Politik

Heizungsgesetz: CDU will es abschaffen – was wären die Folgen?

Heizungsgesetz CDU? Was viele nicht wissen: Das heiß diskutierte und viel gehasste „Heizungsgesetz“ stammt ursprünglich von der Union. 2019 brachte die Bundesregierung die Gesetzesnovelle des Gebäudeenergiegesetzes auf den Weg. Nach einem Wahlsieg wollen CDU/CSU nun das Heizungsgesetz rückabwickeln. Einmal hin, einmal her: Was hieße dies für Verbraucher, Firmen und Kommunen?
05.02.2025 06:04
Lesezeit: 5 min

Das "Heizungsgesetz" war einer der, sagen wir mal, brutaleren Schüsse ins eigene Knie der Grünen. Mit Entsetzen verfolgten die Deutschen Erschaffung und anschließendes Umhertorkeln des unförmigen Bürokratiemonsters, begleitet von überzogenen Maßnahmen und suboptimaler Kommunikation der Ampelregierung. Was galt denn nun für wen? Welche Heizung musste bis wann wie ersetzt werden und warum? Und wer sollte das bezahlen? Das Heizungsgesetz hat im Laufe der Legislaturperiode der Ampel zwar etwas an Klarheit gewonnen, hängt aber immer noch schwer wie ein kaputter Heizkessel am Bein der Grünen. Ein gefundenes Fressen für den politischen Gegner - als der sich die Union nun immer schärfer positioniert. Obwohl es eigentlich die CDU höchstselbst war, die das Monster ursprünglich zum Leben erweckt hatte, als Gesetzesnovelle des Gebäudeenergiegesetzes. Aus dem CDU-geführten Bundesministerium für Wirtschaft (Wirtschaftsminister damals: Peter Altmaier) hieß es im Jahr 2019: „Das Gebäudeenergiegesetz schafft ein neues, einheitliches, aufeinander abgestimmtes Regelwerk für die energetischen Anforderungen an Neubauten, an Bestandsgebäude und an den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden.“

Heizungsgesetz: CDU will sofort rückabwickeln

Jetzt schiebt die Union in altbekannter Manier die Schuld von sich fort, deutet anklagend auf die Grünen und kündigt groß an, im Falle ihres Wahlsieges in einer fulminanten Rolle rückwärts das Heizungsgesetz wieder abzuwickeln. Was all jene freuen dürfte, die verständlicherweise keine Lust darauf haben, dass ihnen irgendwer ins Heizen reinredet. Aber ist das alles wirklich so einfach, mit den aktuellen EU-Vorgaben und geforderten klaren Rahmenbedingungen seitens der Industrie? Das Ganze ist jedenfalls Teil der aktuellen Wahlkampfstrategie der CDU/CSU. Ein verschärftes Programm hat die Union am Montag auf ihrem Parteitag in Berlin vorgestellt. Handelt es sich dabei um einen mutigen Befreiungsschlag gegen die bürokratische Bevormundung der Bürger? Oder doch nur um heiße Luft, um Wählerstimmen einzuheimsen?

Habeck warnt vor Abschaffung

Angesichts der Pläne der Union, das Heizungsgesetz nach der Bundestagswahl abzuschaffen, warnte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erwartungsgemäß vor steigenden Kosten für die Bürger und wirtschaftlicher Verunsicherung. "Die von manchen geforderte Rückabwicklung des Gebäudeenergiegesetzes wäre fatal", sagte der Grünen-Politiker der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Wer beim Thema Heizen allein auf den CO2-Preis setzt, macht das Heizen aufgrund des steigenden CO2-Preises für Öl- und Gas-Heizungen nicht billiger, sondern teurer", betonte er. Durch den Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung würden Bürgerinnen und Bürger künftig Geld sparen.

