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Chancen durch Börsengang: IPO zur unternehmerischen Weiterentwicklung – und wie es gelingt!

Ein Börsengang bietet Unternehmen neue Chancen: Von der Kapitalbeschaffung bis zur Expansion. Welche Möglichkeiten ein IPO eröffnet und wie Unternehmen diesen Schritt erfolgreich meistern.
10.11.2024 11:06
Lesezeit: 10 min
Chancen durch Börsengang: IPO zur unternehmerischen Weiterentwicklung – und wie es gelingt!
Ein Börsengang, auch als Initial Public Offering (IPO) bezeichnet, ist einer der bedeutendsten finanziellen Schritte für Unternehmen. (Foto: iStock.com, DariaRen) Foto: DariaRen

Ein Börsengang, auch bekannt als Initial Public Offering (IPO), stellt eine der wichtigsten finanziellen Meilensteine für Unternehmen dar. Der Schritt an die Börse bietet aber nicht nur die Möglichkeit, frische Finanzmittel zu generieren, sondern eröffnet auch ein weites Spektrum an Chancen für die strategische Weiterentwicklung eines Unternehmens.

Doch der Weg zum IPO ist komplex und erfordert eine gründliche Vorbereitung sowie eine klare Vision. Auch muss man zwischen den Chancen und Risiken abwägen, denn nicht immer gelingt dieser auf Anhieb. Vor allem an der erhöhten Transparenz, die langfristig geliefert werden muss, scheiden sich die Geister. Aber auch die neue Denkrichtung des Kapitalmarktes – hin zu Kapitalrendite, Wachstum und Shareholder Value – muss verstanden sein.

Die potenziellen Vorteile eines Börsengangs könnten dennoch überwiegen und die kritische Schwelle vom Mittelständler zum Großkonzern überschreiten lassen. Diese sollen im Folgenden näher beleuchtet werden. Dabei wird auch ein Blick darauf geworfen, wie Unternehmen diesen Schritt erfolgreich umsetzen können, um langfristig von den sich daraus ergebenden Chancen zu profitieren.

Warum ein Börsengang? Die Chancen des IPO

Für Unternehmen, die stark gewachsen sind und neue Wege der Kapitalbeschaffung suchen, kann ein Börsengang eine attraktive Option sein. Man unterscheidet zwischen einem reinen Listing und einem echten Börsengang, dem IPO. Beim Listing wird ein Unternehmen lediglich an der Börse notiert. Ein IPO dagegen ist umfangreicher. Er geht mit einer Kapitalerhöhung und dem Verkauf von Unternehmensanteilen einher.

Einer der offensichtlichsten Vorteile eines Börsengangs ist die Möglichkeit, durch den Verkauf von Aktien nicht unerhebliche finanzielle Mittel zu generieren. Diese können dann für verschiedene Zwecke eingesetzt werden, wie die Finanzierung der Unternehmensexpansion, Akquisitionen, die Erschließung neuer Märkte oder die Steigerung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten.

Kapital, das über den Verkauf von Unternehmensanteilen über die Börse aufgenommen wird, hat dabei den Vorteil, dass es nicht – wie bei Bankkrediten oder Anleihen üblich – zurückgezahlt werden muss. Das schafft letztlich finanziellen Spielraum. Auch für die Zukunft sieht es besser aus: Es müssen über die Jahre keine festen Zinsen gezahlt werden. Schließlich handelt es sich um Eigenkapital, das die Bilanz stärkt. Ist man zudem an der Börse notiert, erscheinen spätere Finanzierungen über Kapitalerhöhungen oft leichter.

Darüber hinaus bietet ein Börsengang auch die Möglichkeit, die Sichtbarkeit und den Bekanntheitsgrad eines Unternehmens zu erhöhen. Die Öffentlichkeit und insbesondere Investoren werden jetzt auf das Unternehmen aufmerksam, was nicht nur potenzielle neue Investoren und Kunden anziehen, sondern auch die Beziehungen zu bestehenden Geschäftspartnern und Kunden stärken kann. Bessere Geschäftsbeziehungen und eine höhere Glaubwürdigkeit am Markt können zu neuen Wachstumschancen verhelfen. Man denke nur an Fielmann, dessen Börsengang 1994 noch Jahre später für viel zusätzliche Aufmerksamkeit sorgte und einen Grundstein für die heutige globale Expansion darstellt. Die Tatsache, dass ein Unternehmen die strengen regulatorischen Anforderungen eines Börsengangs erfüllt, gilt dabei als Beweis für seine Solidität und langfristige Wachstumsfähigkeit.

