Seit der Anhebung der Kappungsgrenze im DAX von 10 auf 15 Prozent im Jahr 2024 steht dieses Thema im Mittelpunkt der Diskussionen rund um die deutsche Börsenlandschaft. Die Änderung hat sowohl Auswirkungen auf den Markt als auch auf Indexfonds, wobei Unternehmen wie SAP als Beispiel dienen, wie sich die neuen Regeln auswirken können.
Kappungsgrenze DAX: Erklärung
Die DAX-Kappungsgrenze regelt, welchen maximalen Anteil ein einzelnes Unternehmen in den DAX-Indizes (DAX, MDAX, SDAX und TecDAX) haben darf. Vor 2024 lag diese Grenze bei 10 Prozent. Das führte dazu, dass große Konzerne bei starken Kursanstiegen regelmäßig gekappt werden mussten. Mit der Einführung der neuen Kappungsgrenze von 15 Prozent, die im März 2024 in Kraft trat, sollen sich diese Eingriffe verringern und den betroffenen Unternehmen mehr Spielraum geben.
Die Kappungsgrenze soll verhindern, dass wenige Unternehmen den Index dominieren und so unverhältnismäßig viel Kapital auf sich ziehen. Gerade im DAX, dem Leitindex der deutschen Börse, sorgt eine zu hohe Konzentration auf einzelne Konzerne für Ungleichgewichte und könnte kleinere Unternehmen benachteiligen. Damit soll das sogenannte Klumpenrisiko verringert werden.
Mit dieser Kappungsgrenze gleicht STOXX die DAX-Familie an internationale Standards an - ist das nur gut gemeint oder auch gut gemacht?
Warum wurde die Kappungsgrenze im DAX angehoben?
Im Zuge der wachsenden Kritik und Marktveränderungen war die Anhebung der Kappungsgrenze eine notwendige Anpassung. In den vergangenen zehn Jahren kam es im DAX zu insgesamt 38 Kappungen bei vier Unternehmen, darunter die SAP-Aktie, die Linde-Aktie, die Siemens-Aktie und die Bayer-Aktie. Keines dieser Unternehmen hatte jedoch den 15-Prozent-Schwellenwert erreicht. Die Anhebung der Kappungsgrenze soll der wachsenden Bedeutung großer Konzerne Rechnung tragen und den deutschen Leitindex an internationale Standards anpassen. So haben etwa der französische CAC 40 und der italienische FTSE MIB ebenfalls Kappungsgrenzen von 15 Prozent.
Für Investoren bedeutet dies mehr Flexibilität und weniger Verkaufszwänge, sobald eine Aktie die Kappungsgrenze überschreitet. Dies ist auch ein Signal an Unternehmen, wie es beim Rückzug von Linde aus dem DAX deutlich wurde. Nachdem Linde 2023 aufgrund der alten Kappungsgrenze die Hauptnotierung in New York wählte, wurde die Anpassung als Maßnahme gesehen, um ähnliche Abwanderungen in Zukunft zu verhindern.
SAP-Aktie aktuell: Ein Beispiel für die DAX-Kappungsgrenze
Ein besonders aktuelles Beispiel für die neue Kappungsgrenze ist der Softwarekonzern SAP. Mit einem Marktwert von knapp 260 Milliarden Euro hat SAP im Oktober 2024 die neue Grenze von 15 Prozent im DAX erreicht. Der Aktienkurs des Unternehmens stieg im Laufe des Jahres rasant an, von 130 Euro auf über 212 Euro pro Anteilsschein Mitte Oktober 2024.
Damit ist SAP das erste Unternehmen, das von der neuen DAX-Kappungsgrenze betroffen ist. Sollte SAP auch nach der nächsten Indexüberprüfung im DAX mehr als 15 Prozent des deutschen Aktienindex ausmachen, sind Indexfonds und ETFs, die den DAX abbilden, gezwungen, Anteile zu verkaufen, um den Anteil auf den zulässigen Wert zu reduzieren. Das hat Folgen für Anleger.
Dadurch, dass ETFs und aktive Fonds die SAP-Aktie verkaufen müssen, könnte kurzfristig Druck auf den Aktienkurs entstehen, da der automatische Verkauf großer Mengen von Aktien den Kurs belasten könnte.
Dieser Mechanismus verhindert also eine Dominanz großer Konzerne im DAX, sorgt aber gleichzeitig dafür, dass starke Kursgewinne teilweise "bestraft" werden. Für Anleger stellt sich die Frage, ob dies den SAP-Kursverlauf beeinflusst oder ob die SAP-Aktie weiterhin ihren Höhenflug fortsetzen kann.
Die SAP-Quartalszahlen vom 21. Oktober und der damit verbundene Einblick in die zukünftige Entwicklung des Unternehmens hat kurzfristig jedenfalls den größeren Einfluss auf den SAP-Aktienkurs.
