Politik

Bundestagswahl 2025: Mittelstand fordert Bürokratieabbau

Der Mittelstand sieht sich von überbordender Bürokratie, hohen Steuern und steigenden Energiekosten ausgebremst. Vor der Bundestagswahl 2025 fordert er eine Politik, die unternehmerische Freiheit stärkt, Innovationen ermöglicht und den Standort Deutschland wieder wettbewerbsfähig macht. Doch gelingt es der nächsten Bundesregierung, die richtigen Weichen zu stellen?
22.02.2025 05:51
Lesezeit: 4 min
Bundestagswahl 2025: Mittelstand fordert Bürokratieabbau
Der Mittelstand fordert Reformen für Wachstum. (Foto: dpa) Foto: Sebastian Kahnert

Bundestagswahl 2025: Mittelstand fordert mehr Mut für Deutschland

Für die Bundestagswahl fordert der Mittelstandsverbund (Zentralverband Gewerblicher Verbundgruppen, ZGV) mehr Mut zu Reformen und mehr Freiraum für unternehmerisches Handeln. "Die Bundestagswahl 2025 muss eine Richtungsentscheidung hin zu mehr Eigenverantwortung und Freiheit sein – nicht nur in der Wirtschaftspolitik. Die nächste Bundesregierung muss zeigen, dass sie den Menschen wieder mehr zutraut. Dann wächst auch das Vertrauen in die Politik", sagt Dr. Henning Bergmann, Hauptgeschäftsführer des ZGV.

"Wir brauchen mehr Mut: Die nächste Bundesregierung muss sich zutrauen, strukturelle Reformen anzustoßen, die den Standort Deutschland wieder wettbewerbsfähig machen. Sie muss der Wirtschaft einen klaren, verlässlichen Rahmen geben, in dem Leistung und Eigenverantwortung wieder angemessen wertgeschätzt werden. Der Mittelstand kann sein volles Potenzial ausschöpfen, wenn die Politik mehr Freiraum für Unternehmertum lässt", so Bergmann weiter. "Der Kern unserer Forderungen ist einfach: Habt mehr Vertrauen in Unternehmerinnen und Unternehmer! Viel zu viele bürokratische Vorgaben sind Ballast, der keinen Mehrwert schafft – Wirtschaft und Gesellschaft werden nicht stärker, nachhaltiger oder innovativer, indem sie umfangreiche Berichtspflichten erfüllen oder überlange Aufbewahrungsfristen einhalten. Transformation muss gestaltet werden. Dafür brauchen wir einen Mittelstand, der weiterhin anpackt und in die Zukunft investiert."

Wirtschaftliches Wachstum unerlässlich für Frieden

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) schlägt in dieselbe Kerbe. Laut BVMW sind die Wachstumshemmnisse für den Mittelstand vielfältig und strukturell tief verwurzelt. Obwohl sie ein Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind, werden vor allem kleine und mittlere Unternehmen von vergleichsweise hohen Energiepreisen belastet.

Zudem schwächt die überproportional hohe Steuerlast die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Im internationalen Vergleich hat Deutschland laut BVMW erheblichen Nachholbedarf bei der Digitalisierung von Staat und Verwaltung. Dies erschwert Unternehmensgründungen und hemmt Innovationen. Die mangelnde Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung verstärkt zudem die Bürokratie, schreckt potenzielle Gründer ab und wirkt als zusätzliches Wachstumshemmnis.

Der Fach- und Arbeitskräftemangel belastet die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen, denn es fehlt schlicht an Personal, um Aufträge anzunehmen. Die nächste Bundesregierung steht vor der Aufgabe, diese Herausforderungen entschlossen anzugehen. Wirtschaftliches Wachstum und Stabilität sind für den sozialen Frieden unerlässlich. Denn nur wenn die deutsche Wirtschaft wächst, lassen sich Verteilungskämpfe vermeiden. So werden alle demokratischen Kräfte und der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt.

Der Mittelstandsverbund hat die Kernforderungen des kooperierenden Mittelstands in einem Positionspapier zur Bundestagswahl zusammengefasst: Der politische Handlungsdruck in den Bereichen Bürokratie, Nachhaltigkeit, Steuern, Energie, Arbeitsmarkt und Wettbewerbsrecht ist unübersehbar.

Was der Mittelstandsverbund fordert

Mehr Freiraum: Bürokratie & Digitalisierung

Überbordende Bürokratie bremst den kooperierenden Mittelstand aus und gefährdet den Wirtschaftsstandort Deutschland. Es gilt, Ballast abzuwerfen und Wachstumspotenziale zu entfesseln: Der Mittelstand braucht mehr Freiraum! Verbindliche Entlastungsziele, ein besserer Dialog zwischen Politik und Wirtschaft sowie eine echte Digitalisierungsoffensive machen dies möglich.

