Wirtschaft

Heizungsmarkt im freien Fall: Verkäufe brechen um 50-Prozent ein

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sorgt für Chaos, die Nachfrage nach neuen Heizungen bricht drastisch ein. 2024 steuert der Markt in eine Absatzkrise, Hersteller kämpfen mit Umsatzeinbrüchen und Entlassungen. Wie geht es weiter?
15.03.2025 11:02
Lesezeit: 3 min
Heizungsmarkt im freien Fall: Verkäufe brechen um 50-Prozent ein
Ein Handwerker arbeitet an einer Wärmepumpe in der Enpal Akademie (Foto: dpa). Foto: Fabian Sommer

Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) hat die Verkaufszahlen für 2024 veröffentlicht – und die Zahlen sind alarmierend: Mit 712.500 verkauften Wärmeerzeugern hat sich der Absatz im Vergleich zum Vorjahr nahezu halbiert. 2023 hatte die Branche mit über 1,3 Millionen verkauften Geräten noch ein Rekordjahr verzeichnet. „Die Wärmewende tritt damit gut ein Jahr nach Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und der Ausweitung der Förderung auf alle Wohnungseigentümer und Hausbesitzer Ende August auf der Stelle", erklärte der Verband.

Absatzkrise eskaliert: Hersteller streichen Stellen

Nach dem Boomjahr 2023 folgt der Absturz. Statt eines florierenden Wärmepumpen-Markts rutschen Heizungsbauer in die Krise. Besonders hart getroffen hat es Stiebel Eltron. Das Unternehmen musste bereits letztes Jahr 30 Stellen abbauen, um Kosten zu senken. Die anhaltende Flaute auf den europäischen Heizungsmärkten führte zu einem erheblichen Umsatzrückgang. „Vor diesem Hintergrund waren und sind Kostensenkungsmaßnahmen unumgänglich“, erklärte ein Unternehmenssprecher.

Auch Branchenriesen wie Viessmann und Vaillant bekommen den Markteinbruch zu spüren. Die Hoffnung auf eine schnelle Erholung schwindet – die Unsicherheit ist zu groß. BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt fordert deshalb dringend politische Klarheit. Der Markt brauche „dringende Maßnahmen“, um langfristig „auf einen verlässlichen Wachstumspfad“ zurückzufinden.

Wärmepumpen-Ziel in weiter Ferne – Einbruch bei allen Technologien

Besonders stark betroffen ist der Wärmepumpenmarkt: Nur noch 193.000 Geräte wurden 2024 verkauft – ein Rückgang von 46-Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das ambitionierte Regierungsziel von 500.000 installierten Wärmepumpen pro Jahr scheint damit außer Reichweite.

Doch nicht nur Wärmepumpen, sondern auch andere Heiztechnologien stürzen ab. Moderne Brennwertheizungen für flüssige oder gasförmige Brennstoffe mussten deutliche Einbußen im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen. Besonders stark betroffen waren zudem Biomasseheizungen, deren Verkäufe mit 24.000 Geräten um 52-Prozent zurückgingen. Auch solarthermische Anlagen, Heizungspumpen und Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung verkauften sich schlechter als im Vorjahr.

GEG-Chaos: Verbraucher halten Investitionen zurück

Ein wesentlicher Treiber des massiven Absatzeinbruchs ist die anhaltende Unsicherheit durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die schleppende kommunale Wärmeplanung. Viele Hausbesitzer verschieben Investitionen, weil sie nicht wissen, welche Vorgaben in ihrer Kommune künftig gelten. Bis spätestens 2028 (Großstädte 2026) müssen Gemeinden festlegen, wo Wärmenetze ausgebaut oder verdichtet werden. Doch vielerorts fehlt bisher jegliche Klarheit.

Das Ergebnis: Verbraucher warten ab, der Markt stagniert, der Wohnungsbau stockt – die Absatzkrise spitzt sich weiter zu. Der BDH fordert daher: Mehr Transparenz und klare Ansagen der Politik! Kommunen müssen Hausbesitzer frühzeitig über geplante Wärmenetze informieren, damit Verbraucher nicht länger im Ungewissen bleiben. Die Informationen müssen vor Abschluss der endgültigen Pläne bereitgestellt werden, um Investitionen nicht weiter zu verzögern.

Zusätzlich drängt der BDH auf Korrekturen am GEG – in enger Abstimmung mit der Branche. Vor allem brauche es eine verlässliche Förderstrategie, um kurzfristige Kürzungen oder abrupte Programmstopps zu verhindern. Außerdem müsse das Gesetz praxisnäher und verständlicher gestaltet werden, damit Verbraucher es überhaupt umsetzen können.

