Technologie

Kernforschungszentrum Cern: Ausstieg Russlands aus der größten Forschungsmaschine der Welt

Seit Jahrzehnten arbeiteten Wissenschaftler aus Russland am europäischen Kernforschungszentrum Cern in Genf. Doch diese Zusammenarbeit endet nun. Welche Auswirkungen hat das auf die Forschung?
30.11.2024 14:41
Lesezeit: 2 min
Kernforschungszentrum Cern: Ausstieg Russlands aus der größten Forschungsmaschine der Welt
Ein Blick auf das Science Gateway vor der Einweihungszeremonie des Science Gateway bei der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN). (Foto: dpa) Foto: Salvatore Di Nolfi

Das Kernforschungszentrum Cern, das weltweit größte Forschungsinstitut für Teilchenphysik, beendet am Samstag die jahrzehntelange Kooperation mit Russland. Grund dafür ist der russische Angriff auf die Ukraine, worauf das Cern bereits zuvor reagiert hatte. Beate Heinemann, Direktorin für Teilchenphysik am Deutschen Elektronen-Synchrotron Desy in Hamburg, warnte vor möglichen negativen Folgen für die Wissenschaft. "Russland verfügt über starke Ingenieursexpertise", sagte Heinemann der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Es ist nicht so, dass bestimmte Forschungsprojekte unmöglich werden, aber es wird komplizierter, und Verzögerungen könnten auftreten."

Kernforschungszentrum Cern: Ein globales Zentrum der Teilchenphysik

Das Cern, dem heute 24 Länder angehören, betreibt den weltweit stärksten Teilchenbeschleuniger, den Large Hadron Collider (LHC). Mehrere Tausend Wissenschaftler aus zahlreichen Ländern forschen dort. Kürzlich feierte die Organisation ihr 70-jähriges Bestehen. Der LHC, ein ringförmiger Teilchenbeschleuniger 100 Meter unter der Erde bei Genf, hat eine Länge von 27 Kilometern und gilt als größte Forschungsmaschine der Welt. In ihm werden Protonenkollisionen nahe der Lichtgeschwindigkeit erzeugt, um die Ursprünge des Universums zu untersuchen.

Bereits während des Kalten Krieges arbeiteten russische Wissenschaftler am Cern. Rund 1.000 Forscher aus Russland waren beteiligt, wie Joachim Mnich, Forschungsdirektor des Cern, berichtete. Diese hätten wertvolles Wissen weitergegeben, bevor ihre Zusammenarbeit endete. "Ein Detektor kann nicht weiterbetrieben werden, aber die Lücke ist nicht gravierend. Wir hoffen, dass es keine größeren Verluste für die Wissenschaft geben wird", so Mnich. Markus Klute, Leiter des Instituts für experimentelle Teilchenphysik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit: "Während des Kalten Krieges trieb wissenschaftliche Neugier uns in friedlichem Umfeld zusammen. Dass dies nun nicht mehr möglich ist, ist extrem schade."

Wissenschaftliche Arbeit unter veränderten Bedingungen

Das Desy und das KIT haben ihre Zusammenarbeit mit russischen Instituten ebenfalls eingefroren. Laut Klute sei die Leitung dieser Institute problematisch, da sie zunehmend politisch instrumentalisiert würden. Heinemann ergänzte, dass diese Veränderung Besorgnis ausgelöst habe. Auch technische Arbeiten am Kernforschungszentrum Cern sind betroffen. Pläne, russische Ingenieure nach Hamburg zu holen, wurden gestoppt. "Wir haben andere Lösungen gefunden", erklärte Heinemann. Am KIT wurden Aufgaben übernommen, die zuvor russischen Instituten zugeteilt waren. "Wir schneiden hier präzise Metallplatten – eine komplexe Arbeit", erklärte Klute optimistisch: "Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen."

Einige russische Wissenschaftler am Kernforschungszentrum Cern haben in anderen Ländern neue Arbeitsplätze gefunden. Joachim Mnich bestätigte, dass Dutzende von ihnen unterstützt wurden, um außerhalb Russlands weiterzuforschen. Am KIT promovieren nun drei russische Doktoranden, die zuvor am Cern arbeiteten. Auch das Desy nahm einen russischen Kollegen auf. Probleme gab es jedoch mit russischen Komponenten für den Teilchenbeschleuniger und andere Experimente. Durch europäische Sanktionen gegen Russland konnten diese nicht mehr geliefert werden. Dies verursachte Kosten in Höhe von rund 50 Millionen Euro – etwa drei Prozent der Gesamtausgaben – wie Mnich erklärte. Zusätzliche Mittel, unter anderem vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung in Berlin, seien notwendig.

Zusammenarbeit mit internationaler Organisation bleibt bestehen

Die Kooperation mit dem in Russland ansässigen Joint Institute for Nuclear Research (JINR) bleibt jedoch bestehen. Laut Mnich handle es sich dabei um eine internationale Organisation, die nicht direkt von den Sanktionen betroffen sei. Durch die Entwicklungen bleibt die Situation am Kernforschungszentrum Cern herausfordernd, doch die wissenschaftliche Arbeit geht weiter.

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