Zu unterscheiden ist allerdings zwischen dem geregelten Markt und dem ungeregelten Freiverkehr (Open Market). Ersterer ist ein reguliertes und stark überwachtes Marktsegment, das europäischen Richtlinien unterliegt. Hier gelten strenge Zulassungs- und Folgepflichten (z.B. umfangreiche Finanzberichterstattung). Er richtet sich somit tendenziell an größere Unternehmen und umfasst beispielsweise den Prime Standard und den General Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse. Der Freiverkehr oder Open Market hingegen ist ein weniger regulierter Markt, der von den Börsen selbst organisiert wird und geringere Anforderungen stellt. Er ist flexibler und eignet sich auch für kleinere Unternehmen oder solche, die eine niedrige Eintrittsbarriere wünschen. Beispiele sind das Scale-Segment der Deutschen Börse oder das Quotation Board. Insbesondere für junge, wachstumsorientierte, aber auch mittelgroße Unternehmen ist der Open Market eine attraktive Alternative.

Ein weiterer wichtiger Vorteil des Börsengangs ist die Schaffung eines liquiden Marktes für die Unternehmensanteile. Insbesondere für die Gründer, frühen Investoren und Mitarbeiter, die oft jahrelang für den Erfolg des Unternehmens gearbeitet haben, bietet der Börsengang die Möglichkeit, ihre Anteile zu Geld zu machen – eine Belohnung für die jahrelange Arbeit und das eingegangene Risiko. Darüber hinaus kann die Ausgabe von Aktien ein wirksames Mittel sein, um talentierte Mitarbeiter zu halten oder am Markt zu gewinnen. Aktienoptionen als Teil des Vergütungspakets gelten als attraktiv. Sie stärken nicht nur die Loyalität, sondern fördern auch das langfristige Engagement und die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen.

Der IPO als Mittel zur Weiterentwicklung: Chancen für Innovation und Expansion

Der Kapitalzufluss durch einen erfolgreichen Börsengang eröffnet weitreichende Möglichkeiten für die strategische Weiterentwicklung eines Unternehmens. Mit ausreichenden finanziellen Mitteln können Unternehmen ihre Innovationskraft ausbauen und in neue Technologien investieren. Insbesondere in technologiegetriebenen Branchen, in denen die Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen kostenintensiv ist, kann ein Börsengang das notwendige und mitunter kritische Kapital bereitstellen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder sogar zu steigern – ein Prozess, der entscheidend ist, um sich gegenüber Wettbewerbern zu behaupten und Marktanteile zu gewinnen. Die Erweiterung des eigenen Ökosystems oder die Verbesserung bestehender Produkte können stärker in den Fokus rücken.

Darüber hinaus ermöglicht ein Börsengang die Umsetzung größerer strategischer Initiativen wie Fusionen und Übernahmen. Mit den Mitteln aus dem Börsengang können Unternehmen beispielsweise leichter Wettbewerber akquirieren oder in verwandte Geschäftsfelder expandieren – anorganisches Wachstum eben. Marktanteile können ausgebaut und das eigene Geschäftsmodell breiter aufgestellt werden. Darüber hinaus bietet der Börsengang die Möglichkeit, auf dem globalen Markt sichtbarer zu werden und internationale Investoren und Kunden zu gewinnen. Gerade für Unternehmen, die an der Schwelle zur Internationalisierung stehen, kann der Schritt an die Börse den Weg ebnen, sich in neuen Märkten zu positionieren und Wachstumschancen zu nutzen. Stellt sich schließlich profitables Wachstum ein, werden weitere Investoren aufmerksam. Der Aktienkurs steigt und weitere Mittel können zu einem späteren Zeitpunkt zu höheren Kursen oder gegen Abgabe von weniger Aktien aufgenommen werden. So oder ähnlich sieht eine gute Spirale nach dem Börsengang aus, von der Unternehmen, Kunden und Stakeholder profitieren.

Die Vorbereitung auf den Börsengang: Eine strategische Entscheidung

Ein erfolgreicher Börsengang erfordert eine umfassende und sorgfältige Vorbereitung. Der Prozess beginnt oft mehrere Jahre vor dem eigentlichen IPO-Termin und umfasst eine Vielzahl strategischer, rechtlicher und finanzieller Überlegungen. Zunächst muss das Unternehmen sicherstellen, dass es über eine solide Geschäftsbasis verfügt. Dazu gehören die Stabilität des Geschäftsmodells, ein klarer Wachstumspfad und eine gesunde Finanzlage. Investoren interessieren sich vor allem für Unternehmen mit langfristigem Wachstumspotenzial und einem stabilen Ertragsmodell (wiederkehrende Erträge). Eine schlüssige Equity Story ist notwendig, um Investoren zu gewinnen. Aber auch Markttrends, die adressiert werden sollen und für schnelles Wachstum stehen, sollten Teil der zukünftigen Unternehmensstrategie sein.

