Politik

Handelskrieg USA vs. China: Wird Deutschland zerrieben?

Nach Trumps Wiederwahl bebt die Welt. Vor Vorfreude? Vor Angst? Russland lacht sich ins Fäustchen, der globale Süden wartet interessiert ab, China blickt mit großen Augen Richtung Taiwan. Die globalen geopolitischen Verwerfungen lassen für Deutschland wenig Gutes ahnen. Droht ein Handelskrieg mit Deutschlands wichtigstem Wirtschaftspartner USA? Oder einer mit der neuen Weltmacht China? Oder gar ein Konflikt mit beiden zugleich? Was auf Deutschland zukommt.
17.12.2024 13:35
Aktualisiert: 01.01.2030 11:45
Lesezeit: 11 min
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Handelskrieg USA vs. China: Wird Deutschland zerrieben?
China setzt auf Zukunftstechnologie. Ein Drohnenfoto zeigt das chinesische sphärische Radioteleskop mit fünfhundert Metern Öffnung (FAST) in der südwestchinesischen Provinz Guizhou. (Foto: dpa)

Kürzlich wurde der erste chinesische Hafen in Südamerika eröffnet, für Megafrachter, die gigantische Warenmengen von Shanghai nach Chancay in Peru bringen, etwa 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Lima. Chinas Präsident Xi Jinping wohnte der Eröffnung im November 2024 bei. Der neue Umschlagplatz gehört zu 60 Prozent dem chinesischen Staatskonzern Cosco Shipping Ports und zu 40 Prozent dem peruanischen Unternehmen Volcan Compañía Minera. Die neue Seidenstraße Chinas (Belt and Road Initiative, BRI) führt schon lange auch übers Wasser. Sie ist ein Großprojekt Chinas und typisch für seinen langen Atem. Das autoritär-zentral gesteuerte Kollektiv denkt und handelt in ganz anderen Zeit- und Größeneinheiten als wir. Schritt für Schritt gewinnt das Land mit der nach Indien zahlreichsten Bevölkerung der Welt, 1,4 Milliarden Menschen, weltweit immer weiter an Einfluss. Hier ein Infrastrukturprojekt, dort ein Kredit, an dieser Stelle eine Drohung, an jener Stelle ein Abkommen. Der globale Handel soll über und durch das Reich der Mitte laufen. China will nicht nur Asien beherrschen, das jetzt schon mehr als die Hälfte des globalen BIP-Wachstums generiert. Sondern die Welt. Wenn in China also der sprichwörtliche Sack Reis umfällt, sollte uns das brennend interessieren.

Handelsabkommen Mercosur wackelt

Was heißt das für Deutschland? Besagter Sack Reis fällt uns langsam, aber schwer auf die Füße. Beispielsweise wackelt jetzt das geplante und für Deutschland so wichtige Handelsabkommen Mercosur zwischen der EU sowie Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Es sollte die größte Handelszone der Welt werden, mit mehr als 720 Millionen Menschen. Die Zone würde fast 20 Prozent der Weltwirtschaft und mehr als 31 Prozent der globalen Warenexporte abdecken. Aber Uruguay beispielsweise kommt jetzt vielleicht doch lieber mit China ins Geschäft. Wie entscheidet sich der Rest Südamerikas? Die chinesischen Investitionen dort sind von 2020 bis 2022 um das 34-fache gestiegen. Und Europa? Dreht sich um sich selbst, mit extra Schwung durch den Ukraine-Krieg und die gezielte Förderung populistischer Parteien durchs Ausland. Die Frage ist, ob die EU diese Fliehkräfte aushalten kann. Und wie sie mit dem Reich der Mitte umgehen soll.

China hat große Ziele

„Ich sage nur China, China, China!“, warnte schon der damalige Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger Ende der 1960er Jahre vor der „gelben Gefahr“. Manche sehen im Erfolg Chinas die Chance auf eine multipolare und gerechtere Weltordnung. Andere befürchten, dass mit China ein totalitärer Staat den Aufstieg schafft, der die digitale Überwachung perfektioniert. China jedenfalls hat nach den Demütigungen der vergangenen Jahrhunderte große Ziele. Xi Jinping selbst spricht vom Jahr 2049, in dem China voll zur Geltung kommen soll - pünktlich zum hundertjährigen Bestehen der Volksrepublik. Rund 40 Schlüsseltechnologien werden dafür intensiv und auch unter Einsatz von Spionage weiter entwickelt. Es geht dabei etwa um Luft- und Raumfahrttechnik, Elektromobilität, Energieeffizienz, Robotik, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Biotechnologie.

