Schon vor seiner Vereidigung setzt der künftige US-Präsident Trump die Nato-Partner bei den Verteidigungsausgaben unter Druck. Kanzler Olaf Scholz lässt dessen Fünf-Prozent-Forderung an sich abprallen - und merkt nicht, dass er selbst der Geisterfahrer in der Regierung ist.
200 Milliarden Euro die Truppe - nicht mit der SPD
Olaf Scholz (SPD) hat sich von der Forderung von US-Präsident Donald Trump distanziert, fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. "Fünf Prozent wären über 200 Milliarden Euro pro Jahr, der Bundeshaushalt umfasst nicht einmal 500 Milliarden", sagte Scholz am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Bielefeld. "Das geht dann nur mit massivsten Steuererhöhungen oder massivsten Kürzungen für viele Dinge, die für uns wichtig sind."
Scholz versprach aber, dass Deutschland das aktuelle Nato-Ziel von mindestens zwei Prozent des BIP einhalten werde. "Ich garantiere, dass wir weiterhin zwei Prozent unserer Wirtschaftsleistung ausgeben werden für Verteidigung", sagte er. "Jeder, der sagt, das ist nicht der Weg, der muss auch sagen, wo das Geld herkommen soll."
Dass es andernorts mit den fünf Prozent doch geht, dürfte Scholz wundern. Doch die Polen wollen es versuchen. Polen hat sich hinter die Forderung des designierten US-Präsidenten Donald Trump gestellt, die Nato-Mitglieder sollten ihre Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung erhöhen. Das von Trump formulierte Ziel sei ein "wichtiger Weckruf" für die Bündnisstaaten, sagte Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz. Die Umsetzung werde möglicherweise zehn Jahre dauern. "Aber ich denke, er sollte nicht dafür kritisiert werden, dass er ein wirklich ehrgeiziges Ziel gesetzt hat, denn sonst wird es einige Länder geben, die weiterhin darüber diskutieren, ob mehr Ausgaben wirklich notwendig sind."
Das EU- und Nato-Mitglied Polen zählt zu den wichtigsten politischen und militärischen Verbündeten der von Russland angegriffenen Ukraine. Mit Beginn des Krieges hat Polen seine Verteidigungsausgaben massiv erhöht. Das Land gab 2024 geschätzt 4,2 Prozent seines Bruttoinlandproduktes für Verteidigung aus - ein Spitzenwert in der EU und Nato. Im kommenden Jahr soll der Anteil nach Regierungsangaben auf 4,7 Prozent steigen.
Deutschland hat im vergangenen Jahr erstmals das Zwei-Prozent-Ziel erreicht, das die Nato-Länder sich gesetzt hatten. Wobei auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eine Steigerung der Verteidigungsausgaben über diese Zielmarke hinaus für nötig hält - nur der Kanzler mauert.
Trump fordert fünf Prozent - Polen will es versuchen
Die Nato hatte sich das Zwei-Prozent-Ziel bereits 2014 gesetzt. Deutschland hat diese Marke erst zehn Jahre später in 2024 wieder erreicht – mit dem 100 Milliarden Euro schweren und über Schulden finanzierten Sondertopf für die Bundeswehr.
Trump hat in der vergangenen Woche von den Bündnispartnern aber fünf Prozent verlangt. Auch Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck ist dafür, bei den Verteidigungsausgaben weit über zwei Prozent der Wirtschaftskraft hinauszugehen. Er fordert 3,5 Prozent. In den Wahlprogrammen von Union und SPD stehen mindestens zwei Prozent.
Bielefeld war der Auftakt der Wahlkampftour von Scholz, der bis zur Wahl am 23. Februar mehr als 30 Bürgergespräche plant. Die Veranstaltung wurde von zwei Zwischenrufern gestört, die gegen das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg protestierten und anschließend aus dem Saal geführt wurden.