Panorama

Deutschland hat ein Müllproblem

65 Millionen Tonnen Müll landen jedes Jahr auf den deutschen Deponien. Doch diese schrumpfen in den nächsten Jahren auf die Hälfte zusammen. Wohin mit unserem Müll?
24.08.2024 14:12
Aktualisiert: 24.08.2024 16:00
Lesezeit: 2 min

Ungefähr 400 Millionen Tonnen Müll werden jährlich in Deutschland produziert. Das meiste davon kann recycelt oder anderweitig genutzt werden, aber immerhin 65 Millionen Tonnen Abfall landeten 2022 auf den ca. 1000 Mülldeponien im Lande. Das Problem – über die Hälfte von ihnen wird bis 2032 in ihrer Deponiekapazität erschöpft sein, ihre Betriebsdauer endet.

Ein weiterer Grund für den anhaltenden Rückgang an verfügbaren Mülldeponien sind auch die im Jahr 2005 beschlossenen schärferen Umweltvorschriften, die zur Folge hatten, dass damals mehrere Deponien vor Ende ihrer Betriebsdauer geschlossen wurden.

Damit wird die gesamte Deponiekapazität in Deutschland um ein Drittel auf insgesamt 300 Millionen Kubikmeter zurückgehen, wenn nicht neue Kapazitäten geschaffen werden. Ein Riesenproblem, ganz besonders für die Baubranche, die über die Hälfte dieses Mülls produziert. Sie schlägt schon seit längerer Zeit Alarm und warnt vor einem bevorstehenden Entsorgungsnotstand.

Neue Ersatzbaustoffverordnung verschärft das Problem

Kontraproduktiv wirkt hier auch eine neue Ersatzbaustoffverordnung (EBV), die eigentlich das Recycling von Bauschutt und Bodenaushub zum Ziel hat. Sie trifft auf neue Bodenschutzvorschriften, die eine Aufbereitung und anderweitige Nutzung hemmen.

In einer Umfrage von vier Bau- und Recyclingunternehmen gaben nur 5 Prozent der 156 befragten Unternehmen an, dass sie seit der Verordnung mehr Bauschutt und Bodenaushub in die Wiederverwendung bringen. Ganze 42 Prozent der teilnehmenden Firmen gaben hingegen an, dass sie weniger aufbereiten und recyceln. Das bedeutet dann im Endeffekt noch mehr Müll für die Deponien.

Primärbaustoffe werden von vielen Bauunternehmern und auch den Behörden bevorzugt, die Nachfrage nach recycelten Materialien ist demnach rückläufig. Sowohl der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes als auch der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie kritisieren die neue Verordnung. Außerdem seien auch die Regelungen der Ersatzbaustoffverordnung sehr kompliziert. Behörden können aufgrund ihres eigenen Informationsmangels deshalb auch oft den Bauunternehmern bei der Umsetzung der Vorgaben schlecht helfen.

Bundesumweltministerium sieht keine Probleme mit der Verordnung

Wie aus dem Umweltministerium bekannt wurde, sieht man dort keine Anzeichen dafür, dass durch die neue Ersatzbaustoffverordnung der Anteil der wiederverwendeten Bauabfälle sinken würde und deshalb die Kapazitäten der deutschen Mülldeponien noch schneller erschöpft wären.

Für den Fall, dass es zu einem Entsorgungsnotstand kommen sollte, sei dies ein bundesweites Thema. Aktuell sieht man im Ministerium jedoch auch mittelfristig kein Problem mit den Deponiekapazitäten. Zusätzlich sollen im Rahmen eines Forschungsprojektes des Umweltbundesamtes auch die Kapazitäten der Deponien ermittelt werden. Die Ergebnisse hieraus sollen 2025 veröffentlicht werden.

Grundsätzlich ist das Abfallrecht Ländersache und die Landesregierungen sind auch in der Verantwortung, Deponiekapazitäten zu planen und zu ersetzen. Doch gerade auf kommunaler Ebene sind Mülldeponien nicht willkommen und in vielen Landesregierungen mangelt es an einer vernünftigen Planung. Der Bauindustrie-Verband vertritt deshalb die Auffassung, dass sich sowohl der Bund als auch Länder mit einer abgestimmten Deponiestrategie befassen müssen, da gesellschaftspolitisch notwendige neue Deponien ansonsten schwer durchzusetzen wären.

Akute Probleme bereits jetzt in einigen Bundesländern

Bereits heute ist das Deponieproblem in einigen Bundesländern Realität. Es trifft besonders Länder mit einer hohen Bautätigkeit und bereits heute geringen Deponiekapazitäten – wie beispielsweise Bayern und Hessen, die mit den Engpässen zu kämpfen haben. Fehlende Deponien führen zu längeren Transportwegen und schon heute müssen bayerische Bauunternehmer teilweise Bauabfälle bis nach Thüringen fahren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Bäckerei-Sterben: Immer mehr Brot aus der Fabrik
15.03.2025

Der klassische Bäcker um die Ecke hat eine lange Tradition in Deutschland. Doch immer mehr Großbäckereien verdrängen die kleinen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweiz überholt Deutschland: Überraschender Spitzenreiter in der Containerschifffahrt
15.03.2025

Die Schweiz, ein Land ohne direkten Zugang zum Meer, hat sich überraschend zur größten Containerschiff-Nation der Welt entwickelt....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Scheideweg: Wirtschaftliche Herausforderungen – Vom Wachstumsmotor zur Stagnation? Teil 1
15.03.2025

Die Rolle Deutschlands als Motor der europäischen Wirtschaft ist in Gefahr. Das Wirtschaftswachstum ist seit 2019 weitgehend zum Erliegen...

DWN
Politik
Politik Einigung bei historischem Schuldenpaket: Schwarz-rote Grund­ge­setz­än­de­rungen werden grün
14.03.2025

100 Milliarden Sonderschulden für die Grünen und Klimaneutralität bis 2045 im Grundgesetz: Nach zähen Verhandlungen haben Union, SPD...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Du bist mir eine Marke! Der Erfolg von 130 Jahren Falke-Socken
14.03.2025

Franz-Peter Falke leitet das Familienunternehmen im Sauerland in vierter Generation. Zwischen Wahren der Tradition und Wappnen für die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betriebsbedingte Kündigung: Was gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
14.03.2025

Die andauernde Wirtschaftskrise führt in Deutschland zu immer mehr Firmenpleiten und zunehmenden Stellenabbau bei Unternehmen. Damit...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla: Trump-Zölle könnten dem E-Autobauer schaden
14.03.2025

Tesla-Chef Elon Musk gilt als Trump-Unterstützer – doch sein Unternehmen schlägt Alarm. Die Strafzölle der US-Regierung könnten nicht...

DWN
Politik
Politik BSW: neues Wahlergebnis zählt 4.277 Zweitstimmen mehr - trotzdem kein Einzug in den Bundestag
14.03.2025

Das BSW scheitert final am Einzug in den Bundestag: 0,02 Prozent fehlten! Während sich an der Sitzverteilung nichts mehr ändert, treten...