Wirtschaft

Bürokratiekosten Deutschland: Enorme Belastung für die Wirtschaft durch Überregulierung

Die Bürokratiekosten in Deutschland belasten die Wirtschaft erheblich und hemmen das Wachstumspotenzial des Landes. Eine aktuelle Studie des Ifo-Instituts beziffert die jährlichen Bürokratiekosten für Deutschland auf rund 146 Milliarden Euro. Die Belastung für die Wirtschaft muss dringend reduziert werden.
16.11.2024 12:27
Lesezeit: 2 min

Professor Oliver Falck vom Ifo-Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien hebt hervor, wie dringend eine umfassende Reform nötig sei: "Die Kosten von Nichtstun sind riesig, gemessen am Wachstumspotenzial, das im Bürokratieabbau schlummert." Untersuchungen des Instituts zeigen, dass ein Rückgang der Bürokratie auf das Niveau von Schweden das deutsche Bruttoinlandsprodukt jedes Jahr um besagte 146 Milliarden Euro steigern könnte.

Zusätzlich sieht Falck in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung eine große Chance zur Entlastung der Unternehmen: "Würde Deutschland bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auf das Niveau von Dänemark aufschließen, wäre die Wirtschaftsleistung um 96 Milliarden Euro pro Jahr höher." Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen leiden unter der Last des Verwaltungsaufwands, wie auch Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern, betont. Bürokratische Vorgaben wie Nachweispflichten, Statistikmeldungen und ständig veränderte Gesetze bürden Unternehmen erhebliche Zusatzkosten auf. Diese Belastungen müssen, so die Forderung, auf den Prüfstand.

Der Bürokratiekostenindex (BKI): Messinstrument für bürokratische Belastungen

Zur Erfassung der Bürokratiekosten in Deutschland wurde der Bürokratiekostenindex (BKI) eingeführt. Dieses Instrument soll die Entwicklung der Bürokratiekosten und den damit verbundenen Aufwand, den Unternehmen bei der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben betreiben müssen, transparent darstellen. Dazu zählen Pflichten wie das Stellen von Anträgen, das Erfüllen von Nachweispflichten sowie Melde- und Kennzeichnungspflichten. Der BKI bildet nicht nur den klassischen "Papierkram" ab, sondern auch Aufwände, die durch die Erfüllung bundesrechtlicher Vorgaben entstehen, wie etwa Überwachungsmaßnahmen oder Anpassungen interner Prozesse.

Der BKI basiert auf den Bürokratiekosten zum Stand vom 1. Januar 2012 und wird seither durch das Statistische Bundesamt regelmäßig aktualisiert. Das Ziel ist, einen Überblick über die Bürokratiekosten zu geben und eine Reduzierung dieser Kosten zu fördern. Werden neue Regelungen beschlossen, die Unternehmen entlasten, sinkt der Index. Im Gegensatz dazu steigen die Werte, wenn neue bürokratische Anforderungen hinzukommen. Die Entwicklungen im BKI werden vierteljährlich veröffentlicht und sind in der Online-Datenbank OnDEA des Statistischen Bundesamts öffentlich einsehbar.

Das Belastungsbarometer: Bürokratiekosten durch amtliche Statistik

Ein weiterer Teil der Bürokratiekosten in Deutschland wird durch das sogenannte Belastungsbarometer erfasst, das den Aufwand für Unternehmen bei der Erfüllung amtlicher Statistikpflichten abbildet. Zum Jahresbeginn 2024 betrug die jährliche Belastung durch Statistikpflichten insgesamt 324 Millionen Euro, was weniger als ein Prozent der gesamten Bürokratiekosten ausmacht. Diese Daten bieten Einblicke in die zusätzlichen Aufwände, die Unternehmen aufgrund bundesrechtlicher Statistikpflichten entstehen.

Das Belastungsbarometer, ein Subindex des Bürokratiekostenindex, wird einmal jährlich berechnet und berücksichtigt nur Belastungen, die durch gesetzliche Änderungen verursacht werden. Konjunkturelle Effekte bleiben unberücksichtigt, sodass der direkte Einfluss gesetzgeberischer Entscheidungen auf die Statistikpflichten der Unternehmen sichtbar wird. Änderungen in diesen Pflichten werden erst zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten gemessen, damit die Auswirkungen auf den Unternehmensalltag realistisch bewertet werden können.

Fazit: Bürokratiekosten Deutschland auf dem Prüfstand

Die Bürokratiekosten in Deutschland, die jährlich bei 146 Milliarden Euro liegen, haben spürbare Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistung des Landes. Die aktuellen Ergebnisse des Bürokratiekostenindex und des Belastungsbarometers verdeutlichen die erhebliche Last, die durch die Erfüllung zahlreicher gesetzlicher Pflichten entsteht. Eine Reduzierung dieser Kosten durch Bürokratieabbau und eine stärkere Digitalisierung könnten die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nachhaltig stärken und das Wirtschaftswachstum deutlich ankurbeln.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt: Sieben Wege wie Unternehmen Fachkräfte finden und halten
09.12.2025

Qualifizierte Fachkräfte werden knapp – das spüren Unternehmen bei der Personalsuche immer deutlicher. Die Folgen: Engpässe,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Milan Nedeljkovic folgt auf Oliver Zipse bei BMW
09.12.2025

BMW bekommt einen neuen Chef: Milan Nedeljkovic übernimmt das Ruder von Oliver Zipse. Der Produktionsvorstand bringt Erfahrung aus fast...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie im Fokus: Allianz-Kooperation mit Oaktree – was der Syndikat-Pakt für Anleger bedeutet
09.12.2025

Ein neuer Deal in London, ein bestätigtes Top-Rating und höhere Gewinnziele treiben die Allianz-Aktie bis an das Jahreshoch. Doch hinter...

DWN
Politik
Politik Merz fordert Abschaffung: EU-Lieferkettengesetz wird deutlich gelockert
09.12.2025

Das EU-Lieferkettengesetz sollte Unternehmen weltweit verpflichten, Menschenrechte zu achten. Doch bevor es überhaupt greift, haben sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kosten für Wohnen und Essen fressen geringere Einkommen auf
09.12.2025

Wohnen und Lebensmittel werden teurer – doch die Härte trifft nicht alle gleich. Neue Daten der Statistiker zeigen, wie stark vor allem...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putins Besuch in Indien zeigt die gefesselten Hände des Kreml
09.12.2025

Wladimir Putins Besuch in Indien sollte Stärke demonstrieren, doch die Realität wirkt gegenteilig. Der Kreml ist stark von Ölexporten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Thyssenkrupp-Aktie: Rückkehr in die Gewinnzone trotz Sanierungsdruck
09.12.2025

Thyssenkrupp meldet wieder Gewinn, doch der Preis dafür ist hoch. Der Konzern kämpft mit sinkender Nachfrage, Sanierungsrückstellungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Butterpreis im Sturzflug: Milchbauern schlagen Alarm – "wirtschaftliches Desaster"
09.12.2025

Der Butterpreis rutscht auf 99 Cent je 250 Gramm und jubelnde Kunden treffen auf alarmierte Milchbauern. Hinter dem Preisschub steckt der...