Finanzen

Aktienrente: FDP bäumt sich zum letzten Mal auf - für eine sinnvolle Rentenreform und Alterssicherung

Lesezeit: 3 min
18.12.2024 10:14
Die Ampelkoalition ist Geschichte. Doch einige Vorhaben insbesondere der FDP sollten nach Expertenmeinung möglichst noch umgesetzt werden. Die private Altersvorsorge in Form der sogenannten Aktienrente etwa, über die FDP-Parteichef Christian Lindner sich mit den Spitzen von Grünen und SPD in den Koalitionsverhandlungen verständigt hatte. Ein letzter verzweifelter Versuch einer Rentenreform? Reichlich spät, womöglich zu spät?
 Aktienrente: FDP bäumt sich zum letzten Mal auf - für eine sinnvolle Rentenreform und Alterssicherung
Johannes Vogel (FDP) sowie Armin Steuernagel und Verena Hubertz (von der SPD) werben für einen Gesetzentwurf - ob die FDP-Aktienrente noch kommt? (Foto: dpa)
Foto: Jörg Carstensen

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Es war eines der prägenden Schlagworte, mit der die FDP - voller Elan - 2021 in die Ampel-Koalition mit Grünen und SPD gestartet war: Aktienrente. Nach dem Ampel-Aus und dem D-Day-Desaster der Liberalen scheint jetzt allerdings auch Christian Lindners glorreiche Idee, die Rente per Aktienrente krisenfest zu machen, wieder in der Versenkung zu verschwinden. Ökonomen halten das für tragisch, denn nicht nur der Blick in die USA oder auch nach Norwegen zeigt, wie wichtig der private Vermögensaufbau durch ein Aktien-Portfolio oder die Ersparnisse in ETFs für Alterssicherung und Rentenstabilität wäre.

Aktienrente: Lindners sinnvolle Rentenreform, die womöglich nicht mehr kommt

Die FDP-Fraktion möchte die während der Ampel-Koalition in Angriff genommene Reform der privaten Altersvorsorge unbedingt noch im Bundestag durchsetzen. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Johannes Vogel, kündigte an, den Vorschlag zur Einführung einer Aktienrente noch vor den Wahlen im Parlament einzubringen. Nicht nur er ist überzeugt, dass das Altersvorsorge-Depot auch Aktien-basierte Kapitalanlagen einschließen sollte und der Schlüssel für eine krisensichere Altersvorsorge ist.

Mit offenen Widerspruch wäre sicherlich nicht zu rechnen. Auch die meisten Ökonomen des Landes halten das im Kern für einen sinnvollen Vorschlag. Doch gibt es erhebliche Zweifel, dass die Reform tatsächlich noch durchdringt - angesichts der Tatsache, dass hierbei ausgerechnet die (der Bedeutungslosigkeit entgegen strebende) FDP auf politische Unterstützung hofft. Tragisch, wenn man bedenkt, dass es wohl das Kernstück von Finanzminister Christian Lindner in der Legislaturperiode hätten werden können. Doch "Hätte, hätte Fahrradkette", wie Ex-Finanzminister Peer Steinbrück von der SPD so gerne zu sagen pflegte, bringt keine Punkte mehr im Berliner Politbetrieb.

"Das sollten wir noch beschließen", warnt Vogel geradezu verzweifelt. Seiner Fraktion schwant geradezu, dass die FDP-Aktienrente für weitere Jahre auf Eis gelegt wird, nur weil es mit der politischen Wahrnehmung mit der FDP verbunden ist. Vogel erinnerte, dass die Arbeiten am Gesetz weit fortgeschritten gewesen seien. Lindner hatte bereits einen Referentenentwurf vorgelegt. Doch mit dem Ampel-Aus ist der Kabinettsbeschluss nicht mehr zustande gekommen. Wobei sofort die Frage aufkommt, warum bereits drei Jahre verstrichen sind und der Vorschlag nun erst auf den letzten Metern zu straucheln droht. Warum hat die FDP die Sache mit der Aktienente nicht mit Hochdruck voran gestellt, als noch ein Rest von Verständnis und Harmonie herrschte - im Umgang des Kabinetts untereinander.