SAP-Quartalszahlen: Trotz Wirtschaftsschwäche mehr operativer Gewinn erwartet
Trotz angespannter Wirtschaftslage hat SAP im dritten Quartal in vielen Regionen deutlich mehr verdient. Nun setzt sich der deutsche Softwarekonzern für das Gesamtjahr höhere Ziele. In den drei Monaten Juli bis September kletterte der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern im Jahresvergleich unerwartet kräftig um 27 Prozent auf 2,24 Milliarden Euro, wie das DAX-Schwergewicht nach US-Börsenschluss mitteilte. Das war auch mehr als von Analysten zuvor erwartet.
Der Umsatz mit Cloudangeboten zog im dritten Quartal um ein Viertel an, auch die vorliegenden Buchungen für die kommenden zwölf Monate stiegen weiter spürbar. Insgesamt legte der Konzernumsatz um 9 Prozent auf 8,47 Milliarden Euro, der Nettogewinn lag mit 1,44 Milliarden Euro 13 Prozent höher. Anleger zeigten sich erfreut. Die in New York notierten SAP-Hinterlegungsscheine legten im nachbörslichen Geschäft in einer ersten Reaktion um 4 Prozent zu. Für die Obergrenze von Aktien kann das ein Problem werden.
Gewichtungsobergrenze: Auswirkungen auf ETFs und Indexfonds
Die Anhebung der Kappungsgrenze hat auch erhebliche Auswirkungen auf Indexfonds und ETFs, die den DAX abbilden. Fonds, die gemäß der Ucits-Richtlinie reguliert sind, dürfen maximal 10 Prozent ihres Volumens in einen Einzelwert investieren. ETFs, die einen Index wie den DAX nachbilden, können jedoch bis zu 20 Prozent in einen Einzelwert anlegen, solange sie die Kappungsgrenze einhalten. Diese Regelung ermöglicht es Fonds, von Kursgewinnen großer Unternehmen wie SAP zu profitieren, ohne gegen regulatorische Vorgaben zu verstoßen.
Die Frage, ob eine Kappungsgrenze für den DAX sinnvoll ist, bleibt deshalb umstritten. Befürworter argumentieren, dass sie eine ungewollte Dominanz einzelner Titel verhindert und das Risiko auf mehrere Schultern verteilt. Dies erhöht die Liquidität kleinerer Werte und sorgt für eine gleichmäßigere Verteilung des Kapitals. Kritiker hingegen bemängeln, dass eine zu strikte Begrenzung die natürliche Entwicklung von Aktienkursen hemmt und zu unnatürlichen Verkaufszwängen führt. Dies war unter anderem der Grund, warum Linde sich 2023 von der deutschen Börse verabschiedete.
Letztlich hängt die Einschätzung der Kappungsgrenze auch von der jeweiligen Anlagestrategie ab. Während passiv verwaltete Fonds strikt an die Kappungsgrenze gebunden sind, können aktiv verwaltete Fonds flexibler agieren. Doch genau hier sehen Fondsanbieter wie die Union Investment einen Nachteil: Sie können nicht so stark in Titel investieren, die über 10 Prozent des Index hinauswachsen, und verpassen so möglicherweise wertvolle Kursgewinne.
Kappungsgrenze: Vorteile
- Ungewollte Dominanz von Einzelaktien wird verhindert
- Liquidität kleinerer Werte wird erhöht
- Kapital bei einem Indexinvestment wird besser auf den Index diversifiziert
Kappungsgrenze: Nachteile
- Strikte Kursbegrenzung hemmt die natürliche Entwicklung von Aktienkursen
- Es werden unnatürliche Verkäufe erzwungen
- Passive ETFs müssen sich strikter an die Kappungsgrenze halten als aktive Fonds
Fazit: Ist die neue DAX-Kappungsgrenze gut oder schlecht?
In der Vergangenheit hat sich Linde von der deutschen Börse verabschiedet, weil die Kursdeckelung für DAX-Aktien bei 10 Prozent lag. Die neue DAX-Kappungsgrenze von 15 Prozent sorgt folglich dafür, dass dieses Risiko sinkt. Anleger dürfen also vermutlich auch in Zukunft an der deutschen Börse in die SAP-Aktie investieren.
Insgesamt bringt die Anpassung viele Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich. Die neue Kappungsgrenze soll die Risikoverteilung verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit des DAX stärken, birgt jedoch die Gefahr, dass stark wachsende Unternehmen wie SAP in ihrem Kursanstieg (trotz der Erhöhung weiterhin) gebremst werden. Anleger sollten diese Entwicklung im Auge behalten, besonders im Hinblick auf Quartalszahlen und Zukunftspläne von werthaltigen Unternehmen.