Politik

AfD-Fan Elon Musk sorgt für Unruhe im deutschen Wahlkampf

US-Milliardär Elon Musk macht der AfD ein Weihnachtsgeschenk und outet sich öffentlichkeitswirksam als Fan. Die Rechten sind begeistert, aus anderen Parteien kommen Vorwürfe der Wahleinmischung.
20.12.2024 16:32
Aktualisiert: 20.12.2024 16:32
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
AfD-Fan Elon Musk sorgt für Unruhe im deutschen Wahlkampf
Wollen die Welt aufmischen, sich überall einmisvhen: Argentiniens ultraliberaler Präsident Javier Milei (r.) hat sich auf seiner US-Reise mit dem Tech-Milliardär Elon Musk im Tesla-Werk getroffen. (Foto: dpa)

US-Milliardär und Tesla-Gründer Elon Musk hat sich öffentlichkeitswirksam als AfD-Fan zu erkennen gegeben und damit mitten im Bundestagswahlkampf großen Wirbel ausgelöst. Die AfD feiert Musk, Ex-Finanzminister Christian Lindner bietet ihm ein Gespräch über die FDP an, und aus anderen Parteien kommt scharfe Kritik und der Vorwurf der Einmischung in den deutschen Wahlkampf. Die Bundesregierung hält sich zunächst zurück.

"Only the AfD can save Germany" ("Nur die AfD kann Deutschland retten"), schrieb Musk auf seiner Plattform X über den Post einer AfD-nahen Influencerin. AfD-Chefin Alice Weidel bedankte sich postwendend mit einem, "Ja! Da haben Sie vollkommen recht, Elon Musk!" und schickte später noch ein an "Dear Elon" gerichtetes Video auf Englisch hinterher.

Scholz: Meinungsfreiheit gilt auch für Multimilliardäre

Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend. Meinungsfreiheit gelte auch für Multimilliardäre, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin bei einer Pressekonferenz. "Aber Meinungsfreiheit heißt auch, dass man Dinge sagen kann, die nicht richtig sind und keinen guten politischen Ratschlag beinhalten." Zuvor hatte eine Regierungssprecherin schon mehrere Nachfragen nach möglichen Konsequenzen und ob es sich um Wahleinmischung oder Wahlbeeinflussung von außen handele nicht beantwortet.

Sie verwies lediglich allgemein auf das EU-Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) und die dafür zuständige EU-Kommission. Man gehe davon aus, dass der DSA von den Plattformen auch geachtet werde. Tiktok, Facebook, X, Google und viele andere müssen nach diesem EU-Gesetz schneller und schärfer als früher gegen illegale Inhalte im Netz vorgehen, sonst drohen ihnen hohe Strafen. Laut Bundesregierung betrifft das neben Hassrede unter anderem gefälschte Produkte, die zum Kauf angeboten werden, oder das Verbot sogenannter dark patterns, bei denen Nutzerinnen und Nutzer zu Entscheidungen verleitet werden können, die sie nicht frei getroffen hätten.

Kanzler weiter bei X

Zur Frage, ob der Kanal des Bundeskanzlers bei X weiterbetrieben werde, sagte die Sprecherin, die Entwicklung von X seit der Übernahme von Elon Musk besorge die Regierung. "Trotzdem kommen wir in der Abwägung immer wieder zu dem Ergebnis, dass wir auf X bleiben." Es sei ein wichtiges Medium, um Menschen zu erreichen und zu informieren.

Musk ist inzwischen enger Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump, dessen Wahlkampf er mit Millionen-Spenden unterstützte. Seine Beiträge auf X erreichen mehr als 200 Millionen Follower auf der ganzen Welt und werden in kürzester Zeit zehntausendfach weitergeleitet. X wird vor allem von Journalisten, Politikern und politischen Influencern genutzt und hat damit großen Einfluss auf den Meinungsbildungsprozess in der Gesellschaft.

Kritik an Eingriff in den Wahlkampf

Aus verschiedenen Parteien kam scharfe Kritik. Wenn Musk mit seiner Plattform X aktiv in den Wahlkampf eingreife, um der AfD Rückenwind zu verschaffen, sei das "ein alarmierendes Signal", sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. Deutschland brauche weder fremde Einflüsse noch Trumpismus. "Stay out, Elon" ("Bleib draußen, Elon"), forderte er. Der digitalpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Reinhard Brandl (CSU), sagte: "Eine solche Konzentration von Macht und Reichweite bei einer Person ist eine ernsthafte Gefahr für unsere Demokratie."

