Bundeskanzler Olaf Scholz hat zufrieden auf das Ergebnis der Landtagswahl in Brandenburg reagiert. Vor einem Gespräch mit dem kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro in New York sagte er auf die Frage eines Journalisten, wie die Stimmung in einer Telefonschalte des SPD-Präsidiums zu den Prognosen gewesen sei: "Gut, natürlich." Auch aus seinem Umfeld hieß es, der Kanzler sei "durchaus zufrieden". Ausführlicher will Scholz die Wahl Montag bewerten.
Scholz hatte in New York am UN-Zukunftsgipfel teilgenommen und sich dann gegen 17 Uhr von der deutschen Botschaft an der First Avenue in Manhattan ins Berliner Willy-Brandt-Haus schalten lassen, um über die ersten Prognosen zu beraten. Anschließend sah er sich die Wahlergebnisse im Fernsehen an. Den ersten Hochrechnungen zufolge ist die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke wieder stärkste Partei geworden und kann wie bisher immer seit 1990 die Regierung bilden.
SPD will mit Olaf Scholz in die Wahl 2025 gehen
Partei-Chef Lars Klingbeil hat sich nach dem Erfolg seiner Partei bei der Brandenburg-Wahl hinter Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten gestellt. «Wir wollen mit Olaf Scholz in die Bundestagswahl gehen. Da sind wir sehr klar», sagte Klingbeil beim TV-Sender Phoenix. Gleichwohl wisse die SPD aber auch, dass sie «noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen» habe. «Da kommen schwierige Aufgaben auf uns jetzt auch zu», sagte Klingbeil. Es gehe um das Programm und die Organisation des Wahlkampfs sowie um eine klare und unmissverständliche Haltung der Sozialdemokratie.
Die außerordentliche Aufholjagd der SPD in Brandenburg ändere die Lage für die Bundespartei nicht gravierend, machte der Parteichef klar. «Die Probleme, die wir auf Bundesebene haben und das, was wir schaffen wollen nächstes Jahr für die Bundestagswahl, da ist auch nichts von weg. Wir haben hier schwierige Aufgaben zu meistern in den nächsten Wochen. Wir haben Dinge zu klären in den nächsten Wochen.»
Persönlicher Triumph des Ministerpräsidenten
Der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck hat den Erfolg der SPD bei der Landtagswahl vor allem auf die Arbeit von Regierungschef Dietmar Woidke zurückgeführt. "Dietmar Woidke hat alles reingeworfen, was ging. Es ist sein Erfolg", sagte Platzeck im ZDF. Der SPD sei in Brandenburg eine "sagenhafte Aufholjagd" gelungen. Aus seiner Sicht sei damit klar, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die SPD wieder als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl im nächsten Jahr führen werde. Platzeck war vor Woidke Ministerpräsident in Brandenburg. Der derzeitige Regierungschef hatte das Amt 2013 übernommen.
Bemerkenswert: Saskia Esken geht in Asche. Die in Teilen der Partei in der Kritik stehende SPD-Vorsitzende hat ihre Partei mit Blick auf den Bundestagswahlkampf zu Einigkeit aufgerufen. "Ich nehme Kritik an meiner Person ernst, wenn sie berechtigt ist und wenn sie auch vor allem unter uns vorgetragen wird. Das ist gar keine Frage", sagte sie am Sonntag in der ARD. Esken war mit Blick auf dem Wahlkampf der SPD in Brandenburg gefragt worden, ob ein SPD-Landesverband nur noch gewinnen könne, indem er sich maximal von der Bundes-SPD und dem SPD-Kanzler Olaf Scholz absetze. Esken sagte mit Blick auf Kritik an ihr: "Niemand ist ohne Fehl und niemand ist ohne Tadel. Und insofern, über solche Dinge müssen wir sprechen."
Esken gratulierte dem SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und seiner Brandenburg-SPD zu einer "grandiosen Aufholjagd". Sie forderte, die Voraussetzungen für eine weitere Aufholjagd im Bund zu schaffen wie bei der Bundestagswahl 2021. Dies habe die Partei geschafft, "weil wir zusammenstehen und weil wir gemeinsam agieren, weil wir die Probleme unter uns besprechen und nicht da draußen". Esken forderte: "Und da sollten wir uns auch in Zukunft wieder dran halten."
BSW aus dem Stand im Landtag
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sieht sein zweistelliges Ergebnis bei der Landtagswahl in Brandenburg als Signal, dass es sich als neue Partei etabliert hat. "Wir sind gekommen, um zu bleiben", sagte Co-Parteichefin Amira Mohamed Ali in Potsdam.
Im Gespräch mit Journalisten fügte sie hinzu: "Das gibt uns natürlich wirklich Rückenwind für die Bundestagswahl." Die Wahl in Brandenburg habe gezeigt, dass das BSW Themen anspreche, die den Menschen unter den Nägeln brennen. Der BSW-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Robert Crumbach, erinnerte daran, dass der Landesverband in Brandenburg erst vor fünf Monaten gegründet worden sei. "Das ist ein ganz großartiges Ergebnis", sagte Crumbach. "Ich bin sprachlos." Das BSW hatte den Prognosen von ARD und ZDF zufolge um die zwölf Prozent der Stimmen erreicht.