Chinas interne Probleme

China, noch immer die Werkbank der Welt, hat aktuell allerdings interne Probleme. Da ist die Überalterung der Bevölkerung durch die ehemalige Ein-Kind-Politik. Da ist die massive Arbeitslosigkeit, gerade bei jungen Menschen. Da zerschlägt eine Immobilienkrise die Binnennachfrage. Da hält die Bevölkerung Geld zurück, anstatt zu konsumieren. China-Experte Andreas Fulda sagt: „Das Land kämpft noch immer mit den Folgen seiner Zero-Covid-Politik. Wirtschaftlich mussten viele Unternehmen Rückschläge hinnehmen.“ Bei den Menschen hätten kritische Denkprozesse eingesetzt, was für die chinesische Regierung gefährlich sei. Chinas Probleme kriegen auch wir zu spüren. Etwa durch die Überflutung der europäischen Märkte durch chinesische Produkte, eine Mischung aus Online-Ramsch, günstiger Technik und E-Autos, gegen die heimische Anbieter keine Chance haben, wie einst schon die Solarbranche. Nur, dass es diesmal das Herz des deutschen Exports trifft – die Automobilindustrie. Die Verkaufszahlen deutscher Autohersteller in China sinken rapide. Zuletzt hatten Volkswagen, BMW und Co dort mehr als jedes dritte ihrer Autos vertrieben. Sie haben sich verkalkuliert und belasten jetzt mit massiven Einbußen und Entlassungen die deutsche Wirtschaft.

Protektionismus als „beste Chance“?

Eine Lösung für Chinas Produktschwemme müsste laut China-Experte Andreas Fulda, Professor in Nottingham, eine aktive Handelspolitik der EU sein: „China hat staatliche Subventionen, mit denen Europa nicht konkurrieren kann – vor allem im Solarbereich. Dazu sind die Umweltstandards niedriger, ganz zu schweigen von den Sozialstandards. Insofern halte ich es für völligen Quatsch, dass Europa nicht protektionistisch sein soll. Es ist unsere beste Chance.“ Anfang der 2010er-Jahre sei nicht auf den Preiskampf reagiert worden, wodurch die damals noch führende europäische Solarindustrie zerstört wurde. Fulda: „Jetzt wollen die Chinesen das Ganze mit der Automobilbranche wiederholen. Die Antwort darauf können also nur Importverbote und Strafzölle sein.“ Experten fordern schon lange einen gesunden Protektionismus gegen China, durch Zölle. Fulda weiter: „Der chinesische Staatskapitalismus ist weder an Freihandel interessiert noch an reinem Protektionismus. Wir nennen diese Form Power Trading. Es geht darum, Abhängigkeiten zu schaffen, sich in jedem Land eine eigene Lobby aufzubauen, mit der gehandelt werden kann.“

Handelskrieg zwischen USA und China

Auftritt Donald Trump und sein neues Kabinett. Die USA dürften den Kurs gegenüber der Volksrepublik deutlich verschärfen. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, auf Importe neue Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent einführen zu wollen. Für chinesische Waren sollen sie sogar 60 Prozent betragen. Damit will er den Produktionsstandort USA stärken und das aktuelle Handelsdefizit abbauen. Die USA bezichtigen China der gezielten Manipulation und des Diebstahls von geistigem Eigentum. Peking hätte über Jahrzehnte hinweg erst Technologie aus dem Westen angelockt, um Wissen abzuzapfen. Mithilfe staatlicher Subventionen hätte China dann in einem nächsten Schritt die heimische Industrie bevorteilt, die dann mit deutlich günstigeren Waren die Weltmärkte überschwemmten. Auf diese Weise hätten chinesische Firmen die westliche Konkurrenz aus vielen Märkten gedrängt. Diese Entwicklung sei bei der Stahlindustrie ebenso zu beobachten gewesen wie bei der Fotovoltaikindustrie. Deutschland, vor 15 Jahren noch führend in dieser Branche, bezieht derzeit über 85 Prozent seiner Solaranlagen aus der Volksrepublik. Die alte Dame EU wirkt ausmanövriert, durch eine Mischung interner Verstrickungen (Brexit und Co.) und Standesdünkel gegenüber den ehemaligen Kolonien. Je mehr die EU sich entzweit, desto mehr freuen sich Russland und all jene aufstrebenden Länder, die den ehemaligen Besatzermächten nicht nur freundlich gesonnen sind. Wie sinnvoll es war, deutsche Industrien nach China übersiedeln zu lassen, ist eine gute Frage. Fulda antwortet darauf: „Wer in Autokratien investiert, hat keine Rechtssicherheit. Das Problem ist nicht, dass man per se keinen Handel mit Autokratien betreiben sollte, sondern dass dieser Handel früher oder später als politische Waffe eingesetzt wird.“

