Politik

Ukraine-Friedenstruppe: EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas spricht über Truppenentsendung - unter Bedingungen

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hat eine Ukraine-Friedenstruppe ins Gespräch gebracht, um einen möglichen Waffenstillstand durch Soldaten aus Mitgliedstaaten abzusichern. Sie stellt aber Bedingungen auf.
02.12.2024 10:57
Aktualisiert: 02.12.2024 10:57
Lesezeit: 2 min
Ukraine-Friedenstruppe: EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas spricht über Truppenentsendung - unter Bedingungen
EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas (hier noch als Ministerpräsidentin von Estland) bringt Ukraine-Friedenstruppen ins Gespräch (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Diese Soldaten könnten aus Ländern stammen, die in der Vergangenheit Bereitschaft zur Truppenentsendung signalisiert haben, wie Frankreich oder die baltischen Staaten, erklärte die ehemalige estnische Premierministerin am Rande eines Treffens mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und weiteren Regierungsvertretern in Kiew. Die Diskussion über eine Friedenstruppe für die Ukraine wird durch den bevorstehenden Machtwechsel in den USA neu entfacht. Donald Trump könnte als Präsident versuchen, beide Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen. Dabei könnte er Kiew mit einem Stopp der Militärhilfe und Russland mit einem Ausbau derselben unter Druck setzen.

Ukraine-Friedenstruppe: EU-Delegation mit symbolträchtigem Besuch

Zum Auftakt ihrer Amtszeit besuchten Kallas und andere EU-Spitzenpolitiker die Ukraine. In Kiew bekräftigten EU-Ratspräsident António Costa und Kallas ihre Unterstützung für Selenskyj und dessen Kabinett.

Costa versprach der Ukraine, den EU-Beitrittsprozess voranzutreiben. Bis Mitte nächsten Jahres sollen mindestens zwei Verhandlungsbereiche eröffnet werden. Zudem sicherte er zusätzliche Finanzhilfen und entschlossene Arbeiten am 15. Sanktionspaket gegen Russland zu. Ab kommendem Jahr sollen monatlich 1,5 Milliarden Euro aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten bereitgestellt werden. Der Besuch erfolgte in einer kritischen Phase für die Ukraine. Insbesondere im Osten gerät das ukrainische Militär zunehmend in Bedrängnis und muss oft Positionen räumen. Experten sehen in der Personalnot einen Hauptgrund.

Unterdessen setzte Russland erneut Drohnenangriffe ein. Kamikaze-Drohnen, die aus unterschiedlichen Richtungen einflogen, verwirrten durch unvorhersehbare Flugmuster die ukrainische Flugabwehr. Berichten zufolge gelang es dieser jedoch, einige Drohnen abzuschießen. Laut "Financial Times" wird Fahnenflucht zu einer ernsten Herausforderung für die Ukraine. Allein dieses Jahr registrierten Staatsanwälte 60.000 neue Fälle. Deserteuren drohen bis zu zwölf Jahre Haft. Neben Fluchtversuchen junger Männer ins Ausland oder Bestechungen von Ärzten kommt es auch direkt an der Front zu Desertionen. Ursache sei der Mangel an Reserven zur Entlastung der Soldaten.

Ein neues Phänomen betrifft Soldaten, die in Polen ausgebildet werden. Im Durchschnitt desertieren monatlich zwölf von ihnen, berichtete die Zeitung.

Rekordverluste auf beiden Seiten

Im November erlitt Russland laut ukrainischem Verteidigungsministerium die höchsten Verluste seit Kriegsbeginn. Über 45.700 russische Soldaten seien getötet oder verwundet worden, an einem Tag allein 2.030. Insgesamt soll Russland seit Kriegsbeginn über 742.000 Verluste verzeichnet haben. Diese Zahlen sind jedoch nicht unabhängig überprüfbar.

Moskau hingegen gibt die ukrainischen Verluste mit über 906.000 an. Laut russischem Verteidigungsministerium verlor Kiew allein in diesem Jahr mehr Soldaten als in den ersten beiden Kriegsjahren zusammen. Die NATO schätzte die russischen Verluste zuletzt auf über 600.000 Tote und Verwundete. Auch unabhängige Verifizierungen sind hier nicht möglich. Mit der Idee einer Ukraine-Friedenstruppe könnte eine Lösung näher rücken, doch der Weg dorthin bleibt ungewiss.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...