Wirtschaft

Handelskrieg 2.0? Peking will ambitioniertes Wirtschaftswachstum angesichts US-Handelsstreits

Chinas Wirtschaft musste 2024 einige Hürden überstehen. Jetzt droht auch noch der Handelskrieg mit den USA unter Donald Trump zu eskalieren. Peking will dagegenhalten und greift tiefer in die Tasche.
05.03.2025 12:52
Aktualisiert: 05.03.2025 12:52
Lesezeit: 3 min
Handelskrieg 2.0? Peking will ambitioniertes Wirtschaftswachstum angesichts US-Handelsstreits
Der chinesische Ministerpräsident Li Qiang verbeugt sich vor seiner Rede während der Eröffnungssitzung des Nationalen Volkskongresses in Peking. (Foto: dpa) Foto: Andy Wong

Vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Handelsstreits mit den USA greift Chinas Führung der heimischen Wirtschaft unter die Arme. Zum Auftakt des Pekinger Volkskongresses kündigte Ministerpräsident Li Qiang ein Wachstumsziel von fünf Prozent für dieses Jahr an.

„Bei der Festlegung der Wachstumsrate auf etwa fünf Prozent haben wir die Notwendigkeit berücksichtigt, die Beschäftigung zu stabilisieren, Risiken zu verhindern und das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern“, sagte Li vor den rund 2.900 Delegierten in der Großen Halle des Volkes.

Wohl auch mit Bezug auf die Handelsstreitigkeiten mit Washington verwies Li auf „ein zunehmend komplexes und härteres externes Umfeld.“ Veränderungen, wie sie die Welt seit einem Jahrhundert nicht gesehen habe, entfalteten sich.

Probleme bremsen Wirtschaftsleistung

Die Vorgabe von fünf Prozent Wirtschaftswachstum entspricht den Erwartungen, gilt aber dennoch als ambitioniert. China signalisiert damit Beobachtern zufolge, dass es Geld in die Hand nehmen wird, um die Wirtschaft zu stützen. Eine geringe Inlandsnachfrage, schwaches Konsumvertrauen und die seit Jahren schwelende Immobilienkrise bremsen den Wirtschaftsmotor. Zudem drückt eine Deflation auf die Wirtschaftsleistung. Anders als im Vorjahr setzte Peking das Inflationsziel um einen Prozentpunkt niedriger auf - aus Expertensicht realistischere - „rund zwei Prozent.“

Und nun kommt mit US-Präsident Donald Trump auch noch neuer Ärger an der Handelsfront auf Peking zu. Erst am Dienstag, ausgerechnet am Vortag des Volkskongresses, ließ Trump anordnen, seine Sonderzölle aus dem Februar auf chinesische Einfuhren in die USA von 10 auf 20 Prozent zu verdoppeln. China reagierte mit neuen Zöllen auf US-Agrarprodukte und Strafmaßnahmen gegen US-Firmen.

China will für Zuversicht sorgen

Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt befinden sich damit an der Schwelle zu einem ähnlichen Handelskrieg wie bereits in Trumps erster Amtszeit, als sich beide Seiten durch Zölle und Gegenzölle immer weiter aufschaukelten.

Peking unterstreicht auch mit anderen beim Volkskongress vorgestellten Maßnahmen, dass es die Wirtschaft ankurbeln und Zuversicht in der Bevölkerung verbreiten will. Das geplante Budgetdefizit der Regierung wurde um einen Prozentpunkt auf vier Prozent des BIP erhöht und erreicht damit den höchsten Stand seit Jahrzehnten. Zudem sollen mehr Sonderanleihen als im Vorjahr ausgegeben werden.

Schattenseiten massiver staatlicher Förderung

In seinem Arbeitsbericht vor den Delegierten sprach Li von wirtschaftlichen „Schwierigkeiten und Herausforderungen“ im Vorjahr, hob aber auch die Erfolge hervor. So habe China „große Anstrengungen unternommen“, um eine innovationsgetriebene Entwicklung zu fördern und die industrielle Struktur aufzuwerten.

In China endet in diesem Jahr der Regierungsplan „Made in China 2025, der vor zehn Jahren verabschiedet wurde. Eine ganze Reihe der ambitionierten Vorgaben, um die chinesische Wirtschaft zu modernisieren“, konnte erreicht werden: So ist das Land zum Weltmarktführer bei erneuerbaren Energien geworden und produziert weltweit mit Abstand die meisten E-Autos. Allerdings verursachte die massive staatliche Förderung in einigen Branchen auch Überkapazitäten und andere Probleme.

Durchbruch bei Künstlicher Intelligenz

Zuletzt sorgte das KI-Unternehmen DeepSeek für weltweites Aufsehen, da es mit seinem Sprachmodell unterstrich, dass chinesische Firmen bei Künstlicher Intelligenz mit den USA mithalten können. Der Erfolg von DeepSeek sorgte seit Beginn des Jahres auch für eine bessere Stimmung an den chinesischen Börsen.

Tech-Aktien, die über Jahre stark an Wert verloren hatten, holten Teile ihrer Verluste wieder auf oder erreichten sogar neue Höchststände. Erst vor einigen Wochen empfing Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping die wichtigen Tech-Bosse des Landes in Peking, was die Märkte als weiteres positives Signal werteten. Der Volkskongress sagte den Tech-Firmen weitere Hilfen zu.

Li: Finanzierung der Industrien der Zukunft erhöhen

Auch Li ging vor dem Volkskongress konkret auf das Thema ein. So plant die Regierung laut dem vom Ministerpräsidenten vorgelegten Arbeitsbericht, „die umfangreiche Anwendung von großangelegten KI-Modellen zu unterstützen.“ Zudem sei ein Mechanismus geplant, um die Finanzierung für „die Industrien der Zukunft“ zu erhöhen.

Jacob Gunter vom Institut für China-Forschung Merics in Berlin sah vor dem Volkskongress zwar Signale einer wirtschaftlichen Unterstützung, um die Stimmung in der Bevölkerung zu verbessern. Doch sei es der Partei wichtiger, eine technologisch-industrielle Agenda voranzutreiben und das Militär zu modernisieren. In der Tat legte Peking bei seinen Militärausgaben auch in diesem Jahr wieder kräftig nach. Wie bereits im Vorjahr erhöhte es das Militärbudget um 7,2 Prozent auf nun rund 1,78 Billionen Yuan (etwa 231 Milliarden Euro).

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