Ein entscheidender Schritt ist nun die Wahl der richtigen Berater und Partner. Unternehmen, die einen Börsengang planen, arbeiten häufig mit Investmentbanken, Rechtsanwälten und auch Wirtschaftsprüfern zusammen, um sicherzustellen, dass der Prozess reibungslos verläuft und alle regulatorischen Anforderungen (Gesellschaftsform, Börsenprospekt etc.) erfüllt werden. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Investmentbank, die das Unternehmen nicht nur bei der Vorbereitung des Börsengangs unterstützt, sondern auch die Aktien bei Investoren platziert und damit entscheidend zum Erfolg des IPO beiträgt. Sie bildet die Schnittstelle zwischen Unternehmen und Markt.

Neben der Auswahl der Berater ist die interne Organisation des Unternehmens von entscheidender Wichtigkeit. Ein Börsengang erfordert eine transparente und straffe Corporate Governance. Die Prozesse müssen so gestaltet sein, dass sie den Anforderungen von Investoren und Aufsichtsbehörden gerecht werden. Dazu gehören unter anderem die Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards, die Etablierung eines effektiven Risikomanagements und die Verbesserung der internen Kontrolle. Aber auch Themen wie Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit sollten ausreichend berücksichtigt werden. Die Anforderungen an ESG-Themen dürfen von börsennotierten Unternehmen nicht heruntergespielt oder vernachlässigt werden. Sie werden auch an der Börse immer wichtiger und spielen eine immer größere Rolle bei der Kapitaleinwerbung. Für viele Unternehmen bedeutet dies letztlich eine tiefgreifende und zugleich herausfordernde Umstrukturierung, da sie sich von einem privaten zu einem öffentlichen Unternehmen entwickeln müssen.

Sind viele dieser Anforderungen im Vorfeld geregelt, beginnt die heiße Phase – die Phase der Preisfindung, Roadshow, Zeichnung und Erstnotiz.

Die Herausforderung der Bewertung: Den richtigen Preis finden

Eine der größten Herausforderungen bei einem Börsengang ist die Festlegung des richtigen Preises für die Aktien des Unternehmens. Es ist einer der entscheidenden Faktoren, der über Erfolg oder Misserfolg des Börsengangs entscheiden kann. Die Bewertung eines Unternehmens vor dem Börsengang erfolgt in der Regel durch eine Kombination von Finanzkennzahlen, Branchenvergleichen und Zukunftsprognosen. Investmentbanken und Finanzanalysten spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie das Unternehmen bei der Festlegung des richtigen Preises unterstützen. Aber auch das Unternehmen selbst hat ein Wörtchen mitzureden, wenn es darum geht, wie viele Aktien am Markt platziert werden sollen. Entscheidend ist jedoch, dass das Unternehmen seine zukünftige Ertragskraft realistisch einschätzt. Bereits vor der eigentlichen Roadshow – das sind Veranstaltungen für Investoren, bei denen sich der IPO-Kandidat näher vorstellt – erhalten die Investmentbanker ein gutes Gefühl dafür, wie groß das Interesse der Investoren an der Aktie sein könnte. Diese lassen sie in die Festlegung der Preisspanne für den künftigen Emissionspreis einfließen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, denn wenn der Preis zu hoch angesetzt wird, könnten sich die Investoren zurückhalten. Die Aktien würden dann nicht vollständig verkauft oder der Kurs würde nach dem Börsengang schnell fallen, was ein schlechtes Signal wäre. Ein zu niedriger Preis könnte hingegen bedeuten, dass das Unternehmen Kapital verschenkt und seine Aktien unter Wert verkauft. Steht die Preisspanne fest, geht das Management in den verbleibenden ein bis zwei Wochen auf Roadshow. Das Orderbuch der Konsortialbanken wird geöffnet und gefüllt. Der endgültige Ausgabepreis an der Börse bestimmt sich nach dem klassischen Gesetz von Angebot und Nachfrage. Ist die Aktie überzeichnet, werden alle Aktien platziert, und zwar zu einem hohen Preis. Hier zeigt sich, wie wichtig ein guter Preis ist. Ist er zu hoch, besteht die Gefahr, dass der Börsengang scheitert. Entscheidend für den Erfolg ist aber auch die Tagesform des Marktes. Ein einziger Crash des Gesamtmarktes am IPO-Tag kann dazu führen, dass trotz intakter Equity Story und hoher Nachfrage im Vorfeld keine oder nur wenige Aktien des IPO-Unternehmens nachgefragt werden. Das finanzielle Risiko für das IPO-Unternehmen ist somit nicht unerheblich. Schließlich fallen Kosten in Höhe von 6 bis 12 % des Bruttoemissionserlöses an – im schlimmsten Fall für nichts.

