Krisengipfel in Paris: Findet Europa eine Antwort auf Trump?
Die USA wollen den Ukraine-Krieg im Alleingang mit Russland beenden. Europa muss rasch handeln, um Mitsprache und Sicherheit nach einem Deal zu sichern. Gelingt das auf dem Treffen in Paris?
Ein Krisengipfel mit Brisanz
"Konsultationen zur Lage in der Ukraine und zu Sicherheitsfragen in Europa" – auf den ersten Blick klingt das Treffen europäischer Staats- und Regierungschefs in Paris unspektakulär. Doch die jüngsten Ereignisse zeigen, dass es sich um nichts weniger als einen Krisengipfel handelt. Das Wichtigste im Überblick:
Worum geht es bei dem Spitzentreffen?
Zentrales Thema ist die Frage, wie Europa auf den drastischen Kurswechsel in der US-Ukraine-Politik reagieren soll. Diese zielt darauf ab, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Kreml-Chef Wladimir Putin zu Verhandlungen über ein Kriegsende zu zwingen und den Europäern die Verantwortung für die Absicherung eines Friedensdeals zu überlassen.
In Berlin und anderen europäischen Hauptstädten ging jüngst die Aufforderung ein, mögliche Beiträge zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu benennen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen die Länder angeben, wie viele Soldaten sie für eine Friedenstruppe oder Ausbildungsprogramme nach dem Ende des russischen Angriffskriegs in die Ukraine entsenden könnten. Zudem geht es um Waffensysteme und die Frage, welche Erwartungen an die USA gestellt werden.
Zugleich müssen die Europäer klären, wie sie darauf reagieren, dass die Amerikaner ihnen keine zentrale Rolle im Verhandlungsprozess einräumen – und von der Ukraine unabgesprochen Zugeständnisse verlangen. Um ein Kriegsende zu ermöglichen, solle diese aus US-Sicht ihre Ambitionen auf einen schnellen NATO-Beitritt aufgeben und akzeptieren, dass ein Teil ihres Staatsgebiets dauerhaft unter russischer Kontrolle bleibt.
Wer nimmt an dem Treffen teil?
Erwartet werden neben Bundeskanzler Olaf Scholz die Staats- und Regierungschefs von Großbritannien, Italien, Polen, Spanien, den Niederlanden und Dänemark. Zudem sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ratspräsident António Costa sowie NATO-Generalsekretär Mark Rutte anwesend. Gastgeber ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Warum findet der Gipfel in Paris statt?
Macron ergreift – wie bereits in früheren Krisenmomenten – die Initiative, um sich auf internationaler Bühne als Antreiber und Moderator für eine Lösung zu positionieren. Im Ukraine-Konflikt sorgte er vor knapp einem Jahr mit der Idee für Aufsehen, Bodentruppen zu entsenden. Kurz vor Weihnachten brachte er Trump und Selenskyj in Paris erstmals an einen Tisch, um über eine Beendigung des Kriegs zu sprechen.
Zuvor hatte Macron mit einer Initiative für ein internationales Militärkontingent in der Ukraine zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstands für Diskussionen gesorgt. Details zur Pariser Friedensinitiative wurden nicht bekannt. Denkbar war auch eine Truppenpräsenz für Ausbildungsprogramme der ukrainischen Streitkräfte – eine mögliche Sicherheitsgarantie, über die nun in Paris beraten wird.
Welche Ergebnisse sind möglich?
Im besten Fall einigen sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf eine gemeinsame Strategie im Umgang mit der neuen US-Regierung und deren Vorstellungen zur Lösung des Ukraine-Kriegs. Konkret dürfte es darum gehen, welche Angebote Trump gemacht werden können – und wo die roten Linien liegen. Öffentliche Ankündigungen, etwa zur möglichen Größe eines europäischen Truppenkontingents für die Ukraine, sind jedoch nicht zu erwarten. Aus der EU-Kommission hieß es, die Gespräche vom Montag sollten anschließend in anderen Formaten fortgesetzt werden – mit dem Ziel, alle Partner zusammenzubringen, die an Frieden und Sicherheit in Europa interessiert sind.
Warum wurde der Gipfel so kurzfristig anberaumt?
Ausschlaggebend war der Druck der USA, die in Kürze Spitzengespräche mit Russland in Saudi-Arabien organisieren wollen. Wenn Europa noch Einfluss auf die Verhandlungen nehmen will, muss bis dahin eine gemeinsame Position stehen. NATO-Generalsekretär Rutte begrüßte die Initiative ausdrücklich bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Er betonte, er sei sehr erfreut, dass das Treffen zustande komme.
US-Präsident Donald Trump bekräftigte am Sonntag erneut seine Überzeugung, dass Wladimir Putin an einem Ende der Gefechte interessiert sei. "Ich denke, er will das beenden", sagte Trump. Wie zuvor sein Außenminister Marco Rubio erklärte er, die Ukraine werde an den Gesprächen über einen möglichen Frieden beteiligt sein.
Warum sind nicht alle EU-Staaten vertreten?
Ein Grund dürfte sein, dass in kleineren Runden effizienter verhandelt werden kann als in großen. Zudem ist es denkbar, dass die Anwesenheit von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán nicht erwünscht war. Der rechtsnationale Politiker gilt als Fan und enger Vertrauter von Trump.