Welcher der beiden US-Präsidentschaftskandidaten – Kamala Harris oder Donald Trump – steht für eine Wirtschaftspolitik, die eher geeignet ist, gemeinsamen Wohlstand zu schaffen und die nationale Sicherheit der USA zu stärken? Letzte Woche habe ich gemeinsam mit 22 anderen Wirtschaftsnobelpreisträgern einen offenen Brief unterzeichnet, der eine einfache Antwort gibt: Vizepräsidentin Harris. Nur Harris hat ein schlüssiges Programm zur Förderung der Wissenschaft, zur Erleichterung der Vermarktung von Innovationen und zur Finanzierung neuer Unternehmen in allen Teilen des Landes.
Im Gegensatz dazu behauptet Trump zwar, für die Menschen zu sprechen, die sich von der Globalisierung abgehängt fühlen, doch würde sein politisches Konzept – wesentlich höhere Zölle – Innovationen behindern und die Schaffung guter neuer Arbeitsplätze verhindern. Extremer Protektionismus ist in der modernen Welt schon oft ausprobiert worden, und er hat sich immer als Enttäuschung erwiesen und schwächende Reaktionen anderer Länder hervorgerufen.
Sollte Trump tatsächlich höhere Zölle einführen, würden die Preise für Waren, die von einkommensschwachen Bevölkerungsteilen – einschließlich seiner Anhänger – konsumiert werden, drastisch steigen. Im besten Fall sind seine Worte leer und wertlos. Aber jeder Präsident hat die Macht, einen globalen Handelskrieg mit den europäischen und anderen vertrauten Handelspartnern der USA zu beginnen, was für den Wohlstand im eigenen Land und die nationale Sicherheit katastrophal wäre.
In A New Way Forward for the Middle Class (Ein neuer Weg voran für die Mittelschicht) legt die Harris/Walz-Kampagne in Kapitel 9 ihre Vision der technologiegestützten Schaffung von Arbeitsplätzen dar: „Investitionen in amerikanische Innovation und industrielle Stärke, angetrieben durch amerikanische Arbeitnehmer“. Zentraler Gedanke dabei ist die Förderung von Investitionen in ein breites Spektrum hochmoderner Technologien wie „Biofertigung, künstliche Intelligenz, Luft- und Raumfahrt, Rechenzentren und saubere Energie“, während zugleich die Modernisierung traditioneller Sektoren wie Eisen und Stahl gefördert werden soll.
Wenn die USA bei diesen Technologien nicht die Führung übernehmen, werden es andere Länder tun. In Anbetracht der Tatsache, dass der wahrscheinlichste Konkurrent der USA um die globale Technologieführerschaft auf absehbare Zukunft China sein wird – dessen Regime den USA nicht durchweg freundlich gesinnt ist –, ist nichts wichtiger für die nationalen Interessen der USA, als bei neuen Erfindungen führend zu sein.
Der Harris/Walz-Plan legt zugleich einen bewundernswerten Schwerpunkt auf die Förderung produktiver Investitionen in allen Teilen des Landes, einschließlich der „seit langem bestehenden Fertigungs-, Landwirtschafts- und Energiegemeinschaften“. Dies ist eine durchaus realistische Vision. Wie Jonathan Gruber und ich in unserem 2019 erschienenen Buch Jump-Starting America dargelegt haben, gibt es in allen Teilen des Landes Inseln mit großen Mengen an technischen Fachkräften – und eine Menge Orte, die mehr gute Arbeitsplätze begrüßen würden. Der beste Weg zur Schaffung derartiger Arbeitsplätze besteht darin, neue Ideen in neue Unternehmen umzuwandeln und diese Aktivitäten dann auszuweiten, und dabei möglichst viele Arbeitsplätze an den Orten zu erhalten, an denen die Innovation tatsächlich stattfindet.