Die Rohstoff-Abhängigkeit der EU

Zum Beispiel könnten seltene Erden als Waffe eingesetzt werden. Laut der EU konzentriert sich die Versorgung vieler kritischer Ressourcen auf einige wenige Anlieferer. China liefert 100 Prozent der Schweren Seltenen Erden, aus der Türkei kommen 99 Prozent des europäischen Boron-Bedarfs und aus Südafrika 71 Prozent des Platinums. Diese Rohstoffe können von Autokratien zunehmend als geopolitisches Druckmittel eingesetzt werden, warnte jüngst Siegfried Russwurm vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI). Umso schwerer wiegt dies, weil viele kritische Rohstoffe für die Energiewende wichtig sind. „Deutschland und Europa drohen den globalen Wettbewerb um strategisch wichtige Rohstoffe zu verlieren“, warnte der BDI-Chef. Sollte China – nach dem Vorbild Russlands beim Ölexport durch die Nord-Stream-Pipelines – beispielsweise einen Exportstopp verhängen, könnte allein diese Maßnahme bis zu 115 Milliarden Euro an Wertschöpfung gefährden.Das sind rund 15 Prozent der gesamten industriellen Wertschöpfung. Für die Automobilindustrie könne das einen direkten Verlust von 42 Milliarden Euro bedeuten. „De-risking“ nennt sich die Strategie, die da beschworen wird. Japan, Südkorea und Australien haben beispielsweise schon früh Diversifizierungsstrategien für kritische Vorprodukte und Absatzmärkte eingeläutet. Beim Aufbau von 5G-Infrastruktur wurde chinesische Technologie schnell aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen. Für Deutschland und Europa kommt das reichlich spät. Profitgier und eine gewisse arrogante Blauäugigkeit haben für starke Abhängigkeiten gesorgt, die jetzt nur schwer wieder zurückzudrehen sind. Aber es dürfte nötig sein.

Sinnvolle Balance für Deutschland?

Damit Deutschland und die EU gut durch die sich weiter verschärfende Polykrise kommen, braucht es daher eine sinnvolle Balance zwischen neuen Handelspartnern und militärisch-wirtschaftlichen Allianzen mit den USA – auch unter Trump. Die höchsten Exportüberschüsse wies Deutschland im Jahr 2023 mit den Vereinigten Staaten (63,3 Milliarden Euro), Frankreich (50,1 Milliarden Euro) und dem Vereinigten Königreich (41,7 Milliarden Euro) aus. Mehr Waren importiert als dorthin exportiert wurden aus China. Für dieses Land wies der Außenhandel im Jahr 2023 einen Importüberschuss von 59,5 Milliarden aus. Viele fürchten, dass die BRD jetzt in einem Handelskrieg zwischen den USA und China zerrieben wird. Denn wenn die beiden wirtschaftlichen, militärischen und finanziellen Supermächte in den Ring steigen, heißt das nichts Gutes für uns. Barry Eichengreen, Ökonomie-Professor an der University of California in Berkeley, analysiert: „Es wird der Zeitpunkt kommen, an dem sich die Deutschen und Europäer entscheiden müssen, ob sie an den USA festhalten und hohe Steuern auf alle chinesischen Importe erheben wollen, wie es die EU bereits bei E-Autos aus China tut, oder ob sie alternativ den Zugang zum US-Markt verlieren wollen. Trump könnte die Europäer, wenn sie an guten Handelsbeziehungen interessiert sind, dazu zwingen, ebenfalls eine pauschale 60-Prozent-Steuer auf chinesische Produkte zu erheben. Wenn sie nicht zustimmen, wird Trump Europa bestrafen, indem er hohe Zölle auf europäische Produkte erhebt.“