Investor Relations: Transparenz und Wachstum als Schlüssel zum Erfolg

Transparenz ist bereits vor dem IPO wichtig. Aber auch danach wird die Kommunikation mit den Investoren zu einem entscheidenden Faktor für den langfristigen Erfolg des Unternehmens an der Börse. Denn die Hauptaktionäre sind nun diejenigen, die am Markt die Richtung vorgeben. Werden sie enttäuscht, trennen sie sich von ihren Anteilen. Je nach Liquidität der Aktie kann der Kurs dann deutlich unter dem wahren Wert des Unternehmens liegen und zum Objekt der Begierde aktivistischer Investoren werden. Dies gilt es für das Management zu vermeiden.

Börsennotierte Unternehmen stehen unter ständiger Beobachtung von Analysten, Investoren und der breiten Öffentlichkeit. Eine transparente und proaktive Kommunikation ist daher unerlässlich, um das Vertrauen der Anleger immer wieder neu zu gewinnen und zu erhalten. Dazu gehört die regelmäßige Berichterstattung über die finanzielle Lage des Unternehmens, aber auch das Management von Erwartungen und die Offenlegung von Risiken. Zwischenzeitliche Pressemitteilungen oder Aktionärsbriefe können hier helfen, das Unternehmen verständlicher zu machen oder zukünftige Ereignisse frühzeitig offen anzusprechen. Dies schafft Transparenz und Vertrauen und kann verhindern, dass abrupte Kursbewegungen zu einer erhöhten Volatilität der Aktie führen. Nach dem Börsengang kommt der eigenen Investor Relations-Abteilung in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle zu. Ihre Aufgabe ist es, eine effektive Kommunikation mit den Investoren und Anlegern sicherzustellen und gleichzeitig die unternehmenseigene Aktie an der Börse vor übermäßiger Volatilität zu schützen.

Wichtiger als Transparenz durch Offenheit und Kommunikation ist jedoch die operative Entwicklung. Hier gilt es, das zu liefern, was den Investoren vor dem Börsengang versprochen wurde. Wer finanziell enttäuscht, wird es auch mit guter Kommunikation schwer haben. Der Fokus sollte auf zukünftigem Wachstum liegen – natürlich profitablem Wachstum. Ohne Wachstum hat ein Unternehmen an der Börse keine Daseinsberechtigung. Es ist das entscheidende Asset eines Unternehmens, das Unternehmer immer wieder in den Vordergrund stellen und auch liefern müssen. Spätestens jetzt sollte jedem klar sein, dass ein IPO nicht nur als Mittel zur kurzfristigen Kapitalbeschaffung zu sehen ist, sondern als langfristiges Bekenntnis gegenüber den neuen Aktionären. Denn diese bestimmen von nun an mit, wohin die Reise geht.

Die Risiken eines Börsengangs: Herausforderungen und Stolpersteine

Neben den zahlreichen Chancen, die ein Börsengang bietet, birgt er auch nicht unerhebliche Risiken. Eines der größten Risiken besteht – wie bereits erwähnt – darin, dass der Börsengang scheitert oder nicht den gewünschten Erfolg bringt. Dies kann, wie besagt, zu einem Vertrauensverlust bei Investoren, Kunden und Geschäftspartnern führen. Nicht zu vergessen ist die schwierige finanzielle Situation, die sich durch einen gescheiterten IPO ergibt. Rund zehn Prozent des Bruttoemissionserlöses können an Kosten anfallen, meist geht es in die Millionen. Ein IPO-Flop reißt da natürlich ein großes Loch in die Bilanz. War man zudem auf die Finanzspritze angewiesen, verschärft sich die Situation bei der Suche nach alternativem Kapital.

