Wirtschaft

Leerstand in Innenstädten: Decathlon setzt auf Expansion gegen die Krise

Leerstand prägt deutsche Innenstädte. Doch Decathlon sieht Chancen: Bis 2027 sollen mehr als 60 neue Filialen entstehen – viele davon in zentralen Fußgängerzonen. Der Sportartikelhändler will Arbeitsplätze schaffen, Marktanteile gewinnen und mit kreativen Konzepten die Krise im Einzelhandel überwinden.
24.11.2024 13:08
Lesezeit: 3 min

In den letzten Jahren waren die Nachrichten aus Deutschlands Innenstädten oft düster: Die Kauflaune der Verbraucher ist gering, die Umsätze stagnieren, bekannte Händler mussten Insolvenz anmelden, und Leerstand dominiert vielerorts das Stadtbild. Eine rasche Verbesserung der Situation scheint unwahrscheinlich. Dennoch gibt es Lichtblicke: So plant der Sportartikelhändler Decathlon eine deutliche Expansion. Das französische Unternehmen will bis Ende 2027 über 60 neue Filialen in Deutschland eröffnen, viele davon in zentralen Fußgängerzonen.

Decathlon-Deutschland-Chef Arnaud Sauret sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Aktuell haben wir 86 Filialen. In drei Jahren, also Ende 2027, sollen es mehr als 150 sein." Dafür sollen bis zu 100 Millionen Euro in neue Standorte und die Modernisierung bestehender Geschäfte investiert werden. Gleichzeitig entstehen mehrere Tausend neue Arbeitsplätze.

Ziel: Maximale Nähe zu den Kunden

Mit der Expansion will Decathlon näher an die Kundschaft rücken. Bislang betreibt das Unternehmen überwiegend Läden mit großen Verkaufsflächen, die meist außerhalb von Innenstädten liegen. Das soll sich ändern: Neben den großen Filialen wird es künftig auch kleinere Geschäfte in Einkaufszentren und Fußgängerzonen geben, teilweise sogar mehrere Standorte in einer Stadt.

In diesem Jahr sollen zwei weitere Filialen eröffnen: Eine kleinere am Potsdamer Hauptbahnhof und eine große im Zentrum von Hamburg. Weitere Standorte sind unter anderem in Nürnberg, Freiburg, Rostock, Oberhausen und der Region Kassel geplant. "Wir sind leider nicht überall in Deutschland präsent - obwohl wir wissen, dass wir eine größere Rolle spielen könnten. Zugleich gibt es in den Innenstädten sehr viele Gebäude, die einfach leer stehen. Das ist unsere Gelegenheit", erklärt Expansionschef Stefan Kaiser.

Ein hart umkämpfter Markt

Der Sportartikelmarkt in Deutschland ist hart umkämpft und hat ein Volumen von mehreren Milliarden Euro. Marktführer ist Intersport mit über 700 Händlern und gut 1.400 Geschäften, die im Geschäftsjahr 2022/23 rund 3,5 Milliarden Euro Umsatz erwirtschafteten. Bis 2030 plant Intersport 100 neue Filialen und strebt eine Verdopplung des Umsatzes an.

Sport 2000, der zweite große Player, erzielte 2023 einen Umsatz von 2,95 Milliarden Euro und setzt derzeit auf spezialisierte Filialen, etwa für Teamsport. Decathlon, dessen Preise lange das Image eines "Aldi des Sporthandels" prägten, erlöste zuletzt 1,1 Milliarden Euro und möchte nun Marktanteile ausbauen.

Decathlon: Mehr Präsenz, mehr Marktanteile

Decathlon hat sich zum Ziel gesetzt, Marktanteile in Deutschland zu gewinnen. "Wir haben in Deutschland zwei sehr starke Mitbewerber, die einen tollen Job machen. Aber das verpflichtet uns, noch besser zu sein. Als Sportler lieben wir die Challenge", so Sauret. In anderen europäischen Ländern sei das Unternehmen bereits Marktführer – nicht zuletzt aufgrund eines größeren Filialnetzes. Konkrete Umsatzziele für Deutschland wurden jedoch nicht genannt.