Kernforderungen:

  • Verbindliche Bürokratiereduktionsziele durch einen gestärkten Normenkontrollrat sowie angemessene Verbändebeteiligung in Gesetzgebungsverfahren

  • Ein zentrales Unternehmensportal und verbindliche digitale Standards

  • Ein Moratorium für neue Berichtspflichten sowie eine praxisorientierte Anpassung bestehender Anforderungen im Rahmen des Green Deals

Mehr Wachstum: Steuern und Finanzen

Der Standort ist steuerlich nicht mehr wettbewerbsfähig, was den Mittelstand unmittelbar trifft. Es ist Zeit, gegenzusteuern und die wirtschaftliche Dynamik anzukurbeln: Der Mittelstand fordert eine Steuerreform, die Wachstum fördert. Ein vereinfachtes Steuerrecht und gezielte Entlastungen machen dies möglich – ohne die Schuldenbremse anzutasten.

Kernforderungen:

  • Mittelstandsfreundliche Anpassung von Körperschaft-, Einkommen- und Gewerbesteuer sowie Abschaffung gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen

  • Mehr Pauschalierungen und kürzere steuer- und handelsrechtliche Aufbewahrungsfristen

  • Verzicht auf neue steuerliche Anzeige- und Berichtspflichten

Mehr Innovation: Nachhaltigkeit und Lieferketten

Solange mittelständische Unternehmen unter einer Flut von Dokumentations- und Berichtspflichten ersticken, kommt die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit nicht voran. Die Politik muss mehr Innovation ermöglichen: Transformation muss gestaltet, nicht nur dokumentiert werden. Klare, mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen schaffen den notwendigen Handlungsspielraum.

Kernforderungen:

  • Ein fokussierter ESRS-Standard, keine doppelten Berichtspflichten und ein digitaler Berichtsrahmen

  • Gezielte finanzielle Anreize und deutlich weniger bürokratische Hürden für die Digitalisierung fairer und nachhaltiger Lieferketten

Mehr Verlässlichkeit: Energie und Klimaschutz

Damit die Energiewende nicht bloß ein politisches Projekt bleibt, sondern zur wirtschaftlichen Chance wird, müssen die Weichen jetzt richtig gestellt werden. Es braucht eine Politik, die den Mittelstand als Innovationstreiber und Wachstumsmotor anerkennt. Weniger Symbolpolitik und mehr Verlässlichkeit müssen Leitlinien sein – mit einer zukunftsfähigen Energieinfrastruktur, stabilen Energiepreisen und verlässlichen Förderkulissen.

Kernforderungen:

  • Niedrigere Steuern, Abgaben und Umlagen auf Energie sowie beschleunigte Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien

  • Technologieoffene Förderung, weniger Bürokratie und ein fairer, marktwirtschaftlich gestalteter CO2-Preis

  • Einführung eines zentralen "One-Stop-Shops" für Förderprogramme sowie langfristige steuerliche Anreize für Investitionen in Klimaschutz

Mehr Eigenverantwortung: Arbeitsmarkt und Unternehmertum

Der Fachkräftemangel stellt den Mittelstand weiterhin vor große Herausforderungen. Um mehr Beschäftigung zu ermöglichen und das Arbeitskräftepotenzial auszuschöpfen, muss die Arbeitsmarktpolitik mehr Eigenverantwortung zulassen. Die direkte, individuelle Arbeitsorganisation zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Mittelstand erfordert flexible Rahmenbedingungen.

Kernforderungen:

  • Schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse, mehr qualifizierte Zuwanderung und flexiblere Aufenthaltstitel

  • Erleichterung der Beschäftigung Älterer und Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden

  • Abbau bürokratischer und finanzieller Hürden für selbstständige Unternehmer

Mehr Fairness: Wettbewerb und Kooperation

Inhabergeführte, regional verwurzelte Unternehmen stehen im Wettbewerb mit global agierenden Digitalkonzernen und weitverzweigten Filialnetzen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, bieten überbetriebliche Kooperationen in Genossenschaften und Verbundgruppen die besten Chancen. Deshalb gilt es, die wirtschaftliche Vielfalt zu stärken und mehr Fairness im Wettbewerbsrecht zu schaffen.

Kernforderungen:

  • Sicherer Rechtsrahmen für Nachhaltigkeitskooperationen und gemeinsames Lieferkettenmanagement

  • Gleichberechtigte Rahmenbedingungen für Kooperationen im Vergleich zu Konzernen beim Daten- und Informationsaustausch

  • Eine zentrale Anlaufstelle für Verbundgruppen im Bundeswirtschaftsministerium

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Maximilian Modler berichtet über spannende Entwicklungen aus den Bereichen Energie, Technologie - und über alles, was sonst noch für die deutsche Wirtschaft relevant ist. Er hat BWL, Soziologie und Germanistik in Freiburg, London und Göteborg studiert. Als freier Journalist war er u.a. für die Deutsche Welle, den RBB, die Stiftung Warentest, Spiegel Online und Verbraucherblick tätig.

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