Investitionen in den Umbau der industriellen Infrastruktur

Professor Fulda fordert klare Leitplanken und eine starke Industriepolitik: „Der europäische Weg, einige wenige Unternehmen mit Subventionen zu füttern, wird nicht reichen. Es geht um ein gesamtes Ökosystem, von Ingenieuren über Universitäten bis hin zu den Herstellern. So etwas aufzubauen dauert normalerweise 20 Jahre – in diesem Fall sogar länger, weil seit 30 Jahren alles nach China ausgelagert wurde. Diesen Prozess des offshoring umzukehren und neue Industrien in Europa anzusiedeln wird viel Überzeugungsarbeit benötigen.“ Ins selbe Horn stößt der Amerikaner Eichengreen: „Der Staat spielt eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von öffentlichen Gütern wie der Infrastruktur, die der Markt nicht immer allein bereitstellen kann. Bildung ist ein weiteres Beispiel. Sie kommt nicht nur den Studenten zugute, sondern der Gesellschaft als Ganzes. Wie kann es sein, dass keine deutsche Universität unter den 50 besten der Welt ist? Deutschland sollte seine Schuldenbremse abschaffen oder zumindest reformieren, um sinnvoll in diese öffentlichen Güter investieren zu können. Seine internationale Wettbewerbsfähigkeit hängt davon ab.“

China, der „systemische Gegner“

Deutschland und die EU müssen also eine klare Position gegenüber USA und China finden und in den sauren Apfel beißen. Herumlavieren und hoffen, dass die USA es sich irgendwie nochmal anders überlegen mit ihrem „America First“ ist Quatsch. Das heißt also: Ärmel hochkrempeln, selbst machen und die Beziehung zu den USA pflegen. Die neue Außenbeauftrage der EU, die Estin Kaja Kallas, nennt China einen „systemischen Gegner“. Sie zog mehrfach einen Vergleich zwischen der Ukraine und Taiwan. Sollte nicht angemessen auf den Angriff gegen die Ukraine reagiert werden, sei das eine Einladung für andere Aggressoren. „Sie sehen dann, sie können das Territorium ihres Nachbarn besetzen und mit mehr nach Hause gehen, als was sie vorher hatten.“ Nordkorea, der Iran, Russland und China arbeiteten zusammen, betonte Kallas. Die nordkoreanischen Soldaten an der russischen Front sprechen jedenfalls eine deutliche Sprache. Taiwan und die Ukraine hängen in vielerlei Hinsicht zusammen. Beide fordern Ressourcen vom Westen. Denn für die USA steht und fällt mit Taiwan der Status ihrer militärischen Vorherrschaft in der Pazifik-Region. Um gegenüber China genügend Abschreckungspotenzial aufbauen zu können, werden die USA vermutlich Ressourcen aus Europa abziehen. Dann darf eine durch Angst und Wohlstandsverlust eh schon wütende deutsche Bevölkerung den Gürtel noch enger schnallen und weitaus mehr Geld als bislang in die Rüstung pumpen. Das wird teuer. Und könnte die Beziehung zwischen EU und USA weiter belasten.

Warum ist Taiwan so wichtig?

Taiwan ist so wichtig, weil es Chips herstellt, die alle für die Digitalisierung brauchen. Bis zu 92 Prozent der weltweit modernsten Halbleiterproduktionskapazitäten, die für die meisten elektronischen Konsumgüter wie Smartphones, Computer und Automobile genutzt werden, sind direkt oder indirekt von Taiwan abhängig. Damit ist Taiwan ein neuralgischer Knotenpunkt in der globalen Digitalindustrie. Für den „Economist“ ist Taiwan der gefährlichste Ort der Welt, da hier die beiden Supermächte USA und China aufeinandertreffen könnten. Das gesamte globale Eskalationspotenzial militärischer, politischer, technologischer und wirtschaftlicher Konflikte ballt sich auf der kleinen Insel. Taiwan unterhält aber nur zu 13 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und zum Heiligen Stuhl (Vatikanstadt) volle diplomatische Beziehungen. Fast alle anderen Mitgliedstaaten betrachten die Regierung der Volksrepublik (VR) China offiziell als legitime Regierung Taiwans – so auch Deutschland.