Die Branche profitiert vom anhaltenden Gesundheits- und Fitnesstrend. Laut Johannes Berentzen von der Handelsberatung BBE wird zunehmend auf Sportmode und spezialisierte Geschäfte gesetzt. "Mit dem Rückgang kleiner Fachhändler und dem Wegfall von Modehäusern mit Sportsortimenten entstehen Marktlücken, die Intersport und Decathlon strategisch nutzen", so Berentzen.

Einzelhandelskrise verschärft Leerstand

Während asiatische Onlineplattformen wie Temu florieren, kämpfen viele etablierte Händler mit Problemen. Insolvenzen führen häufig zu einem Abbau von Filialnetzen oder zur kompletten Schließung. So schloss die Warenhauskette Galeria im Sommer erneut Standorte, Scotch & Soda machte alle Filialen dicht, und Body Shop reduzierte sein Netz um die Hälfte. Bei Esprit wird derzeit der Restbestand abverkauft, bevor die letzten Geschäfte schließen. Unklar bleibt die Zukunft des insolventen Dekohändlers Depot.

Nach Angaben des Handelsverbands Deutschland (HDE) ist die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte seit 2015 von 372.000 auf 306.000 gesunken. Für das laufende Jahr rechnet der HDE mit rund 5.000 weiteren Schließungen.

Neue Konzepte beleben die Innenstädte

Trotz Leerstand gibt es auch positive Entwicklungen: Discounter wie Action, Tedi und Woolworth wollen ihr Filialnetz ausbauen. MediaMarktSaturn plant die Eröffnung von fünf sogenannten Smart-Märkten, einem kleineren Ladenformat. Der Elektronikhändler Coolblue will bis 2029 insgesamt 36 neue Standorte etablieren.

Innovative Konzepte zeigen laut Eva Stüber vom Institut für Handelsforschung (IFH Köln), wie der stationäre Einzelhandel zukunftsfähig bleibt. Thalia investiert in neue Filialen und modernisiert bestehende Standorte, während Modemarken wie Copenhagen oder Hugo Boss Flagship-Stores eröffnen. Auch Start-ups und Onlinemarken wie Purelei und Kapten & Son setzen auf Präsenz in den Innenstädten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett zieht sich zurück: Und setzt nun auf Bargeld angesichts schwankender Märkte
14.11.2025

Warren Buffett zieht sich nach Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway schrittweise zurück und hortet weiterhin immense...

DWN
Politik
Politik EU plant Ukraine-Hilfe: Kann Russlands eingefrorenes Vermögen helfen?
13.11.2025

Die Europäische Union steht vor einer heiklen Entscheidung: Sie will die Ukraine weiterhin finanziell unterstützen, sucht jedoch nach...

DWN
Politik
Politik Zollfreigrenze in der EU: Billigwaren künftig ab dem ersten Euro zollpflichtig
13.11.2025

Billige Online-Waren aus Asien könnten bald teurer werden. Die EU plant, die 150-Euro-Freigrenze für Sendungen aus Drittländern...

DWN
Politik
Politik EU-Politik: Fall der Brandmauer öffnet Tür für Konzernentlastungen
13.11.2025

Das EU-Parlament hat das Lieferkettengesetz deutlich abgeschwächt. Künftig sollen nur noch sehr große Unternehmen verpflichtet sein,...

DWN
Politik
Politik Wehrdienst-Reform: Union und SPD einigen sich auf Kompromiss
13.11.2025

Union und SPD haben ihren Streit über den Wehrdienst beigelegt – und ein Modell beschlossen, das auf Freiwilligkeit setzt, aber eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Google: Milliardenstreits um Marktmissbrauch
13.11.2025

Google steht erneut unter Druck: Die Preissuchmaschine Idealo verlangt Milliarden, weil der US-Konzern angeblich seit Jahren seine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Stabilisierungsversuch nach Kursverlusten
13.11.2025

Nach der kräftigen Korrektur in den vergangenen Tagen zeigt sich der Bitcoin-Kurs aktuell moderat erholt – was steckt hinter dieser...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gender Pay Gap in der EU: Was die neue Richtlinie wirklich fordert
13.11.2025

Die EU hat mit der Richtlinie 2023/970 zur Gehaltstransparenz die Gender Pay Gap im Fokus. Unternehmen stehen vor neuen Pflichten bei...