AfD: Gewonnen und dennoch nichts bewirkt
Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel sieht ihre Partei durch die Landtagswahl in Brandenburg weiter gestärkt. Als Grund für das Abschneiden der SPD nannte sie in der ARD die Unterstützung aus der CDU für Ministerpräsident Dietmar Woidke.
«Wir sind der Sieger des Abends und wir haben gesehen, dass hier lediglich taktisch abgestimmt wurde. Nicht umsonst hat sich ein Ministerpräsident (Michael) Kretschmer von der CDU hier auf den Weg gemacht, aus Sachsen nach Brandenburg zu reisen und die SPD zu unterstützen», sagte sie.
Sachsens CDU-Regierungschef Kretschmer hatte vor der Wahl seine Unterstützung für Woidke signalisiert. «Wichtig ist, dass hier die erste politische Kraft in diesem Land eine demokratische Partei ist, die über 34 Jahre lang diesem Land Stabilität gegeben hat», sagte er vergangene Woche bei einem gemeinsamen Termin in Cottbus.
Weidel sagte weiter, die AfD sei «extrem zufrieden mit dem Ergebnis», jedoch sei taktisch abgestimmt worden und Stimmen seien auf Woidke gegangen. Das müsse «man einfach so akzeptieren». Weidel sagte: «Es ist lediglich eine Etappe. Der Osten ist blau. Wir sind stärkste Kraft im Osten.»
Kanzler Olaf Scholz (SPD) sei mit einem blauen Auge davongekommen, sagte Weidel bei der Wahlparty ihrer Partei. Keine der Ampelparteien habe ein Interesse, jetzt Neuwahlen zu haben. «Also ich glaube nicht, dass es Neuwahlen gibt, sondern dass wir uns sehr konzentriert auf den Bundestagswahlkampf für den 28. September nächsten Jahres vorbereiten.» Es sei gut, dass die Grünen aus dem Landtag rausgeflogen seien. Dies sei eine klare Abstrafung. Ob die Grünen tatsächlich den Wiedereinzug verpassen werden, ist nach ersten Hochrechnungen allerdings noch unklar.
FDP nahe Null: Generalsekretär will Konsequenzen
Nach der Prognose zur Landtagswahl in Brandenburg hat FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai Konsequenzen angekündigt. "Es muss und es wird einen Herbst der Entscheidungen geben", sagte Djir-Sarai am Wahlsonntag in Berlin. Das Ergebnis für seine Partei sei "bitter" und "enttäuschend", auch wenn es absehbar gewesen sei. Die FDP werde das Ergebnis in ihren Gremien in den kommenden Tagen intensiv beraten, kündigte Djir-Sarai an. Nähere Details zu möglichen Konsequenzen nannte er zunächst nicht. Die Liberalen haben nach den ersten Hochrechnungen die Fünf-Prozent-Hürde klar verfehlt und würden damit wie bereits 2019 den Einzug den Potsdamer Landtag verpassen.
Djir-Sarai betonte, dass der Wahlkampf in Brandenburg auch vom Koalitionsstreit der Ampel in Berlin überlagert worden sei. Den Wahlkämpfern in Potsdam sei es auch deshalb schwer gefallen, "die Eigenständigkeit der FDP" herauszuarbeiten. Die Liberalen würden nun trotz schwieriger Ergebnisse "optimistisch und kämpferisch" nach vorne schauen, kündigte er an. In Brandenburg hätten die politischen Ränder und bundespolitische Themen im Fokus gestanden, erklärte Djir-Sarai. landespolitische Themen hätten es schwer gehabt.
Grünen müssen sich neu erfinden
Die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang will für den Bundestagswahlkampf Schlüsse aus den Wahlergebnissen im Osten ziehen. Es gebe einen negativen Trend "und da werden wir uns gemeinsam rauskämpfen", sagte Lang. Es müsse Vertrauen zurückgewonnen werden, das verloren gegangen sei. Für das schlechte Abschneiden der Grünen machte sie das gemeinsame Bemühen um Verhinderung der AfD verantwortlich. "Wenn nur noch taktisch Wählen im Vordergrund steht, also wer ist eigentlich das kleinere Übel neben der AfD, wird das zum Problem für alle demokratischen Parteien", so Lang.
Grünen-Co-Chef Omid Nouripour wies im ZDF auf die Zuspitzung der Wahl zwischen SPD und AfD hin, die seine Partei auch einen Preis gekostet habe. "Ich hoffe, dass wir wieder in Zeiten kommen können, wo auch Programme zentral sind und nicht nur taktisches Wählen." Beispielsweise sei der Klimaschutz gerade in Brandenburg ein zentrales Thema.