Panorama

Menschenhandel: Rechte der Opfer in Deutschland oft unzureichend

Ein neuer Bericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte deckt die Herausforderungen auf, mit denen Opfer von Menschenhandel in Deutschland konfrontiert sind. Der Bericht beleuchtet die Branchen, in denen Menschenhandel häufig vorkommt, und fordert umfassende Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen.
27.10.2024 08:03
Lesezeit: 2 min

Opfer von Menschenhandel haben in Deutschland nach Meinung von Experten oft Schwierigkeiten, ihre Rechte durchzusetzen. Dies geht aus einem in Berlin veröffentlichten Bericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte hervor, der nach Angaben des Instituts erstmals alle verfügbaren Informationen zu diesem Thema bündelt, sowohl von Behörden als auch von Beratungsstellen.

Wo Menschenhandel auftritt

"Menschenhandel geschieht täglich in Deutschland, beispielsweise in der Pflege, im Haushalt, in der Prostitution, in der Landwirtschaft, der fleischverarbeitenden Industrie oder im Bauwesen," erklärte die Direktorin des Instituts, Beate Rudolf. Trotz der Vielfalt der Sektoren gilt: "Diese sind personalintensiv und erfordern keine speziellen Qualifikationen oder Sprachkenntnisse." Viele Betroffene bleiben im Verborgenen, da sie sich schämen, bedroht werden oder Angst vor Repressalien haben.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte wird vom Bund unterstützt und arbeitet unabhängig. Es beschäftigt sich mit der Forschung und Beratung zu Menschenrechten und unterstützt die Politik.

Wer betroffen ist

Bei sexueller Ausbeutung identifizierten Ermittler laut Bericht vor allem Betroffene aus Deutschland, Rumänien, Bulgarien, China, Ungarn, Thailand und Vietnam. Bei Beratungsstellen suchten vornehmlich Menschen aus Nigeria und anderen westafrikanischen Ländern Hilfe. Betroffene von Arbeitsausbeutung stammen überwiegend aus der Ukraine, Rumänien, Georgien, Bosnien und Herzegowina sowie Bulgarien.

Der Bericht, der künftig alle zwei Jahre veröffentlicht werden soll, erfasst Daten aus dem Zeitraum 2020 bis 2022. In diesem Zeitraum identifizierten die Ermittlungsbehörden 3.155 Betroffene, was im Durchschnitt fast drei pro Tag entspricht. Es ist jedoch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Auf einen männlichen Betroffenen kommen zwei weibliche. Bei sexueller Ausbeutung sind laut den Angaben mehr als 90 Prozent der Betroffenen Frauen, während im Bereich der Arbeitsausbeutung über die Hälfte Männer sind. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) ist fast jeder Vierte minderjährig.

Institut fordert besseren Schutz für Opfer

Deutschland müsse sich beim Schutz der Opfer von Menschenhandel verbessern, so das Institut. Es seien Verfahren notwendig, um sicherzustellen, dass diese überall identifiziert werden und schnell Zugang zu ihren Rechten erhalten, betonte Naile Tanis, die beim Institut die Berichterstattungsstelle Menschenhandel leitet.

Betroffene haben, sobald sie als solche identifiziert sind, das Recht auf Zeit, um sich von ihren Erfahrungen zu erholen und über eine mögliche Zusammenarbeit mit den Behörden nachzudenken. Allerdings verfügen laut Bericht nur die Hälfte aller sechzehn Bundesländer über spezielle Schutzunterkünfte. Zudem hängt das Aufenthaltsrecht in Deutschland von der Kooperation mit den Ermittlungsbehörden ab, wobei die Hürden hierbei hoch sind. Das Institut plädiert unter anderem dafür, Betroffenen grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht zu gewähren und die Anzahl der Beratungsstellen zu erhöhen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...