Aber auch nach einem erfolgreichen IPO werden die Risiken nicht geringer. Ein weiteres ist zum Beispiel die gestiegene Verantwortung und der Druck der Öffentlichkeit. Börsennotierte Unternehmen müssen nun – im geregelten Markt – regelmäßig über ihre finanzielle Situation berichten und stehen unter ständiger Beobachtung von Medien, Analysten und Investoren. Für so manch einem Manager kann dies zu einem gewissen Druck führen. Es müssen kurzfristige Ergebnisse geliefert werden, die langfristige strategische Entscheidungen erschweren.

Nicht zuletzt kann auch die Volatilität der Aktienmärkte zu unvorhersehbaren Schwankungen des Aktienkurses führen, die nicht immer in direktem Zusammenhang mit der Leistung des Unternehmens selbst stehen. Eine gute Kommunikation kann dieses Risiko zwar reduzieren, ein Restrisiko bleibt jedoch bestehen. Niedrige Aktienkurse bergen das Risiko, dass künftige Kapitalerhöhungen erschwert werden. Je nach Aktionärsstruktur und Streubesitz kann man auch selbst zum Übernahmekandidaten werden. Aber auch aktivistische Investoren können durch große Anteilserwerbe für unangenehme Überraschungen sorgen.

Der Punkt der externen Mitbestimmung ist bei einem Börsengang wesentlich. Einmal im Jahr muss sich das Management auf der Hauptversammlung sogar persönlich vor den Aktionären rechtfertigen. Dieses kostspielige Mega-Event ist aufwändig, komplex und teilweise auch anstrengend in der Durchführung. Sich als gestandener Manager plötzlich mit Kleinaktionären herumschlagen zu müssen, kommt am Ende einer persönlichen Herausforderung gleich. Aber auch die Kommunikation mit Großinvestoren und die Akzeptanz, dass diese plötzlich mitbestimmen, wie es weitergeht, gehören zu den neuen großen Herausforderungen. Nun werden die Forderungen nach Kapitalrendite und Wachstum von außen lauter – ebenso wie die nach Dividenden und Aktienrückkäufen. Hier sind die Unternehmen plötzlich gezwungen, ihre Schatulle zu öffnen, um die Investoren für ihre Risikobeteiligung zu entlohnen. Tun sie dies nicht, besteht die Gefahr niedriger Kurse und Bewertungen mit den zuvor beschriebenen Folgen.

Erfolgreicher Börsengang: Die langfristige Perspektive

Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Börsengang liegt in der langfristigen Perspektive. Unternehmen, die einen IPO planen, sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Börsengang nur der erste Schritt ist und der eigentliche Erfolg darin besteht, die Erwartungen der Investoren zu erfüllen und nachhaltig mit angemessener Kapitalrendite zu wachsen. Ein IPO ist nicht das Ziel, sondern der Beginn einer neuen Phase der Unternehmensentwicklung.

Unternehmen, die auch an der Börse langfristig erfolgreich sein wollen, müssen in der Lage sein, ihre Strategie laufend anzupassen und auf Veränderungen am Markt zu reagieren. Flexibilität, Innovationskraft und eine klare Vision sind dabei entscheidende Faktoren für den Erfolg nach dem Börsengang. Wem es gelingt, die durch den Börsengang zufließenden Mittel sinnvoll einzusetzen und das Vertrauen der Aktionäre und Investoren zu erhalten, der wird langfristig erfolgreich sein. Dabei gilt es vor allem zu akzeptieren, dass Wachstum und Kapitalrendite wichtige Themen an der Börse sind. Aber auch im Bereich des Shareholder Value wird der Ruf nach Dividenden und Aktienrückkäufen lauter. Beides muss maßvoll befriedigt werden.

Insgesamt bietet ein IPO nicht nur die Möglichkeit der Kapitalbeschaffung oder des Exits für Altaktionäre. Ein IPO kann auch weit mehr bedeuten als die Weichenstellung für eine erfolgreiche unternehmerische Zukunft. Es kann die Chance sein, aus einem mittelständischen Unternehmen einen Großkonzern zu formen. Unternehmen, die diesen Schritt gut vorbereitet angehen und die Risiken in Kauf nehmen bzw. gut managen, haben eine realistische Chance, ihr Wachstum zu beschleunigen, ihre Innovationskraft zu stärken und sich in einem globalen Markt besser zu positionieren. Der Markt wird dies langfristig erkennen und mit einer höheren Bewertung honorieren. Steigende Aktienkurse sollten dann an der Tagesordnung sein.

 

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Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

Frank Seehawer

                                                                            ***

Frank Seehawer ist freier Journalist und schreibt vor allem über Geldanlage, Börse und Aktien.

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