Politik

Der Pleitegeier kreist: Insolvenzen in Deutschland steigen auf Rekordwert

Traurige Höchstmarke: Fast 4000 Insolvenzen gab es alleine im 3. Quartal 2024. Zugleich schrumpft die deutsche Wirtschaft in 2024 um 0,2 Prozent.
10.10.2024 14:50
Aktualisiert: 10.10.2024 14:50
Lesezeit: 2 min
Der Pleitegeier kreist: Insolvenzen in Deutschland steigen auf Rekordwert
Zahl der Insolvenzen in Deutschland erreicht Höchststand seit 2010. (Foto: istockphote / franconiaphoto) Foto: franconiaphoto

Das ist Deutschlands aktueller Pleite-Rekord: Die Zahl der Firmenpleiten ist so groß wie seit 2010 nicht mehr. Nach Angaben des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ist die Zahl der Insolvenzen im dritten Quartal 2024 so hoch gelegen wie in keinem anderen Quartal seit 2010.

Neben der aktuellen Schwächephase der deutschen Wirtschaft spielten Nachholeffekte aus der Corona-Pandemie eine Rolle, sagte der Leiter der IWH-Insolvenzforschung, Steffen Müller. Damals sei die Zahl der Insolvenzen durch staatliche Stützungsprogramme künstlich niedrig gehalten worden. Viele der damals gestützten Unternehmen gerieten jetzt in Schwierigkeiten.

Im dritten Quartal 2024 sei mit 3.991 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ein Höchstwert der vergangenen 14 Jahre verzeichnet worden. Zuletzt habe im zweiten Quartal 2010 mit 4.071 Insolvenzen der Wert höher gelegen. Damals habe noch die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009 nachgewirkt, heißt es in einer Mitteilung des IWH.

Bundesregierung hatte Konjunkturprognose gesenkt

Am Mittwoch hatte die Bundesregierung die Konjunkturprognose gesenkt. Sie rechnet für das laufende Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betonte dabei, dass die Wirtschaft wieder stärker wachse, wenn die Maßnahmen der Wachstumsinitiative entschlossen und von allen umgesetzt würden. Die Bundesregierung setzt auf ihr Wachstumspaket mit Steuererleichterungen, Arbeitsanreizen und Strompreis-Vergünstigungen. Führende Wirtschaftsinstitute zeigten sich zuletzt jedoch skeptisch, ob das Paket überhaupt den nötigen Impuls bringen kann.

Seit Juni vergangenen Jahres liegt die Zahl der monatlichen Insolvenzen zum Teil deutlich über dem jeweiligen Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019. Im September verzeichnete das IWH 1.303 Insolvenzen, was um 44 Prozent über dem September-Durchschnitt vor der Pandemie gelegen habe. Allerdings sind die Zahlen von früheren Höchstständen noch entfernt. So gab es laut IWH in den Jahren 2003 und 2010 teilweise 2.000 Firmenpleiten pro Monat.

Ökonom und Politikberater: Keine schwere Rezession

Dennoch erlebe die Bundesrepublik derzeit keine schwere Rezession, sagte Lars Feld, Wirtschaftsprofessor und Berater von Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei RTL/ntv. "An sich ist die Substanz der deutschen Wirtschaft immer noch sehr gut." Unternehmen seien in unterschiedlichen Bereichen sehr innovativ unterwegs. Zudem sei die Finanzlage besser als in früheren Zeiten, als Deutschland der kranke Mann Europas gewesen sei.

Große Anstiege vor allem in Bayern und Baden-Württemberg

Im Vergleich zum dritten Quartal 2023 sei der Anstieg der Insolvenzen in den großen Bundesländern Bayern (+56 Prozent) und Baden-Württemberg (+42 Prozent) am stärksten gewesen. Bei den Branchen sei der Zuwachs im großen Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen mit 31 Prozent hoch gewesen. Kleinere Branchen, wie etwa das Grundstücks- oder Wohnungswesen, hätten mit 69 Prozent sogar einen noch größeren Anstieg verzeichnet.

Für seine Studie wertet das Institut die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus. Angesichts der Frühindikatoren rechnet das IWH in den kommenden Monaten mit weiter steigenden Insolvenzzahlen.

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt: Klingbeils Kraftakt mit zwei Haushalten und einem klaren Ziel
17.05.2025

Ein Kaltstart für Finanzminister Klingbeil: Treffen in Brüssel, die Steuerschätzung, Gespräche der G7 – alles binnen zwei Wochen. Der...

DWN
Politik
Politik Elon Musk: Der stille Umbau der USA in ein Tech-Regime
17.05.2025

Nie zuvor in der modernen Geschichte der USA hat ein einzelner Unternehmer derart tief in den Staat eingegriffen. Elon Musk, offiziell ohne...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up WeSort.AI: Wie künstliche Intelligenz die Mülltrennung revolutioniert
16.05.2025

Die Müllberge wachsen von Jahr zu Jahr, bis 2050 sollen es fast siebzig Prozent mehr Abfall sein. Die Brüder Johannes und Nathanael Laier...

DWN
Politik
Politik Zentralplanerisches Scheitern: Lukaschenkos Preiskontrolle lässt Kartoffeln verschwinden
16.05.2025

Die belarussische Regierung hat mit rigider Preiskontrolle einen der elementarsten Versorgungsbereiche des Landes destabilisiert....

DWN
Finanzen
Finanzen Philipp Vorndran: „Kaufen Sie Immobilien, Gold – und streuen Sie Ihr Vermögen global“
16.05.2025

Anleger müssen umdenken: Investitionsstratege Philipp Vorndran warnt im Gespräch mit Peter Frankl vor einem Kollaps des alten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Kleinaktionäre drängen auf Rückzug von VW-Chef Blume bei Porsche
16.05.2025

VW-Chef Blume steht zunehmend unter Druck: Kritik aus den eigenen Reihen bringt seine Doppelrolle ins Wanken. Wie lange kann er sich noch...

DWN
Finanzen
Finanzen Was sind alternative Investments? Whisky, Windpark, Private Equity – wie Sie abseits der Börse Rendite machen
16.05.2025

Alternative Investments gelten als Baustein für resiliente Portfolios. Doch was genau verbirgt sich hinter dieser Anlageklasse? Warum sie...

DWN
Politik
Politik Dobrindt: Grenzkontrollen markieren den Beginn eines Kurswechsels
16.05.2025

Innenminister Dobrindt setzt auf strengere Maßnahmen und schärfere Grenzkontrollen – ein klarer Kurswechsel in der Migrationspolitik....