Unternehmen

ifo-Geschäftsklima: Konstanter Abwärtstrend auch für Selbstständige in Deutschland

Die gesamtwirtschaftliche Lage ist schlecht, von Erholung nach der Sommerpause keine Spur: Auch das Geschäftsklima bei Selbstständigen sinkt weiter und es ist keine Verbesserung zu erwarten. Im August ist der Jimdo-ifo-Geschäftsklimaindex von minus 13,4 Punkten im Vormonat auf minus 18,4 Punkte abgerutscht. Damit sank er auf den tiefsten Stand seit Jahresbeginn. Wo bleibt die Wachstumsinitiative für Solo- und Kleinstunternehmen?
19.09.2024 16:02
Lesezeit: 2 min
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Die Selbstständigen und kleinen Unternehmen machen 83 Prozent aller Unternehmen in Deutschland aus. Aktuell gibt es 3,8 Millionen Selbstständige in Deutschland – davon ca. 50 Prozent Soloselbstständige. Jedes Jahr reduziert sich diese Anzahl um etwa 100.000. Laufen ihre Geschäfte schlecht, ist ein großer Teil der Wirtschaft bedroht. Das zeigt sich seit Monaten bereits in Minuszahlen der Geschäftsklimaindexe und nun im beginnenden Herbst ganz deutlich für den Spätsommer 2024. Vielerorts meldeten die Selbständigen im Dienstleistungsbereich oder im Einzelhandel rückläufige Umsätze.

Schlechte Geschäfte für Selbstständige

Der Rückgang fiel sogar stärker aus als in der Gesamtwirtschaft. „Ein zentrales Problem bleibt der Auftragsmangel“, sagt ifo-Expertin Katrin Demmelhuber. „Aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit sind sowohl Großunternehmen als auch Konsument*innen mit Aufträgen zurückhaltend.“

Der Jimdo-ifo Geschäftsklimaindex, der Angaben speziell für Soloselbstständige und Kleinstunternehmen macht, liegt im August bei einem Minus von 18,4 Punkten. Einen Monat zuvor war er zwar auch bereits deutlich im Minus und deutlich schlechter als die Gesamtwirtschaft, aber immerhin lag er noch bei minus 13,4 Punkten. So beurteilen die Befragten ihre aktuelle Lage mit minus 12,8 Punkten auch deutlich schlechter als im Vormonat (minus 6,6 Punkte).

Selbstständige im Abwärtssog der Gesamtwirtschaft

Die Wirtschaftsforscher des Münchner ifo Instituts, die den Index gemeinsam mit dem Internetdienstleister Jimdo herausgeben, sprechen von einem Abwärtssog der Gesamtwirtschaft, in dem sich die Kleinstunternehmen befinden. Denn auch die großen Unternehmen zeigen keine optimistischen Wirtschaftswerte. Dennoch liegen sie über den KMU und weisen auch kein derart starkes Minus auf. „Die Selbständigen können sich dem Abwärtssog der Gesamtwirtschaft nicht entziehen“, sagt ifo-Expertin Katrin Demmelhuber. „Aktuell lassen sich kaum Anzeichen für Optimismus erkennen.“

Selbstständige sehen weiter schwarz

Deutlich wird der starke Pessimismus der Selbstständigen auch in den Erwartungen auf die kommenden Monate. Denn auf diese blicken sie im August deutlich zurückhaltender. Ihre Geschäftserwartungen liegen derzeit bei minus 23,8 Punkten, verglichen mit minus 20 Punkten im Vormonat. So lautet auch das Statement von Matthias Henze, CEO von Jimdo, zu den neuen Index-Werten: „Jetzt spitzt sich ihre Lage weiter zu.“

Die verschiedenen Wirtschaftsbereiche der Selbstständigen zeigen doch auch Unterschiede in der abwärts zeigenden Entwicklung.

Betrachtet man die einzelnen Branchen, so ist das Baugewerbe beim Geschäftsklima noch etwas stabiler als das verarbeitende Gewerbe, das das größte Minus aufweist. Einzelhandel und Dienstleister folgen diesem Trend.

Deshalb mahnt nun auch Andreas Lutz, Vorstand des Verbands der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD), der die Befragung der Unternehmen mit weniger als neun Mitarbeitern bewertet, dass nun die Politik viel Arbeit hätte, im Sinne der kleinen Unternehmen tätig werden müsse. „Die Wirtschaft hat sich in der Sommerpause nicht auf magische Weise erholt. Sie leidet weiterhin an einem Übermaß an Bürokratie und Rechtsunsicherheit“, kommentiert er.

Seit August 2021 berechnet das ifo Institut den Jimdo-ifo-Geschäftsklimaindex für Soloselbständige und Kleinstunternehmen (weniger als 9 Mitarbeiter*innen). Wie im Gesamtindex sind alle Sektoren abgebildet. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf dem Dienstleistungssektor.

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Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

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