In Bezug auf die KI verfolgt die Harris/Walz-Kampagne ebenfalls den richtigen Ansatz: den Ausbau der National Artificial Intelligence Research Resource mit dem Ziel, einen breiteren Zugang zu KI-Tools zu ermöglichen. Während der Markt aktuell Anwendungen begünstigt, die die Produktivität hochgebildeter Menschen steigern, besteht die reale Möglichkeit, eine arbeitnehmerfreundliche KI zu entwickeln, die Produktivität und Einkommen aller Amerikaner – auch jener ohne Hochschulabschluss – steigert.
Ein solcher Ansatz erfordert freilich visionäres Denken, Ressourcen und Investitionen – und einen Katalysator. Mit dem Chips and Science Act und den Steuergutschriften im Inflation Reduction Act hat die Regierung Biden/Harris gezeigt, dass sie weiß, wie man Investitionen in Innovation und Fertigung fördert.
Im Gegensatz dazu ähneln Trumps Zollvorschläge der gescheiterten Importsubstitutionspolitik, die viele lateinamerikanische Länder in den letzten 50 Jahren verfolgt haben. Die Logik dabei ist immer dieselbe: Durch die Erhebung von Strafzöllen auf Importe wird die heimische Industrie „geschützt“, wodurch die Beschäftigung angekurbelt oder die Löhne erhöht werden, oder beides.
Aber der Grund, warum Länder wie Mexiko, Argentinien und Brasilien diese Politik aufgegeben haben, ist im Wesentlichen ebenfalls immer derselbe. Statt Investitionen und Expansion zu fördern, erlauben Zölle den etablierten Unternehmen, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Ohne Wettbewerbsdruck gibt es keinen Expansionsdruck und keine Beschäftigungszunahme. Darüber hinaus geht diese Art von Protektionismus oft mit anderen Maßnahmen einher, die industrielle Strukturen einfrieren. Ein paar Milliardäre mögen reicher werden, aber den meisten Menschen geht es in einem solchen System nicht gut.
Die größte Gefahr, die von Trump ausgeht, ist für die Demokratie. Das hat er gezeigt, als er sich weigerte, seine Niederlage bei einer freien und fairen Wahl im Jahr 2020 zu akzeptieren, und seine Anhänger zum Angriff auf den Kongress anstachelte. Die Aushöhlung demokratischer Institutionen ist nicht nur ein gefährlicher Machtmissbrauch, sondern läuft auch darauf hinaus, die Grundlage des wirtschaftlichen Wohlstands der Amerikaner unmittelbar zu untergraben.
Alle Demokratien müssen für gemeinsamen Wohlstand sorgen, sonst riskieren sie Frustration in der Bevölkerung, Gegenreaktionen und zunehmende politische Polarisierung. Und wie Daron Acemoglu und ich in unserem kürzlich erschienenen Buch Macht und Fortschritt dargelegt haben, haben die letzten Jahrzehnte die Mittelschicht zweifellos geschwächt. Doch liegt die Antwort nicht darin, zu versuchen, die heutigen Branchen und Arbeitsplätze einzufrieren. Dies wird sich bestenfalls als zwecklos erweisen.
Die USA sollten tun, worin es seit langem gut sind: die Zukunft erfinden, die gut bezahlten Arbeitsplätze (für Menschen jeden Bildungsniveaus) schaffen, die diese Erfindungen möglich machen, und die resultierenden Waren und Dienstleistungen in die Welt verkaufen. Dazu brauchen die USA eine starke Demokratie, eine verstärkte Förderung von Erfindungen und eine Regierungspolitik, die die Schaffung neuer Arbeitsplätze im ganzen Land unterstützt.
Harris’ Plan würde genau dies leisten. Trumps diskreditierter Protektionismus hingegen würde Wohlstand für einige wenige bedeuten, der durch die Unterdrückung der großen Mehrheit aufrechterhalten wird.
Aus dem Englischen von Jan Doolan
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