Streitlustiger und umstrittener "Milchbaron": Theo Müller wird 85
Theo Müllers kleine Dorfmolkerei entwickelte sich zum Milliardenkonzern. Doch Müller steht nicht nur für Wachstum: kreative Werbung, innovative Produkte, Steuerflucht und Nähe zur AfD-Chefin.
Er formte aus einem Kleinunternehmen in der schwäbischen Provinz einen internationalen Lebensmittelkonzern: Als Theo Müller 1971 die Molkerei im Dorf Aretsried übernahm, beschäftigte der Betrieb vier Mitarbeiter. Inzwischen zählt die Unternehmensgruppe laut Konzernangaben mehr als 32.000 Beschäftigte, 21 Produktionsstandorte und erwirtschaftete 2023 einen Umsatz von über 9 Milliarden Euro. Am 29. Januar wird der Mann, der diesen Großkonzern aufbaute, 85 Jahre alt.
Theo Müller mache traditionell keinen großen Wirbel um seine Geburtstage, so ein Unternehmenssprecher. Zu seinem 80. Geburtstag hatte er sich aus dem Aufsichtsrat des Konzerns zurückgezogen und den Posten an seinen ältesten Sohn Stefan übergeben. Dennoch blieb Müller senior weiterhin in den Schlagzeilen, vor allem wegen seiner Nähe zur aktuellen AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel.
Von der Dorfmolkerei zum internationalen Konzern
Als Müller in dritter Generation die Leitung des Familienbetriebs übernahm, existierte die Dorfmolkerei bereits rund 75 Jahre. Theobald "Theo" Alfons Müller machte sie in einem Markt voller regionaler Hersteller deutschlandweit und später international bekannt. Dabei setzte er auf eine Doppelstrategie: Einerseits engagierte er Prominente als Werbeträger, andererseits verwandelte er Milchprodukte in bekannte Marken.
So brachte er den "Joghurt mit der Ecke" auf den Markt, bei dem neben der Milchspeise etwa Müsli in einer abknickbaren Ecke des Bechers enthalten ist. Müllers fertiger Milchreis wurde in den 1980er-Jahren ebenfalls zum Verkaufsschlager. Zur gleichen Zeit entstand auch die "Müllermilch", deren Schoko- und Vanillegetränke zum Markenzeichen des Unternehmens wurden.
Prominente als Gesichter der Marke
Prominente wie Fußball-Weltmeister Gerd Müller, Tennisstar Boris Becker oder Larry Hagman, der Fiesling aus der Erfolgsserie "Dallas", warben in Spots für diese Produkte und trugen so zum Erfolg des bayerischen Unternehmens bei. Der Slogan "Alles Müller, ... oder was?" prägte sich über Jahrzehnte ein. Der Milchindustrie-Verband lobte das Marketing als wegweisend. "Theo Müller wurde da auch oft kopiert", sagte der ehemalige Geschäftsführer des Spitzenverbands, Eckhard Heuser.
Heute umfasst die Müller-Gruppe auch Marken wie Weihenstephan, Sachsenmilch, Landliebe sowie die Feinkostanbieter Nadler und Homann. International produziert oder exportiert der Konzern in über 80 Länder, ein Schwerpunkt liegt dabei auf Großbritannien.
Seinen Geburtsort Aretsried, der zur Gemeinde Fischach im Landkreis Augsburg gehört, hat Theo Müller längst verlassen. Der Mann, oft "Milchbaron" genannt, zog in die Schweiz, während die Unternehmenszentrale in Luxemburg residiert. Aretsried bleibt jedoch einer der bedeutendsten Standorte des Konzerns.
Erbschaftssteuer und Konflikte mit Greenpeace
Die Unternehmensstruktur ist das Ergebnis eines Streits um die Erbschaftssteuer, der vor über zwei Jahrzehnten begann. Müller zog mit seiner Familie in die Nähe von Zürich und verteidigte diesen Schritt öffentlich: Sollte das Unternehmen an seine Kinder übertragen werden, wäre eine dreistellige Millionensumme an Steuern fällig, was die Existenz des Konzerns gefährden würde. Kritik ließ nicht lange auf sich warten.
Der streitlustige Unternehmer war stets kampfbereit. Mit Greenpeace führte er einen Rechtsstreit bis zum Bundesverfassungsgericht, nachdem die Umweltorganisation Müllerprodukte als "Gen-Milch" bezeichnet hatte. Müller unterlag in diesem Verfahren.
Privates Treffen mit AfD-Chefin sorgt für Aufsehen
Mehrfach geriet der Molkereichef ins Visier von Kriminellen. 1995 scheiterte ein Entführungsversuch, bei dem als Polizisten getarnte Täter Müller bei einer fingierten Verkehrskontrolle in einen Kastenwagen zerren wollten. Der resolute Unternehmer wehrte sich, woraufhin sich der Haupttäter das Leben nahm. Prozesse gegen die Komplizen folgten. In einem der Verfahren blieb Müller als Zeuge gelassen und erklärte, er habe nur zwei bis drei Monate gebraucht, um die Tat zu verarbeiten: "Das ist keine Sache, die mich weiter bewegt."
Ende 2023 geriet Müller erneut in die Schlagzeilen, als die "Bild"-Zeitung von einem Treffen zwischen ihm und AfD-Chefin Weidel in Cannes berichtete. Wenige Wochen später erklärte Müller in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung", Weidel sei für ihn "eine Freundin". "Ich unterhalte mich gerne mit ihr", sagte er, betonte aber auch: "Ich bin kein AfD-Mitglied, und ich möchte keines werden."
Weidel sieht in Deutschland Potenzial, Superreiche in die Politik einzubinden – ähnlich wie Tech-Milliardär Elon Musk in den USA. Auf eine entsprechende Frage sagte sie im RTL-"Kandidatencheck", sie denke an Persönlichkeiten wie Theo Müller. Es sei wichtig, dass sich mehr Menschen mit wirtschaftspolitischem Sachverstand und erfolgreiche Unternehmer in die Politik einbringen.