze durch schwaches Risikomanagement
11.12.2025

Unternehmen geraten weltweit unter Druck, ihre Klimarisiken präziser zu bewerten und belastbare Strategien für den Übergang in eine...

DWN
Politik
Politik Trump warnt die Ukraine und verspottet Europa. „Am Ende gewinnt der Stärkere“
11.12.2025

US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und attackiert gleichzeitig europäische Staatschefs. Seine Aussagen im...