Wirtschaft

Deutschlands Exportwirtschaft stagniert: Experten sehen düstere Zukunftsaussichten

Die deutschen Exporte sanken im Juni 2024 um 3,4 Prozent, besonders nach USA und EU. Importe stiegen leicht, aber der Außenhandelsüberschuss schrumpfte. Was bedeutet dies für die Zukunft der deutschen Exportwirtschaft?
08.08.2024 09:18
Lesezeit: 2 min

Deutsche Unternehmen haben auch im Juni weniger Waren exportiert. Mit einem kalender- und saisonbereinigten Wert von 127,7 Milliarden Euro lagen die Ausfuhren 3,4 Prozent hinter dem Vormonat Mai, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Analysten hatten zwar mit einem Rückgang gerechnet, im Schnitt allerdings nur ein Minus von 1,5 Prozent erwartet. Nach einem Zwischenhoch im April ist dies der zweite Monatsrückgang in Folge.

Gleichzeitig legen die Importe nach Deutschland auf niedrigem Niveau um 0,3 Prozent in der Monatsfrist zu. Mit einem Wert von 107,3 Milliarden Euro liegen sie aber weiterhin deutlich hinter den Exporten. Daraus ergibt sich ein Außenhandelsüberschuss von 20,4 Milliarden Euro nach 25,3 Milliarden Euro im Mai.

USA-Geschäft schwach - nur ein kleiner Lichtblick in China

Besonders starke Rückgänge mussten die deutschen Exporteure beim größten Abnehmer USA hinnehmen. Dort sank der Warenwert in der Monatsfrist um 7,7 Prozent auf 12,9 Milliarden Euro. Demgegenüber legten die Ausfuhren nach China um 3,4 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro zu. Von dort kamen Waren im Wert von 12,3 Milliarden Euro, ein Monatsrückgang um 4,9 Prozent. Innerhalb der EU gingen die deutschen Exporte um 3,4 Prozent auf 69,7 Milliarden Euro zurück.

China wird nach Einschätzung von Max Butek, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina, im laufenden Jahr nicht mehr zum größten Handelspartner Deutschlands. Im Jahresvergleich gingen die Ausfuhren nach China zurück und die Importe stiegen kaum. „Die Unternehmen spüren noch keine Erholung, von einem nachhaltigen Anstieg kann nicht gesprochen werden“, sagt Butek.

BGA-Präsident stellt Forderungen

Im Vergleich zum Vorjahresmonat Juni 2023 nahmen die deutschen Gesamt-Exporte um 4,4 Prozent ab, während die Importe sogar um 6,4 Prozent sanken.

Der Außenhandelsverband BGA nennt die schwache Weltnachfrage und die mangelhafte Wettbewerbsfähigkeit als Gründe für den erneuten Einbruch. Das Geschäftsmodell Deutschland müsse auf breiter Front gestärkt werden, verlangt Verbandspräsident Dirk Jandura. Er fordert von der Bundesregierung eine konsequente Politik, „die nachhaltige Technologien und digitale Infrastruktur fördert. Zudem müssen bürokratische Hürden abgebaut und der Zugang zu internationalem Kapital erleichtert werden.“

Nur „eine blutleere Aufwärtsbewegung“

Die leichte Erholung der deutschen Industrieproduktion im Juni um 1,4 Prozent zum Vormonat kann den pessimistischen Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer nicht überzeugen. Er sagt: „Die deutsche Industrieproduktion hat den Einbruch im Vormonat nur zur Hälfte aufholen können. Das spricht Bände. Und die Schwäche der konjunkturellen Frühindikatoren legt in den kommenden Monaten keine starke Erholung der Industriekonjunktur nahe. Mehr als eine blutleere Aufwärtsbewegung ist nicht drin.“

Keine schnelle Erholung erwartet auch der Analyst Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg: „Die Exporte folgen den schwachen Auftragseingängen der jüngeren Vergangenheit. Das dürfte sich in den kommenden Monaten im Trend fortsetzen. Das Umfeld für die deutsche Exportindustrie bleibt schwierig.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...