Keine Benzin- oder Dieselfahrzeuge mehr? Die EU hat im März 2023 eine folgenschwere Entscheidung getroffen: Um die Pariser Klimaziele zu erreichen und den CO₂-Ausstoß im Verkehrssektor drastisch zu senken, sollen ab 2035 keine neuen Benzin- oder Dieselfahrzeuge mehr zugelassen werden. Doch trotz dieser ambitionierten Pläne bleibt der Verbrennungsmotor das Herzstück auf deutschen Straßen. Anfang 2024 waren laut Autobild rund 35 Millionen Benziner und 14 Millionen Diesel unterwegs – im Vergleich zu nur 1,4 Millionen Elektroautos. Kein Wunder also, dass das geplante Verbot auf massiven Widerstand stößt.
Wertverlust und Unsicherheit: Warum das Verbrenner-Aus viele Autobesitzer nervös macht
Eine aktuelle Umfrage von Autoscout24 zeigt: 44-Prozent der rund 1.000 Befragten wollen das Verbot kippen, während nur 17-Prozent es unterstützen und 26-Prozent eine Verschiebung befürworten. Viele Verbraucher sind verunsichert, insbesondere wegen der unsicheren Preisentwicklung auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Stellen Sie sich vor: Ein Familienvater hat gerade in einen älteren Diesel investiert. Nun muss er zusehen, wie der Wert seines Autos rapide sinkt, weil die Nachfrage einbricht.
Zwar dürfen Bestandsfahrzeuge zunächst weiterhin auf der Straße bleiben, jedoch könnten schärfere Schadstoffvorgaben bald auch ältere Modelle betreffen. Der ADAC warnt, dass vor allem ältere Diesel der Euro-Normen 4 und 5 von „zonalen oder streckenbezogenen Fahrverboten“ bedroht sein könnten.
Politischer Gegenwind: Die AfD fordert eine Überprüfung des Verbrenner-Verbots
Auch politisch regt sich Widerstand, vor allem von der AfD. In einem Antrag im Bundestag fordert die Partei, dass Verbrennungsmotoren auch nach 2035 weiterhin zugelassen werden. Sie bezeichnet die EU-Entscheidung als „fatalen Fehler“, der „Deutschland viel Wohlstand kosten wird“, und drängt darauf, die Pläne zu überdenken, um weiteren Fehlentscheidungen auf europäischer Ebene vorzubeugen.
Ihr zentrales Argument: Der Verlust von Arbeitsplätzen. Laut Studien des ifo Instituts könnten zwischen 215.000 und 290.000 Jobs in der deutschen Automobilindustrie wegfallen – bis zu 37-Prozent der Belegschaft. Die AfD macht für diese Entwicklung die "erzwungene Transformation zur Elektromobilität" durch politische Vorgaben verantwortlich.
Die Rolle von E-Fuels: Hoffnungsträger für den Verbrennungsmotor?
Es ist nicht zu leugnen: Tausende Beschäftigte in der Branche müssen sich auf einen tiefgreifenden Wandel einstellen. Ein 40-jähriger Produktionsmitarbeiter eines Automobilwerks beschreibt seine Sorge: „Ich habe hier meine Lehre gemacht und seit zwei Jahrzehnten an Benzinmotoren gearbeitet. Wenn das Verbot kommt, was wird aus mir und meinen Kollegen?“
Doch es gibt eine potenzielle Lösung, die den klassischen Motor retten könnte: E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe. E-Fuels werden aus Wasserstoff und CO₂ hergestellt, das direkt aus der Atmosphäre entzogen wird. Da sie bei der Verbrennung nur so viel CO₂ freisetzen, wie für ihre Produktion genutzt wurde, gelten sie als klimaneutral. Theoretisch könnte diese Technologie es ermöglichen, herkömmliche Verbrennungsmotoren über 2035 hinaus umweltfreundlich zu betreiben, ohne einen vollständigen Wechsel zu Elektroautos nötig zu machen. Der ADAC „sieht mit solchen modernen Kraftstoffen die Möglichkeit eröffnet, sowohl Millionen von Bestandsfahrzeugen mit Diesel- und Benzinmotoren als auch Neufahrzeuge klimaneutral zu machen.“
Allerdings bleibt die Frage: Wie realistisch ist diese Alternative?
Die EU-Kommission, unter der Leitung von Ursula von der Leyen, zeigt sich offen dafür, Neuwagen mit E-Fuels zu betreiben. Wie dies konkret umgesetzt werden soll, ist jedoch noch unklar. Eine mögliche Lösung wäre, dass zukünftige Fahrzeuge mit einer speziellen „Abschaltvorrichtung“ ausgestattet werden, die den Betrieb mit fossilen Kraftstoffen verhindert.
Trotz dieser vielversprechenden Ansätze gibt es Bedenken: Momentan sind die Produktionskapazitäten für synthetische Kraftstoffe stark begrenzt und die Herstellung erfordert einen hohen Energieaufwand. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung warnt, dass die prognostizierte Menge an E-Fuels bis 2035 nicht ausreichen wird, um den Bedarf in der Schifffahrt und Luftfahrt zu decken – ganz zu schweigen vom Automobilsektor. Hinzu kommt das Preisproblem: Aktuell kostet ein Liter E-Fuel 3,50 €, was ihn für den Massenmarkt unerschwinglich macht.
Ein Hoffnungsträger für den Verbrennungsmotor bleiben E-Fuels dennoch. Namhafte Akteure wie Porsche, Bosch und Toyota setzen bereits auf E-Fuels und investieren intensiv in Forschung und Entwicklung. Ihr Ziel ist es, den klassischen Motor über 2035 hinaus zu bewahren und eine Brücke zwischen traditioneller und moderner Mobilität zu schlagen. Diese „technologieoffene“ Strategie könnte zumindest einen sanfteren Übergang ermöglichen, anstatt den Verbrennungsmotor abrupt abzuschaffen.