Trumps Haltung zu rein politischen Fragen ist unklar. Kürzlich sagte er, dass Taiwan für die Verteidigung durch die USA zahlen sollte. Das deutet darauf hin, dass er nicht gewillt ist, die Insel gegen einen Angriff Chinas zu verteidigen, auch wenn seine früheren – und womöglich auch künftigen – Berater eine massive Aufrüstung in Asien befürworten. Trumps wirtschaftlicher Ansatz gegenüber China ist jedoch weit weniger zweideutig: Die beiden Länder sind Konkurrenten, und die USA müssen gewinnen.
In diesem Sinne unterscheiden sich Trump und die republikanische Partei gar nicht so sehr von US-Präsident Joe Biden und der demokratischen Partei. Die Biden-Harris-Regierung hat die meisten von Trumps China-Zöllen beibehalten und den Fokus auf den Hightech-Sektor verstärkt – insbesondere auf Elektrofahrzeuge und Batterien, bei denen China inzwischen dominiert. Politiker beider großer Parteien haben die Sorge geäußert, dass die nationale Sicherheit der USA bedroht sein könnte, falls das Land nicht in der Lage sei, seine eigenen sauberen Technologien herzustellen, und dass die USA in einer Branche, die für die auf erneuerbaren Energien basierende Wirtschaft der Zukunft wichtig ist, weiter zurückfallen könnten.
Trump hat bei seiner neuerlichen Präsidentschaftskandidatur weitere Zölle vorgeschlagen: einen 10%igen Zoll auf alle Einfuhren, einen 60%igen Zoll auf alle chinesischen Einfuhren und einen 100%igen Zoll auf alle außerhalb der USA hergestellten Autos. Dies beunruhigt viele Ökonomen, da diese umfassenden Zölle die Amerikaner im Verbund mit Trumps anderen Steuervorschlägen 500 Milliarden Dollar pro Jahr kosten könnten. Und diese Last würde unverhältnismäßig stark von den einkommensschwachen Haushalten getragen, die stärker auf Billigimporte angewiesen sind.
Beobachter könnten sich nun fragen, ob der daraus resultierende wirtschaftliche Gegenwind die USA davon abhalten würde, derart hohe Zölle zu erheben, falls Trump erneut ins Weiße Haus einzieht. Die Antwort lautet: wahrscheinlich nicht. Die Geschichte gibt Anhaltspunkte, warum die Regierung eine politische Agenda vorantreiben würde, die den Durchschnittsamerikanern schaden würde.
Es war den USA schon immer wichtig, technologisch führend zu sein. Nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, als andere alliierte Länder als Kriegsreparationen Land und Geld von Deutschland forderten, konzentrierten sich die USA darauf, sich deutsche Patente zu sichern, um die Innovationskraft ihres Landes zu stärken. Und das funktionierte: Der Zugang zu deutschem geistigen Eigentum nach dem Ersten Weltkrieg führte zu einem erheblichen Anstieg der Zahl von US-Patenten im Bereich der der organischen Chemie, wo die Deutschen damals weltweit führend waren.
Ein Beispiel aus der jüngeren Zeit ist der Handelskrieg zwischen den USA und Japan in den 1980er Jahren. Damals sahen viele Amerikaner den wachsenden Marktanteil Japans in der Halbleiter- und der Automobilbranche als Bedrohung für die US-Wirtschaft an. Aus Sorge über das „Dumping“ dieser Waren verfolgte die amerikanische Führung eine außergewöhnlich aggressive Politik gegenüber Japan.
Zunächst verlangte die demokratische Regierung von Präsident Jimmy Carter, dass japanische Automobilhersteller Fabriken in den USA bauen sollten. Anschließend verhängte die republikanische Regierung von Präsident Ronald Reagan 1987 100%ige Zölle auf japanische Einfuhren im Wert von 300 Millionen Dollar.
Die beiden Handelskriege ähneln einander. Damals wie heute war die US-Regierung bestrebt, die wirtschaftliche Vormachtstellung Amerikas zu sichern – ein Ziel, das trotz großer Nettoverluste für die amerikanischen Verbraucher und Unternehmen im gesamten politischen Spektrum breite Unterstützung fand. In beiden Fällen verstießen die von den USA verhängten Zölle gegen die internationalen Regeln des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) und der daraus hervorgegangenen Welthandelsorganisation. Selbst die jüngste politische Rhetorik gegenüber China, die vor einem künftigen militärischen Konflikt in der Straße von Taiwan warnt, erinnert an die Japan-Hetze der 1980er Jahre, die oft den Zweiten Weltkrieg beschwor.
Es gibt jedoch wichtige Unterschiede zwischen den beiden Fällen. In den 1980er Jahren war Japan bei seiner militärischen Verteidigung vollständig von den USA abhängig. Die politische Führung der USA war daher zuversichtlich, dass jeder Druckkampagne – ob vernünftig oder nicht – letztlich Erfolg beschert sein würde. Bei China gibt es diese Sicherheit nicht.
Chinas Fähigkeit, auf die Forderungen der USA einzugehen, sind zudem durch seine innenpolitischen Sorgen Grenzen gesetzt. Im Jahr 1990 lag das Pro-Kopf-Einkommen in Japan und den USA auf einem ähnlichen Niveau, während das chinesische Pro-Kopf-Einkommen viel niedriger ist und derzeit etwa 17 % des US-Niveaus beträgt. Die chinesische Regierung hat viel investiert, um ihrer Bevölkerung den Aufstieg in die Mittelschicht zu ermöglichen und China als weltführendes Land im Hightech-Sektor zu etablieren. Das schränkt ihren Handlungsspielraum ein.
In einer Zeit großer politischer Unsicherheit ist Eines klar: Die US-Regierung wird ihre aggressive Haltung gegenüber China beibehalten. Das ist eine Politik, die – wie im Falle Japans in den 1980er Jahren – von beiden Parteien unterstützt wird. Doch während Japan den meisten US-Forderungen nachgab, ist China zu einem derartigen Entgegenkommen womöglich nicht bereit oder in der Lage. Die Führungen beider Länder werden Ziele und Grenzen der jeweils anderen anerkennen müssen, wenn sie enormen wirtschaftlichen Schaden von ihren Bevölkerungen abwenden wollen.
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