Förderquote bis zu 70 Prozent

"Wir unterstützen sie dabei über alle Einkommensschichten hinweg mit der bisher attraktivsten Förderung. Für private Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen beträgt die Förderquote bis zu 70 Prozent." Die Förderung funktioniere, und die Antragszahlen stiegen. "Wir sollten das Gebäudeenergiegesetz zum Schutz unseres Klimas und Wohlstands nun weiter wirken lassen. Der Ruf nach einer Rückabwicklung des Gesetzes kommt die Bürgerinnen und Bürger langfristig teuer zu stehen und führt zu Verunsicherung in Wirtschaft und Gesellschaft", betonte Habeck.

Laut dem Bundeswirtschaftsministerium nimmt die Zahl der Anträge, die bei der staatlichen KfW-Bank für den Umstieg auf klimafreundliche Heizungen gestellt werden, zu. Demnach sind bis zum 31. Dezember 2024 insgesamt rund 227.000 Anträge eingegangen. Der Großteil betrifft den Wechsel auf Wärmepumpen (rund 151.100), gefolgt von Biomasse (26.800) und dem Anschluss an Wärmenetze (9600).

Heizungsgesetz: Kommunen gegen Rückabwicklung

Der Grünen-Politiker bekommt dabei überraschend Rückendeckung von den Kommunen: Aus Sicht von Städten und Gemeinden sollte das geltende Heizungsgesetz fortbestehen und Planungssicherheit für die anstehende Transformation geben. "Wer die Wärmewende zum Erfolg führen will, muss verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen schaffen", sagte der Energieexperte des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Timm Fuchs, der "Rheinischen Post". "Nur so wird es gelingen, Kommunen, Stadtwerke, die Wirtschaft und vor allem die Bürgerinnen und Bürger für diese zentrale Transformationsaufgabe zu gewinnen", erklärte der Beigeordnete für Energiefragen des kommunalen Spitzenverbandes.

Kommunen und kommunale Unternehmen könnten durch eine zukunftsfeste kommunale Wärmeplanung Orientierung geben, bräuchten dafür aber selbst einen stabilen Rechts- und Förderrahmen. "Das Gebäudeenergiegesetz als Teil des Transformationsprozesses infrage zu stellen, kann nicht der richtige Schritt sein. Wichtig ist aber, dass das Gesetz klarer und verständlicher wird. Zudem müssen alle klimafreundlichen Energieträger im Sinne einer echten Technologieoffenheit anerkannt werden", so Fuchs weiter.

Heizungsgesetz als wichtige Säule der Klimaneutralität

Das Heizungsgesetz - offiziell Gebäudeenergiegesetz - beruht auf europäischen Vorgaben, die die EU-Mitgliedsstaaten umsetzen müssen. Eine vollständige Abschaffung wäre daher nicht ohne Hürden. Zudem ist es ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg Deutschlands, bis 2045 klimaneutral zu werden. Die seit Anfang 2024 gültige Neufassung regelt unter anderem den Einsatz erneuerbarer Energien beim Einbau neuer Heizungen. Ziel ist der Umstieg auf klimafreundliche Wärmeerzeuger. Um die Novelle hatte es ein langes politisches Ringen gegeben.

Schon im Jahr 2024 hatte der CDU-Chef Friedrich Merz davon gesprochen, das Gesetz „zurücknehmen“ zu wollen. Nun will die CDU das Heizungsgesetz abschaffen. Es stehe für „bürokratisches Reinregieren in den Heizungskeller“, heißt es im Programm. Die Gesetzesnovelle, die schon der Ampel-Koalition jede Menge Streit und öffentliche Empörung eingebracht hatte, steht damit wieder auf der Kippe.

CDU will Heizungsgesetz abschaffen – Hintergründe

Ein kurzer Blick zurück: Was steckt hinter dem Heizungsgesetz? Im Kern sollte es den Umstieg von fossilen Öl- und Gasheizungen auf klimafreundliche Alternativen, etwa Wärmepumpen, erleichtern. „Für die Wärmewende sollen spätestens Mitte 2028 neue Heizungen mit 65 Prozent Erneuerbarer Energie laufen“, schreibt die Bundesregierung dazu. Im Rahmen des Programms waren auch staatliche Förderungen für den Heizungstausch vorgesehen.

