Von unten betrachtet wirkt die Fünf-Prozent-Hürde wie ein steiler Anstieg. Diese Herausforderung spüren nicht nur die FDP und die Linke, sondern auch das Bündnis Sahra Wagenknecht. Das BSW, nach ersten Wahlerfolgen, ist in aktuellen Umfragen bundesweit auf 4 Prozent gefallen. Damit liegt die neue Partei fast gleichauf mit den 3 bis 4 Prozent der Linken, von denen sich das BSW abgespalten hat. Auch die FDP wird nach dem Bruch der Ampel-Koalition mit Werten zwischen 3 und 5 Prozent eingestuft.
Alle drei Parteien betonen, dass viele Wählerinnen und Wähler noch unentschlossen seien. Umfragen so lange vor dem Wahltermin am 23. Februar haben eine hohe Fehlermarge, sodass 4 Prozent auch 5 oder 3 sein könnten. Dennoch ist es lohnenswert, die kleinen Parteien im Auge zu behalten, da ihr Abschneiden erhebliche Auswirkungen auf die Bundespolitik haben könnte.
Ein Parlament mit bis zu acht Parteien
"Verschiebungen von wenigen Prozentpunkten haben großen Einfluss auf die Mandatsverteilung", analysiert Manfred Güllner vom Institut Forsa. "Würden die Stimmen am Wahlabend der aktuellen politischen Stimmung entsprechen, wären lediglich vier Parteien im neuen Bundestag vertreten."
Sollten hingegen BSW, Linke und FDP den Einzug schaffen, gäbe es sieben Parteien. Im Extremfall könnten es sogar acht werden, falls die Freien Wähler über drei Direktmandate in Bayern in den Bundestag einziehen – was laut Beobachtern jedoch wenig wahrscheinlich ist.
Koalitionen könnten kompliziert werden
Wie Güllner weiter erläutert, könnte die Regierungsbildung stark variieren. Mit nur Union, SPD, Grünen und AfD im Bundestag hätten Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot eine klare Mehrheit. Mit sieben Parteien jedoch "hätte die Union nur noch mit der SPD, der AfD oder mit Grünen und FDP gemeinsam" eine regierungsfähige Mehrheit.
Für FDP, Linke und das BSW steht alles auf dem Spiel. Während Linke und FDP in den Ländern bereits zahlreiche Wahlniederlagen erlitten haben, befindet sich das BSW noch im Aufbau. Ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde würde sie nicht nur in der Wahrnehmung schwächen, sondern auch die staatliche Parteienfinanzierung schmälern. Dennoch zeigen sich alle drei Parteien optimistisch.
Die Linke
"Wir haben allein im letzten Jahr 14.000 neue Mitglieder gewonnen", erklärt der Linken-Chef Jan van Aken. Laut ihm zeigen die Umfragen eine positive Tendenz. "Das wird sich fortsetzen, da bin ich total optimistisch." Mit über 100.000 Haustürbesuchen wolle man nah bei den Menschen sein und zentrale Themen wie Mieten und Preise ansprechen.
Die größte Hoffnung der Linken ruht auf der "Aktion Silberlocke". Gysi, Bartsch und Ramelow sollen je ein Direktmandat gewinnen und damit dank der Grundmandatsklausel Fraktionsstärke sichern. Van Aken glaubt sogar an mehr als drei Direktmandate. Das Thema Mitregieren sei jedoch vorerst unrealistisch.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht
Im BSW herrscht weiterhin Begeisterung über erste Erfolge. Gründerin Sahra Wagenknecht begeisterte ihre Anhänger beim Parteitag in Bonn mit einer kämpferischen Rede. Dass das BSW aktuell Gegenwind spürt, erklärt sie mit einem feindseligen Umfeld. Wagenknecht spricht von "öffentlichen Lügenkampagnen" und einer unausgewogenen Berichterstattung.
Das BSW setzt auf Frieden und den Import günstiger Energie aus Russland, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wagenknechts Kanzlerkandidatur bleibt angesichts niedriger Umfragewerte jedoch umstritten. Sie betont, ihre Chancen seien nicht geringer als die von Habeck oder Weidel. Mit wem das BSW koalieren könnte, bleibt unklar, doch Wagenknecht fordert eine Expertenregierung.
Die FDP
Trotz schlechter Umfragewerte nach dem Ende der Ampel setzt die FDP auf Zuversicht. Marco Buschmann, designierter Generalsekretär, erklärte bei "t-online", dass viele Wähler sich erst nach Beginn des Wahlkampfes festlegen. Wirtschaftswende und Schuldenbremse bleiben zentrale Themen der FDP.
Parteichef Christian Lindner zeigt sich entschlossen, mit der Union als Partner erneut in die Regierung einzutreten. Seine Strategie: Wählerinnen und Wähler aus den politischen Rändern zurückholen. Beim Dreikönigstreffen betonte er: "Ohne AfD und BSW gäbe es längst eine schwarz-gelbe Mehrheit." Die Realität: Mit Umfragewerten von 20 bis 22 Prozent ist die AfD fünfmal so stark wie die FDP.