Panorama

Cannabisgesetz: Mehrheit lehnt Cannabis-Legalisierung ab - das sind die Folgen

Seit der Einführung des Cannabisgesetzes berichten fast ein Drittel der Deutschen von einem Anstieg des Cannabiskonsums in ihrem Umfeld. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. Und positive Effekte sind laut Gewerkschaft der Polizei (GdP) auch keine zu erkennen. Gibt es nun Konsequenzen?
11.10.2024 08:37
Aktualisiert: 11.10.2024 08:37
Lesezeit: 2 min
Cannabisgesetz: Mehrheit lehnt Cannabis-Legalisierung ab - das sind die Folgen
Ein Joint mit Cannabis: Mit 55 Prozent hält eine knappe Mehrheit der Bundesbürger die Cannabis-Legalisierung für einen Fehler (Foto: dpa). Foto: Friso Gentsch

Dabei gaben 31 Prozent der Wahlberechtigten an, vermehrten Cannabiskonsum in ihrer Umgebung wahrzunehmen. Auch Polizeibeamte kommen zu ähnlichen Schlüssen. "Wir beobachten mehr Vorfälle im öffentlichen Raum und im Verkehr", sagt Alexander Poitz, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Mehrheit lehnt Legalisierung weiterhin ab

Mit 55 Prozent hält eine knappe Mehrheit der Bundesbürger die Cannabis-Legalisierung für einen Fehler. Lediglich 37 Prozent der Befragten begrüßen sie, während 8 Prozent der mehr als 2100 Teilnehmer keine Meinung dazu abgaben oder unschlüssig blieben.

Seit dem 1. April dürfen Erwachsene mit Einschränkungen legal kiffen. Erlaubt sind auch der Anbau von bis zu drei Pflanzen in Privathaushalten und die Aufbewahrung von maximal 50 Gramm Cannabis. Ab dem 1. Juli dürfen zusätzlich nicht-kommerzielle "Anbauvereine" mit bis zu 500 Mitgliedern starten, die vorher eine Erlaubnis beantragen müssen. Dort können Erwachsene Cannabis für den Eigenbedarf gemeinsam anbauen. Der kommerzielle Anbau bleibt verboten, mit Ausnahme von Medizinalcannabis. Bis Ende August waren laut einer dpa-Umfrage bereits über 280 Anträge bei den Landesbehörden eingegangen.

Polizeigewerkschaft sieht keine positiven Effekte

Ein Ziel des Cannabisgesetzes der Ampel-Regierung war es, den Schwarzmarkt durch die Legalisierung einzudämmen. Die GdP äußert jedoch erhebliche Zweifel daran. "Es war ein Fehler, ein Gesetz zu erlassen, das die Verantwortung für ein Rauschmittel ausschließlich den Bürgern überlässt", so Poitz. Er plädiert für ein stärker staatlich kontrolliertes Konzept anstelle der derzeitigen Regelungen, die den Kommunen komplexe Auflagen auferlegen, wie etwa das Verbot des Cannabiskonsums in der Nähe von Schulen.

Laut Poitz führt das Cannabisgesetz zu mehr Konsum und ist "handwerklich schlecht umgesetzt". Zudem hätten sich Strukturen der organisierten Kriminalität vergrößert, da Dealer nun größere Mengen Cannabis ohne großes Risiko verteilen könnten. Nach dem Gesetz dürfen Erwachsene bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis bei sich tragen.

Eine Reduzierung des Schwarzmarktes oder eine von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versprochene Entlastung der Polizei sei bisher nicht erkennbar, so Poitz. Es sei zwar denkbar, dass in den kommenden Monaten mehr Konsumenten die Hürden für die Gründung eines Anbauvereins überwinden. Doch da das Kiffen in der Öffentlichkeit zwar legal ist, Touristen und Nicht-Ansässige jedoch keine Vereinsmitglieder werden können, werde der Schwarzmarkt weiterhin von der Nachfrage profitieren.

Bundesinnenministerium verteidigt Maßnahmen

Auf Anfrage erklärte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums, man habe bei der Ausarbeitung des Cannabisgesetzes besonders Wert auf Sicherheit, wirksame Kriminalitätsbekämpfung und Jugendschutz gelegt.

Ob diese Ziele erreicht wurden, bezweifeln jedoch viele. Laut der YouGov-Umfrage äußerten 68 Prozent der Befragten Bedenken hinsichtlich des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Zusammenhang mit Cannabiskonsum. Nur 26 Prozent der Deutschen teilen diese Sorgen nicht.

Evaluierung der Auswirkungen für 2025 geplant

Da das Cannabisgesetz erst seit kurzer Zeit in Kraft ist, lassen sich laut Bundesinnenministerium noch keine fundierten Aussagen über die Auswirkungen auf das Bundeskriminalamt (BKA) treffen. Eine Evaluierung der Gesetzesfolgen, unter Beteiligung des BKA, der Bundespolizei und der Landespolizeien, sei jedoch für die zweite Hälfte des kommenden Jahres vorgesehen, so die Sprecherin. Ergebnisse könnten demnach erst nach der nächsten Bundestagswahl veröffentlicht werden. Das rechtliche Instrumentarium zur Bekämpfung des internationalen Cannabisschmuggels habe sich durch das neue Cannabisgesetz nicht verändert, was weiterhin eine effektive Bekämpfung der Organisierten Kriminalität gewährleiste.

Anfang Oktober wurde in Paris ein 22-Jähriger festgenommen, den Ermittler als "Schlüsselfigur" eines mutmaßlichen Drogenrings sehen. Dieser steht im Verdacht, für eine Serie von Explosionen verantwortlich zu sein, die in den letzten Monaten in Köln und anderen Städten stattfanden. Laut den Ermittlungen waren Bandenauseinandersetzungen der Auslöser, nachdem in einer Lagerhalle in Hürth eine große Menge Cannabis gestohlen wurde. Auch zwei Geiselnahmen stehen im Zusammenhang mit diesem Vorfall.

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