Life-Science-Immobilien: Definition
Life-Science, was ist das eigentlich? Die sogenannten Lebenswissenschaften beschäftigen sich mit der Erforschung von Lebewesen, deren Aufbau und den Prozessen, die in ihnen ablaufen. Dieses breite Forschungsfeld erstreckt sich über zahlreiche Disziplinen, darunter Biologie, Medizin, Biomedizin, Chemie, Biochemie und Pharmazie. Zudem gehören Bereiche wie Agrarwissenschaften und Lebensmitteltechnologie dazu. Gelegentlich werden sogar fachfremde Themen wie Psychologie oder künstliche Intelligenz mit einbezogen, was die Vielseitigkeit dieses Gebiets unterstreicht. Daraus ergibt sich, dass mit Life-Science-Immobilien Gebäude gemeint sind, die für Forschung, Entwicklung, Produktion und Verwaltung in den Bereichen Biotechnologie, Pharmazie, Chemie und Medizin genutzt werden. Dazu gehören beispielsweise Laborflächen, Pharmalogistikzentren, Produktionsstätten und Bürostandorte. Der Fokus liegt auf spezialisierten Anforderungen wie Laborinfrastruktur, Nähe zu Forschungseinrichtungen und Clusterstrukturen.
Mit Clusterstrukturen ist übrigens die geografische Konzentrationen von Unternehmen, Institutionen und Organisationen gemeint, die innerhalb eines bestimmten Sektors zusammenarbeiten oder eng miteinander verbunden sind. Im Kontext von Life-Science-Immobilien beziehen sich Clusterstrukturen auf Standorte, an denen Forschungseinrichtungen, Universitäten, Start-ups, Pharmaunternehmen und andere Akteure aus den Bereichen Biotechnologie, Chemie, Pharmazie und Medizin nah beieinander angesiedelt sind. Diese Strukturen fördern Synergieeffekte, Wissensaustausch und Innovation, da Fachkräfte, Technologien und Ressourcen innerhalb des Clusters leichter zugänglich sind. Solche Standorte sind für Life-Science-Immobilien besonders attraktiv, da sie durch die Nähe zu Talenten, Forschung und Partnern die Anforderungen der Branche optimal unterstützen.
In Europa nimmt das Anleger-Interesse an dieser neuen Assetklasse schon seit längerer Zeit zu. Der wachsende Bedarf an Multi-Occupancy-Laborflächen habe der europäischen Life-Sciences-Branche zu einem starken Wachstum und zu deutlich mehr Entwicklungen in den verschiedenen Fachclustern verholfen, sagt Alexander Nuyken, Head of Life Sciences Markets beim Immobiliendienstleister JLL EMEA. Multi-Occupancy-Laborflächen sind Laborgebäude oder -flächen, die von mehreren Nutzern gleichzeitig verwendet werden. Diese Nutzer können unterschiedliche Unternehmen, Forschungsgruppen oder Institutionen sein, die sich die Infrastruktur teilen. Dadurch lassen sich Kosten senken und der Zugang zu hochwertigen Geräten und Einrichtungen wird ermöglicht.
Längst auf dem Radar von Immobilieninvestoren
Die JLL-Studie „EMEA-Life Sciences Industry & Real Estate Perspective” hat die aktuellen Trends in der Branche untersucht und deren Einfluss auf den Immobilienmarkt analysiert. „Der Life-Sciences-Sektor ist zu einer festen Größe auf dem Radar der Immobilieninvestoren gereift“, sagt Nuyken.
„Deshalb folgt nun der nächste Schritt, indem sich diese spezifischen Immobilienbestände von einem Eigentümermodell zu einem Investor-Mieter-Modell wandeln. Investoren haben das Potenzial der Branche erkannt und profitieren vom starken Nachfrageüberhang“, fügt er hinzu. Leerstände seien praktisch nicht vorhanden und zur gleichen Zeit steigen die Flächenumsätze von Life-Sciences-Nutzern. Die Nachfrage ginge weit über reine Büroflächen hinaus: Eine Vielzahl von Immobilienarten werden angefragt, darunter langfristig ausgerichtete Produktionseinheiten, spezielle Lagereinrichtungen und Distributionszentren. Nach Berlin-Potsdam ist München der zweitgrößte Life-Sciences-Markt in Deutschland. Beide Märkte zeichnen sich durch eine starke Biotechnologie- und Pharmaindustrie aus.
In München sind mehrere kommerzielle Laborprojekte in den großen Life-Sciences-Zentren im Süden der Stadt entstanden sowie in angrenzenden Gemeinden. Auch der Munich Airport Business Park im Norden der Stadt verfügt über mehrere bestehende und geplante Life-Science-Einrichtungen, so Nuyken. Aktuell sind in der bayerischen Landeshauptstadt bereits nationale und internationale Unternehmen wie BioNTech, GSK, Daiichi Sankyo, Moderna und MSD ansässig.