Die Linke-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek sagte: "Elon Musk ist der reichste Mann der Welt, der sich ein Massenmedium gekauft hat, um ungefiltert seine Meinung Millionen von Menschen aufzudrücken und damit Einfluss auf die Politik von diversen Staaten auszuüben."

Lindner lädt Musk zum Plausch über FDP ein

FDP-Chef Christian Lindner schrieb an Musk, die AfD sei gegen Freiheit und Wirtschaft und eine rechtsextreme Partei. Er möge nicht voreilige Schlüsse aus der Ferne ziehen, sondern sich mit ihm treffen und über die FDP sprechen. Sein Parteikollege Wolfgang Kubicki riet mit Blick auf Musks Post insgesamt zur Gelassenheit: "Ich glaube nicht, dass sich die Tesla-Fahrer in Deutschland von dieser Meinungsäußerung in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen lassen", sagte er. Er sprach von einer privaten Meinungsäußerung und fügte hinzu, es unterscheide sich im Grundsatz nicht von der Wahlempfehlung der deutschen Klimaaktivistin Luisa Neubauer zur Demokratin Kamala Harris in den USA.

Musk mischt auch in britischer Politik mit

Schon im Sommer hatte sich Tech-Milliardär Musk, der als Tesla-Chef zu den großen Arbeitgebern in Brandenburg gehört, nach der Europawahl lobend über die AfD geäußert. Die Partei werde als rechtsextremistisch bezeichnet, "aber die politischen Positionen der AfD, von denen ich gelesen habe, klingen nicht extremistisch", hatte er Anfang Juni geschrieben. Er mischt sich schon seit Monaten auch in die britische Politik ein. So hat er der rechtspopulistischen britischen Partei Reform UK seine Unterstützung versichert und spricht mit Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage über eine Spende.

Man könnte natürlich auch Gelassenheit an den Tag legen. Dass Elon Musk (über dem großen Teich) nicht vollständig im Bilde ist, darf einen nicht wundern. Aber, es heißt, er habe den Kanzler im TV sprechen hören und sich das übersetzen lassen. Dass Musk danach instinktsicher seinen Nachricht absetzte, zeigt nur, dass es ihm als bekennenden Deutschland-Fan nicht egal ist, wie es in und um Deutschland weitergeht. Er hat in Grünheide bei Berlin immerhin eine Fabrik gebaut - deshalb ist er sicherlich befugt, mitzureden. Auch wenn er von der AfD und Frau Weidel wohl keine Ahnung hat und auch kein Bild.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie: Grüner Move beim bayrischen Autobauer – neuer iX3 besteht zu einem Drittel aus Recycling
17.08.2025

Mit dem neuen iX3, dem ersten Elektroauto der neuen Klasse, verfolgt BMW erstmals einen ganzheitlichen Ansatz zur Reduzierung seines...

DWN
Politik
Politik Tarnung 4.0: Bundeswehr rüstet sich für urbane Einsätze
17.08.2025

Die Bundeswehr stellt ihre Kampfbekleidung auf Multitarn um. Ab 2026 soll der Multitarndruck das alte Flecktarnmuster ablösen. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenturbulenzen? So machen Sie Ihr Wertpapierdepot krisenfest
17.08.2025

Börsenkurse schwanken, politische Unsicherheiten nehmen zu – und das Depot gerät ins Wanken. Wie schützen Sie Ihr Vermögen, ohne...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitale Erschöpfung: Wie Technologien helfen können, die Überlastung durch Technologien zu lindern
17.08.2025

Müde, obwohl Sie ausgeschlafen sind? Reizbar, obwohl nichts passiert ist? Der Grund könnte digitale Erschöpfung sein – ein stiller...

DWN
Finanzen
Finanzen Gruppeneffekt an der Börse: Wenn Freunde das Portfolio steuern
17.08.2025

Unsere finanziellen Entscheidungen sind oft weniger durchdacht, als wir glauben. Menschen in unserem Umfeld können erheblichen Einfluss...

DWN
Panorama
Panorama Dienstleister für Visa und ETA: Zwischen Hilfe und Abzocke – was Sie wissen müssen
17.08.2025

Reisen wird komplizierter: In vielen Ländern reicht der Reisepass nicht mehr. Visa, ETA oder digitale Einreisekarten sind nötig....

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerhinterziehung: Zahl der Betriebsprüfungen geht seit Jahren zurück - das bringt Probleme mit sich
17.08.2025

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist immer wieder ein erklärtes Ziel der Politik. Doch in der Realität gibt es immer weniger...

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...