Panorama

Inklusion im Fußball: Wie Manchester United mit Pflegeprodukten für Männer vorangeht

Manchester United setzt mit der Einführung von Pflegeprodukten für Männer mit Blasenschwäche ein wichtiges Signal für Inklusion im Fußball. Während in deutschen Stadien bereits genderneutrale Toiletten Standard werden, bleibt der Weg zur vollständigen Barrierefreiheit jedoch noch lang. Welche Fortschritte gibt es und was fehlt noch?
24.12.2024 16:06
Lesezeit: 2 min

Diese Nachricht von Manchester United sorgte für fast genauso viel Aufsehen wie die Verpflichtung des neuen Trainers ein paar Tage zuvor. Mitte November hatte der Traditionsclub den Portugiesen Rúben Amorim als Coach vorgestellt, eine gute Woche später überraschte der englische Fußball-Rekordmeister dann mit völlig anderen Neuigkeiten: Als erster Club der Premier League möchte United männlichen Fans mit Blasenschwäche den Stadionbesuch erleichtern.

Im Stadion Old Trafford werden künftig sanitäre Produkte wie Einlagen für Männer angeboten. Dass sich hier einer der größten Vereine der Welt als Vorreiter zeigt, blieb auch in Deutschland nicht unbemerkt. „Es ist meines Erachtens ein wichtiges Signal, das der Club hier aussendet, da vor allem ältere Männer häufig von Prostatakrebs betroffen sind und daher an Inkontinenz zumindest vorübergehend leiden können, was sich nicht gut mit einem Stadionbesuch vereinbart“, sagt Thomas Schneider, Leiter Fanangelegenheiten der Deutschen Fußball Liga (DFL), der Deutschen Presse-Agentur.

Signal für Inklusion im Fußball, aber noch die Ausnahme?

Das Signal ist jedoch besonders auffällig, weil die Red Devils hier eine Ausnahme darstellen. In der Bundesliga ist ein ähnliches Angebot bislang nicht bekannt. Es gebe auch keine Hinweise aus der Premier League, dass man das Manchester-Beispiel nun als Standard in der Liga etablieren wolle, fügt Schneider hinzu: „Es ist ein oft noch tabuisiertes Thema, nicht jeder Betroffene möchte hiermit offensiv oder öffentlich umgehen.“ Dennoch gibt es Fortschritte in anderen Bereichen, etwa bei Menstruationsprodukten und genderneutralen Toiletten.

Unisex-Toiletten im Stadion sind beispielsweise seit einigen Monaten bei allen Spielen der Nationalmannschaft in Deutschland auf Initiative des DFB Standard. Auch in der ersten und zweiten Bundesliga bieten Clubs wie der FC Schalke 04, Hertha BSC oder der VfL Wolfsburg genderneutrale WCs an, mit einer steigenden Tendenz. Beim SC Freiburg oder dem FC St. Pauli gibt es an Spieltagen kostenlose Hygieneartikel wie Periodenprodukte. „Es gibt einzelne Stadien, die hier schon weiter sind als andere“, sagt Daniela Wurbs von „KickIn!“, einer Beratungsstelle für Inklusion im Fußball. „Insgesamt ist es jedoch themen- und teilweise budgetabhängig, wie fortgeschritten die Entwicklung ist.“

Was fehlt noch, um Inklusion im Fußball weiter voranzutreiben?

„KickIn!“ setzt sich seit 2017 dafür ein, Barrieren beim Stadionbesuch abzubauen. Die Organisation berät Vereine und Stadionbetreiber, das Stadionerlebnis inklusiver zu gestalten. Unterstützt wird diese Arbeit von der DFL. Eines Tages würde man gerne einen Preis für das inklusivste Stadion in Deutschland ausloben, sagt Wurbs. „Von unserer Vision eines inklusiven Stadions sind wir in Deutschland aktuell leider noch sehr weit entfernt.“ Ein großes Thema aus der Sicht von „KickIn!“ bleibt es, dass noch nicht überlegt wird, wie der gesamte Stadionbesuch so gestaltet werden kann, dass alle gleichberechtigt teilnehmen können.

Was damit konkret gemeint ist: Auch wenn es an vielen Standorten sogenannte „Speziallösungen“ wie zum Beispiel die Pflegeprodukte für Männer bei Manchester United gibt, fehlt laut „KickIn!“ noch ein ganzheitlicher Ansatz. Ein paar Pflegeprodukte oder Unisex-Toiletten im Stadion hier und dort reichen aus Sicht der Beratungsstelle noch nicht aus. „Aber wir sind der festen Überzeugung, dass wir uns auf einem guten Weg befinden und sich der Fußball nicht hinter anderen gesellschaftlichen Bereichen verstecken muss“, sagt Thomas Schneider von der DFL.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...

DWN
Politik
Politik Putins neue Gegnerin und ihr Appell an Europa
24.12.2025

Europa ringt mit seiner Haltung gegenüber Russland und der Frage nach Konsequenz und Abschreckung. Wie sollte der Westen mit einem Kreml...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handwerkspräsident: "Demokratie muss nun liefern"
24.12.2025

Die Stimmung im deutschen Handwerk ist angespannt, die Wirtschaft schwächelt seit Jahren. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands...

DWN
Politik
Politik DWN-Jahresrückblick 2025: Schulden, Krieg, KI – und Europas Zerreißprobe
24.12.2025

Schulden in Billionenhöhe, neue Kriegsängste, technologische Abhängigkeiten: 2025 hat Gewissheiten zerlegt, die lange als stabil galten....

DWN
Technologie
Technologie The Good City: Die Stadt der Zukunft ist leise, sauber und elektrisch
24.12.2025

Lärm, Abgase, Platzmangel – urbane Probleme kennt jeder. Doch Renault Trucks zeigt: Die Zukunft der Stadt ist elektrisch, leise und...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple XRP: Zwischen ETF-Fantasie und anhaltendem Kursdruck
24.12.2025

Ripple XRP verliert an Boden, während der Kryptomarkt insgesamt vorsichtiger wird. Technische Schwäche, unterschrittene Schlüsselmarken...

DWN
Technologie
Technologie Exponentielles Wachstum durch KI: Chancen und Grenzen für Wirtschaft und Gesellschaft
24.12.2025

Die künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant und verändert zunehmend Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. Doch kann dieser...