Warum Deutschland bei kapitalgedeckter Altersvorsorge mit Scheuklappen weit hinterher hinkt

Die Initiative der FDP zeigt einmal mehr, wie dringlich eine Reform unseres Rentensystems ist. Während andere Länder längst auf kapitalgedeckte Altersvorsorge setzen, dümpelt Deutschland vor sich hin und hadert mit der Frage, ob die Börse nicht Teufelszeug ist und das bisschen rente nun auch nich verzockt wird. Die Blockadehaltung und Beharrungskräfte in Reihen von SPD und Grünen, vor allem bei Linken und BSW sind enorm. So ganz hat Deuschland den Sozialismus auf deutschen Boden noch nicht überwunden.

Doch selbst bei der ernsten Auseinandersetzung mit dem Thema hapert es bereits. Wer etwa hat schon einmal mal die Chiffre 401(k) gegoogelt. Der wüsste, warum angestellte Amerikaner nicht nur bereitwillig, sondern geradezu enthusiastisch ihr Vermögen mit deinem Börsensparplan aufzubessern versuchen - und das zumeist mit riesigem Erfolg. Das Kürzel 401(k) verweist auf die entsprechende Steuervorschrift und den internen Code der amerikanischen IRS - dem Internal Revenue Service. Denn auch in den USA greift der verflixte Taxman nicht nur immer tief in die Taschen der Steuerzahler, sondern ermöglicht ihnen eine Altersvorsorge aufzubauen. Wie das geht?

Wie Amerikaner dem Taxman ein Schnippchen schlagen und per 401(k) ihr Altersdepot mehren

"Es gibt viele Möglichkeiten, sich für die Rente abzusichern. Eine der beliebtesten Formen der Altersvorsorge in den USA ist der 401 k Altersvorsorgeplan. Dabei handelt es sich um ein von einem Arbeitgeber gesponsertes Programm, bei dem ein Teil des Gehalts des Mitarbeiters automatisch auf ein spezielles Konto überwiesen wird. Diese Überweisungen werden von der Bundesregierung steuerlich begünstigt, was bedeutet, dass die eingezahlten Beträge von der Einkommensteuer abgezogen werden können. Zudem wächst das angesparte Vermögen steuerfrei, solange es im 401 k Konto verbleibt. Durch die steuerlichen Begünstigungen und das Wachstum des Vermögens aufgrund der Steuerfreiheit können im Laufe der Zeit beträchtliche Summen angesammelt werden. Darüber hinaus bietet der 401 k eine breite Diversifikation über verschiedene Anlageklassen hinweg, was das Risiko von Verlusten minimiert."

Doch die Vorurteile gegen das amerikanische Gesellschaftssystem sind so hartnäckig, hat die Lernkurve einfach nicht steigt in Deutschland. Selbst der Verweis auf Norwegen, wo ein Staatsfonds seine Bürger absichert, lockert nicht die Vorbehalte. Stattdessen sind Milliarden in sinnlosen Riester-Sparplänen gebunkert, die sich nach und nach auflösen und nicht in der Substanz vermehren.

Die FDP scheint sich mit dem harten Oppositionskursen im letzten Jahr der Ampel-Koalition schwer verzockt zu haben. Nicht nur strategisch, sondern auch inhaltlich mit ein Thema, das zur Profilierung der kleinen Partei beigetragen hätte. Johannes Vogel ahnt das, kämpft zwar wacker und befürchtet dennoch, dass die Aktienrente der FDP nicht mehr kommen wird bis zum 23. Februar 2024 - dem drohenden Doomsday der FDP bei den Wahlen.

                                                                            ***

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.



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