Keine schnelle GEG-Kehrtwende – Eigentümer sollten realistisch planen

Während 2023 noch viele Verbraucher aus Angst vor den Folgen des GEG vorsorglich eine neue Gas- oder Ölheizung kauften, ist dieser Boom vorbei. Nun setzen viele darauf, dass eine neue Bundesregierung das Gesetz kippt. Diese Hoffnung könnte trügen. Gesetzesänderungen brauchen politische Mehrheiten und selbst wenn eine Kurskorrektur kommt, könnte sie Jahre dauern. Bis dahin bleiben die aktuellen Vorgaben bestehen. Wer abwartet, riskiert nicht nur steigende Kosten für eine spätere Umrüstung, sondern auch hohe Strafen. Verstöße gegen das GEG können mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden.

Statt auf politische Unsicherheiten zu setzen, sollten Eigentümer frühzeitig eine fundierte Entscheidung treffen. Ob Wärmepumpe, Hybridlösung oder H2-ready-Heizung – eine strategische Investition kann sich langfristig lohnen, unabhängig davon, wie sich die politische Lage entwickelt.

Lichtblick für die Branche: Förderanträge steigen – reicht das für die Wende?

Trotz der Absatzkrise gibt es zumindest einen positiven Trend. Die Zahl der bewilligten Förderanträge ist zum Jahresende spürbar gestiegen. Allein im Dezember wurden fast 46.000 Anträge genehmigt, im gesamten Jahr waren es 192.406. Doch Förderzusagen allein reichen nicht aus. Entscheidend ist, dass diese Projekte tatsächlich umgesetzt werden. Bleibt die Unsicherheit bestehen, droht der Heizungsmarkt weiter zu stagnieren – mit weitreichenden Folgen für Hersteller, Handwerker und Verbraucher.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik AfD Ausschussvorsitz: Schwarz-Rot verhindert AfD-Politiker - Alle sechs AfD-Kandidatin scheitern
22.05.2025

In sechs Ausschüssen des Bundestags hat die Partei „Alternative für Deutschland“ ein Vorschlagsrecht. Wie die SPD haben CDU und CSU...

DWN
Finanzen
Finanzen Erfolgreich in Kunst investieren: Warum Gemälde, Märkte und NFTs neue Anlagechancen bieten
22.05.2025

Wenn Aktien schwanken und Märkte auf Sicht fahren, wird Kunst zur strategischen Alternative. Wie Gemälde, Sammlerstücke und digitale...

DWN
Politik
Politik Russisches Schatten-Schiff vor Polens Küste: NATO greift ein
22.05.2025

Ein russisches Schiff kreuzt verdächtig nahe eines NATO-Kabels in der Ostsee – dann greift ein Bündnisstaat ein. Was steckt hinter dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ohne Bürokratieabbau, kein Handwerk: KMU geben Politik klare Handlungsempfehlung für Bürokratieabbau
22.05.2025

Rund 75 Arbeitstage pro Jahr verlieren Betriebe im Handwerk an produktiver Zeit durch Bürokratie. Eine Studie der Handwerkskammer Dresden...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Briefträger als Beamter? Post, Telekom, Postbank haben noch tausende verbeamtete Mitarbeiter
22.05.2025

Wer Beamter ist, arbeitet für den Staat – oder? Das stimmt zwar in den allermeisten Fällen. Doch es gibt Ausnahmen: Mancher Beamter ist...

DWN
Panorama
Panorama Schüsse in Washington: Zwei Mitarbeiter der Israels Botschaft in den USA erschossen
22.05.2025

Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft in Washington sind am Mittwochabend gegen 21 Uhr Ortszeit durch Schüsse in der Nähe des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Automobilindustrie will nicht mehr in Deutschland investieren: Autozulieferer legen Investitionen auf Eis
22.05.2025

Laut einer Umfrage des Verbands der Automobilindustrie (VDA) wollen mehr als drei Viertel der Zulieferer (76 Prozent) ursprünglich in...

DWN
Politik
Politik China spielt Schach, Trump wirft mit Steinen – Nobelpreisträger Stiglitz kritisiert US-Präsident Trump
22.05.2025

Joseph Stiglitz, Ex-Berater von Präsident Bill Clinton und früherer Chefökonom der Weltbank, warnt vor Trumps Wirtschaftspolitik: Die...