Gerade verkündete das Bundesamt für Statistik einen neuen Job-Rekord: Im Jahr 2024 arbeiteten 46,1 Millionen Menschen in Deutschland – so viele wie noch nie. Doch das Job-Wunder ist gar keins. Denn die meisten neuen Stellen schafft sich der Staat selbst.
„Im öffentlichen Sektor wird sich jetzt schon ein Fettpolster angefressen, falls eine neue Bundesregierung doch beim Bürokratie-Abbau Ernst machen sollte“, sagte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank zur Bild.
Ifo kritisiert öffentlichen Sektor als ineffizient
Der öffentliche Dienst in Deutschland verschärft nach Ansicht des Dresdner Ifo-Instituts die Personalprobleme in der Privatwirtschaft. Die Beschäftigung im öffentlichen Sektor habe in den letzten Jahren zugenommen, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Marcel Thum mit Verweis auf Zahlen von Statistikämtern. „Stattdessen hätte die öffentliche Verwaltung die Digitalisierung vorantreiben müssen, um mit den Effizienzgewinnen Personal einzusparen.“
In Deutschland waren 2022 rund 5,2 Millionen Frauen und Männer im öffentlichen Dienst beschäftigt, so viel wie zuletzt im Jahr 1996. Beim Tiefstand im Jahr 2008, eine Folge von langjährigen Rationalisierungs- und Sparmaßnahmen, waren es nur 4,5 Millionen Personen. Jeder zehnte Beschäftigte des öffentlichen Dienstes arbeitet aktuell beim Bund, die Hälfte bei den Bundesländern und ein Drittel bei den Kommunen. Der verbleibende Anteil von sieben Prozent entfällt auf den Bereich Sozialversicherung.
Rückstand bei Digitalisierung
Thum zufolge hat sich der öffentliche Sektor nur unzureichend darauf vorbereitet, dass die erwerbsfähige Bevölkerung schrumpfen wird. „Überdies steigen die Kosten, weil sich die Löhne der öffentlich Beschäftigten an denen der Privatwirtschaft orientieren, ohne gleichermaßen produktiver zu werden. Diese zusätzlichen Kosten müssen die Steuerzahler tragen“, so der Ifo-Forscher.
Der Wissenschaftler verwies auf Studien, wonach Deutschland im öffentlichen Sektor bei der Digitalisierung hinterherhinkt. „Während Unternehmen Automatisierung nutzen und Arbeitsprozesse verschlanken, werden im öffentlichen Dienst neue Stellen geschaffen, statt alte Aufgaben und Prozesse zu hinterfragen.“
Die Digitalisierung in der Privatwirtschaft erhöhe die Arbeitsproduktivität insgesamt, hieß es. Letztendlich stiegen damit die Löhne auch im öffentlichen Sektor. Diese höheren Löhne müssten dann für die steigende oder konstante Zahl an Beschäftigten im öffentlichen Sektor gezahlt werden.
Lasten für Steuerzahler
„Diese Entwicklung überfordert auf Dauer die Steuerzahler. Sie gefährdet langfristig aber auch die gesamte Wirtschaft, da ihr der öffentliche Sektor die Arbeitskräfte entzieht“, erklärte Thum. Damit werde der Fachkräftemangel in der gesamten Wirtschaft verschärft. Der Staat müsse sich stärker auf Digitalisierung und Prozessoptimierung konzentrieren, um mit den knapper werdenden Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen.
Hinzukommt, dass der öffentliche Sektor die Anpassung an den demografischen Wandel verpasst, wie ifo-Experte Marcus Thum in seinem neusten Aussatz analysiert. Die schrumpfende und alternde Bevölkerung beeinflusst nahezu alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Besonders betroffen ist der Arbeitsmarkt, auf dem in den kommenden Jahren die Anzahl der potenziellen Arbeitskräfte stark zurückgehen dürfte. Dies stellt – selbst bei nachlassender wirtschaftlicher Dynamik – sowohl die Privatwirtschaft als auch den öffentlichen Sektor vor massive Probleme. Doch während der private Sektor durch Digitalisierung und Automatisierung Flexibilität beweist, fällt es dem öffentlichen Sektor schwer, sich auf diese Realität einzustellen.