In der JLL-Studie wurden insgesamt 41 Life-Sciences-Regionen europaweit untersucht. Deutschland war mit fünf Regionen vertreten, wobei nur Berlin-Potsdam es in die höchste Kategorie („Fortgeschritten“) schaffte. München und Rhein-Neckar folgten in der zweihöchsten Gruppe („Etabliert“) und Hamburg und das Ruhrgebiet dahinter in der Kategorie „aufstrebende“ Regionen. Großbritannien führte nach wie vor mit zwölf Clustern. Cambridge, London und Oxford schafften es in die drei höchsten Kategorien.
Life-Science-Real-Estate: Hohe regulatorische Anforderungen und Sicherheitsstandards
Auch einer aktuellen Bulwiengesa-Analyse zufolge gewinnen Immobilien der Life-Science-Branche zunehmend an Bedeutung. Die Nachfrage nach spezialisierten Gebäuden, die Laborforschung, Produktion und Büroarbeit vereinen können, wächst stetig. Doch die Qualitäts- und Sicherheitsstandards aufgrund regulatorischer Anforderungen insbesondere in der Pharma- und Biotechbranche, erfordern sehr spezialisierte Immobilien, so die Autoren.
„Die Erfüllung der hohen regulatorischen Anforderungen und Sicherheitsstandards macht die Immobilien teuer in der Errichtung und im Betrieb“, betonten Daniel Sopka und Felix Werner. Für Investoren stellt dies eine besondere Herausforderung dar, da hohe Anfangsinvestitionen erforderlich sind … zugleich ermöglichen diese Immobilien Investoren jedoch auch eine Diversifizierung des eigenen Portfolios auf Objekt- wie Mieterebene.“
In Life-Science-Immobilien investieren - zu komplex?
Laut der Bulwiengesa-Analyse sind einige der größten Hürden im Markt die folgenden:
- Hohe technische Anforderungen und begrenzte Drittverwendungsfähigkeit schränken Flexibilität ein und machen ein Investment komplex. Zudem ist die Mieterbindung oft langfristig, was die Rentabilität steigert, aber auch Risiken birgt.
- Heftige Anfangsinvestitionen und spezialisierter Ausbau: Die hohen technischen Anforderungen und Sicherheitsvorkehrungen in Life-Science-Immobilien, wie z.B. Reinräume oder spezielle Lüftungssysteme, verursachen hohe Kosten. Diese Investitionen werden häufig nur von langfristigen Mietverträgen gerechtfertigt.
- Geringe Drittverwendungsfähigkeit: Aufgrund der hohen Spezialisierung sind Life-Science-Immobilien nicht leicht weiterzuvermieten, wenn der ursprüngliche Mieter auszieht. Die stark auf den Nutzer zugeschnittenen Flächen wie Labore oder Reinräume sind nur schwer auf andere Branchen übertragbar. Das erhöht das Risiko von Leerständen.
- Lageabhängigkeit: Die Wahl des Standorts ist entscheidend für den Erfolg von Life-Science-Immobilien. Öfter müssen diese Immobilien in unmittelbarer Nähe von Forschungsclustern oder Universitäten liegen, um Synergieeffekte und den Zugang zu hochqualifizierten Fachkräften zu ermöglichen. Diese Cluster sind jedoch oft in urbanen Ballungsräumen angesiedelt, wo auch eine starke Flächenkonkurrenz zu anderen Nutzungsarten besteht.
Zusammengefasst: Einige der größten Hürden dieser Asset-Klasse sind hohe technische Anforderungen und begrenzte Drittverwendungsfähigkeit, die Flexibilität einschränken. Außerdem ist die Mieterbindung oft langfristig, was die Rentabilität steigert, aber auch Risiken birgt.
Marktprognose Life-Sciences: Spezialisierter Wachstumsmarkt mit steigender Nachfrage
Dennoch sei Life Science ein starker Wachstumsmarkt, von dem auch eine hohe Flächennachfrage zu erwarten sei, so die Bulwiengesa Spezialisten Sopka und Werner. Die Nachfrage nach spezialisierten Gebäuden, die für Forschung, Produktion und Büroarbeit ausgelegt sind, wächst stetig und die aktuelle Nachfrage wird nicht in ausreichendem Maße gedeckt. Die Autoren kommen sie zu dem Schluss: „Der Markt ist in Teilen noch sehr eigennutzergetrieben. Aufgrund der Spezifika von Life-Science-Flächen sind Projektentwickler noch zögerlich, wenn es um diese Assetklasse geht. Hier können Unternehmensimmobilien, die sich bereits durch eine Flexibilität der Nutzungsarten auszeichnen helfen, diesen Nachfrageüberhang ausgleichen.“
Die JLL-Studie bestätigt die Studie das langfristige Wachstum der Life-Sciences-Branche, angetrieben durch eine alternde Bevölkerung und technologische Fortschritte in neuen Arzneimittelsegmenten. JLLs Nuyken erwartet, dass dieses Wachstum der Unternehmen in dem Sektor zu steigender Nachfrage nach Immobilien führt: „Mit neuen Flächen, die 2024 und 2025 auf den Markt kommen, wird zwar ein dringend benötigtes Angebot geschaffen, doch dies wird nicht ausreichen, um die erwartete Nachfrage zu decken“, lautet seine Schlussfolgerung.
Investment Manager Firmen, die aktuell die Assetklasse Life Science in ihren Immobilienfonds anbieten, sind unter anderem Beos AG und Catella.