Europa hat im internationalen Vergleich zu wenige Roboter. "China hat seinen Fokus konsequent auf Spitzentechnologie und hochwertige Fertigung verlagert. Das Land treibt die Automatisierung voran und verdoppelte seine Roboterdichte innerhalb von vier Jahren auf 470 Roboter pro 10.000 Arbeiter. Damit wird der EU-Durchschnitt von 219 Einheiten um mehr als das Doppelte übertroffen", sagt Dietmar Ley, Vorsitzender des Verbands VDMA Robotik + Automation.
Europas Wirtschaft verliert
In der internationalen Wettbewerbsfähigkeit verliere Europa an Boden und müsse dringend eine Aufholjagd starten, mahnt Ley. "Robotik und Automatisierung sind Schlüsseltechnologien für das künftige Wachstum der Volkswirtschaften, da sie die Produktivität steigern, Innovationen vorantreiben und neue Chancen eröffnen." Mit einem Aktionsplan will die nach eigenen Angaben größte Netzwerkorganisation der Robotikindustrie in Europa entscheidende Impulse setzen. Er richtet sich an politische Entscheidungsträger in ganz Europa, einschließlich nationaler Regierungen und EU-Institutionen.
Strategie für ein wettbewerbsfähiges Europa
Das Strategiepapier "Leveraging Robotics and Automation for a Resilient and Competitive Europe" hebt acht Handlungsfelder hervor, um Europas Position in der globalen Technologielandschaft zu sichern:
-
Robotik als politische Priorität: Jedes europäische Land sollte eine nationale Robotik- und Automationsstrategie entwickeln, um Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
-
Fachkräftesicherung durch Bildung: Frühe STEM-Förderung in Schulen, Investitionen in MINT-Studiengänge und gezielte Einwanderungspolitik sind entscheidend, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.
-
Investitionsanreize für Automatisierung: Steuerliche Vergünstigungen und gezielte Förderprogramme sollen Unternehmen den Einstieg in Automatisierung erleichtern, insbesondere in unterentwickelten Sektoren wie Bau, Landwirtschaft und Gesundheitswesen.
-
Mehr Kapital für Innovation: Europa muss mehr Wagniskapital mobilisieren. Die erfolgreiche "Tibi-Initiative" Frankreichs könnte als Vorbild dienen.
-
Technologische Spitzenposition verteidigen: Europa muss regelmäßig seinen Fortschritt in Robotik und KI mit Asien und Nordamerika vergleichen und nationale sowie europaweite Technologie-Roadmaps entwickeln.
-
Skalierbarkeit sichern: Innovationen müssen nicht nur entwickelt, sondern auch industriell skaliert werden. Chinas Strategie zeigt, wie das gelingt.
-
Regulatorische Hürden abbauen: Flexiblere und schnellere Genehmigungsverfahren sowie "regulatorische Sandkästen" sollen Innovationen fördern, ohne Sicherheitsstandards zu senken.
-
Akzeptanz für Automatisierung steigern: Eine umfassende Aufklärungskampagne soll die Vorteile der Robotik für Gesellschaft und Wirtschaft verdeutlichen.
Schnelles Gegensteuern erforderlich
Laut VDMA ist schnelles Handeln gefragt. "Wir haben keine Zeit zu verlieren", betont Dr. Dietmar Ley, Vorsitzender des VDMA Robotik + Automation. "Unser neues Strategiepapier ist ein Aufruf an die Politik in ganz Europa, die Weichen zu stellen, um Europa mit Robotik und Automatisierung wettbewerbsfähiger und widerstandsfähiger aufzustellen. Machen wir uns an die Arbeit."
Der Verband appelliert an die politischen Entscheidungsträger auf EU- und nationaler Ebene, die vorgeschlagenen Maßnahmen zügig umzusetzen. Angesichts der zunehmenden Automatisierung in China und den USA könne Europa es sich nicht leisten, weiter abzuwarten.
Offensive für die Robotik in Europa
Zu den zentralen Punkten des Aktionsplans gehört eine Offensive für die Robotik in Europa. Die Branchenvereinigung begründet das so: "Europa wird zunehmend durch aggressive industriepolitische Strategien in anderen Ländern herausgefordert – wie die America-First-Agenda der Vereinigten Staaten und Chinas Fünfjahresplan für Robotik zeigen." Mit einer gezielten Robotikoffensive könne Europa seine Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen und seine Eigenständigkeit sichern. Darüber hinaus helfe dies, den demografischen Wandel zu bewältigen und den Übergang zur Klimaneutralität zu gestalten.
Europas Start-ups mit mehr Risikokapital stärken
Bisher konnten Europas Start-ups meist nur neidisch auf die hohen Summen an Risikokapital blicken, die US-Start-ups regelmäßig einsammeln. Das soll sich nach VDMA-Vorstellung ändern. "Dringend benötigtes zusätzliches Risikokapital muss durch eine Reform des regulatorischen Rahmens für institutionelle Anleger mobilisiert werden", heißt es dazu im Aktionsplan. Die französische Tibi-Initiative habe gezeigt, wie Kapital erfolgreich für Innovationen nutzbar gemacht werden könne. "Europa sollte diesem Beispiel folgen."
Roadmap für Wettbewerbsfähigkeit in Robotik und KI
Laut dem Aktionsplan müssen Europas Fortschritte in den Bereichen Robotik und künstliche Intelligenz systematisch einer Benchmarking-Analyse mit den Entwicklungen in Asien und Nordamerika unterzogen werden. Dafür seien konkrete nationale und europaweite Technologiefahrpläne erforderlich.
Von der Forschung in die Praxis: Fokus auf Skalierbarkeit
Nach Einschätzung der Robotikexperten des VDMA verfügt Europa über eine hervorragende Forschungs- und Innovationslandschaft, die großartige Ideen hervorbringt. Das reiche aber nicht, wenn andere am Markt erfolgreicher agieren. Im Aktionspapier heißt es dazu: "China zeigt, wie Ideen konsequent in die industrielle Massenproduktion überführt werden. Politische Entscheidungsträger in Europa müssen ein Umfeld schaffen, das Innovationen nicht nur ermöglicht, sondern auch in die Serienfertigung und breite Anwendung transferiert."
Der VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) vertritt rund 3.600 Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus in Europa und setzt sich für Innovation, Mittelstandsförderung und Exportstärkung ein. Der Fachverband "Robotik + Automation" umfasst mehr als 415 Mitgliedsunternehmen und ist eine zentrale Plattform der Branche.