Neubauten in Baulücken und Bestandsgebäude haben hier eine längere Schonfrist erhalten. Laut der Bundesregierung sollte das für „bessere Abstimmung“ bei Investitionsentscheidungen mit der örtlichen Wärmeplanung sorgen. Bis spätestens Mitte 2028 (Großstädte haben bis Mitte 2026 Zeit) müssen die Kommunen festlegen, wo Wärmenetze oder klimaneutrale Gasnetze entstehen sollen.

Heizungsgesetz abschaffen: Was hieße das für die Verbraucher?

Eine Abschaffung des Heizungsgesetzes könnte die Verbraucher in eine schwierige Lage bringen. Die aktuelle Regelung bietet Hausbesitzern Planungssicherheit und unterstützt den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme mit Fördermitteln von bis zu 70 Prozent der Kosten. Bastian Gierull, CEO von Octopus Energy Germany GmbH, warnte: "Wenn die Politik das Heizungsgesetz jetzt kippt, riskieren wir, dass Verbraucher weiterhin in veraltete Öl- und Gasheizungen investieren." Diese könnten durch steigende CO2-Preise und Gasnetzentgelte langfristig zur Kostenfalle werden.

Ein konkretes Beispiel: Wasserstofffähige Gasheizungen werden zwar beworben, doch ohne klaren politischen Rahmen könnten die Betriebskosten aufgrund steigender Energiepreise unerschwinglich werden. Gierull fordert daher, Verbrauchern weiterhin Orientierung zu bieten, um teure Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Heizungsgesetz Rücknahme: Heizungsbauer raten davon ab

Eine Rücknahme des Heizungsgesetzes würde auch die Heizungsbauer schwer treffen. Viele haben den jahrelangen Kampf um ihr lukratives Öl- und Gasheizungsgeschäft aufgegeben und sich stattdessen umorientiert, um auch in Zukunft profitabel zu bleiben. Milliardensummen wurden in den Umstieg auf das Geschäft mit der Wärmepumpe investiert. "Bereits die bloße Ankündigung möglicher Änderungen sowie die dadurch neu entfachte Diskussion um das Heizungsgesetz haben zu einer großen Verunsicherung in der Bevölkerung und einem erneuten Abwarten bei Investitionen in Heizungsanlagen geführt", mahnte der Deutschland-Geschäftsführer des Wärmepumpenherstellers Daikin, Martin Krutz, im "Handelsblatt".

Von Norbert Schiedeck, Chef des Konkurrenten Vaillant, hieß es: „Der Markt hat sich auf das Gebäudeenergiegesetz eingestellt.“ Eine erneute Änderung würde zu massiven Turbulenzen in der Wirtschaft führen. Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) beklagt zwar einen deutlichen Absatzeinbruch von Wärmepumpen im vergangenen Jahr, warnte aber ebenfalls vor einer Rückabwicklung. "Der Wärmepumpenabsatz ist im Jahr 2024 um 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, von 356.000 in 2023 auf 193.000", sagte BWP-Geschäftsführer Martin Sabel der Zeitung. Für die Hersteller von Wärmepumpen, also praktisch die gesamte Heizungsindustrie, sei der Nachfragerückgang eine "enorme wirtschaftliche Herausforderung", erklärte Sabel. Sie hätten sich konsequent auf den Hochlauf der Schlüsseltechnologie für die Wärmwende ausgerichtet. Zugleich erwartet der Verband nach einer leichten Markterholung in der zweiten Jahreshälfte 2024 "für dieses Jahr einen deutlichen Anstieg des Absatzes von Wärmepumpen um etwa 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr".

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Maximilian Modler berichtet über spannende Entwicklungen aus den Bereichen Energie, Technologie - und über alles, was sonst noch für die deutsche Wirtschaft relevant ist. Er hat BWL, Soziologie und Germanistik in Freiburg, London und Göteborg studiert. Als freier Journalist war er u.a. für die Deutsche Welle, den RBB, die Stiftung Warentest, Spiegel Online und Verbraucherblick tätig.

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