Wie könnte ein militärischer Konflikt zwischen Festland-China und Taiwan aussehen?

Peking will Taiwan zurück, und wenn die abtrünnigen Inselchinesen nicht wollen, weil sie sehen, wie die Festlandchinesen unter der staatlichen Oppression leiden, dann womöglich bald schon mit Gewalt. Beinahe täglich schickt China Militärflugzeuge in die taiwanische Luftverteidigungszone. Als die taiwanische Regierung im Dezember 2023 entschied, die Wehrpflicht von vier Monaten auf ein Jahr zu verlängern, waren fast 80 Prozent der Taiwanesen dafür. Sie haben gesehen, wie es mit Meinungsfreiheit in Hongkong bergab ging und haben wenig Lust darauf. Doch wie stünden Taiwans Chancen im Falle einer chinesischen Invasion? Eine Insel mit 23,5 Millionen Einwohnern hätte alleine wenig Chancen gegen eine technologisch hochgerüstete Supermacht von 1,4 Milliarden Menschen. Würde dieser militärische Konflikt anders ablaufen als der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine?

Mit Cyber-Angriffen zum Erfolg? Chinas Strategie für Taiwan

Mark Harrison, Lektor für Chinastudien an der University of Tasmania, verweist dabei auf die Unterschiede zwischen der geopolitischen Lage Taiwans und der Ukraine: „Während Russland und die Ukraine eine 1.300 Meilen lange Landgrenze teilen, sind Taiwan und China durch 110 Meilen Meer getrennt.“ Als wichtiger Teil der globalen Lieferkette sei Taiwan für die USA von großer Bedeutung, deren Engagement für die Insel in der offiziellen Politik verankert ist, während sich die Sicherheitsgarantie der NATO nicht auf die Ukraine erstreckt. Wahrscheinliche sei es daher, dass China stattdessen versuchen wird, Taiwan durch Cyber-Angriffe, wirtschaftliche Schikanen und Desinformation zur Kapitulation zu zwingen, wenn eine friedliche Kulturdiplomatie nicht den erwünschten Erfolg bringen wird. China hätte nach der Übernahme Taiwans die Kontrolle über einige der modernsten Technologien der Welt . Zudem flankiert die Insel einen der wichtigsten Handelswege der Welt. China wäre dann in der Lage, Öllieferungen nach Japan und Südkorea zu unterbinden. Damit könnte Peking die USA aus Asien verdrängen und die Spannungen im südchinesischen Meer weiter verschärfen.

Was heißt das alles für Deutschland?

Die aktuellen Konfliktlinien ziehen sich um den gesamten Globus. Währenddessen dient die Klimakrise als Katalysator - durch Extremwetter, schlechte Ernten und Fluchtbewegungen. Und durch ideologische Grabenkämpfe, die uns weiter aufhalten, anstatt als Land der Ingenieure, der Dichter und Denker Wege und Mittel zu finden, mit den vielen Krisen sinnvoll umzugehen. Was heißt das also für uns? Das Dilemma für Deutschland bezüglich der Ukraine: Entweder Geld abziehen und Russland gewinnen lassen, das dann mit einem kriegserprobten russisch-nordkoreanischen Heer und in den Dienst gepressten ukrainischen Veteranen an der EU-Außengrenze steht und mit den Säbeln rasselt - beziehungsweise die Drohnen steigen lässt. Oder noch mehr Geld hinschicken, mit vor allem wirtschaftlichen Folgen für die Deutschen, die kriegsmüde sind, bislang ohne in einen Krieg verwickelt zu sein - und sich vor allem vor dem Verlust ihres Wohlstands fürchten, obwohl womöglich weitaus mehr auf dem Spiel steht. Klar ist: Alleine schafft es Deutschland nicht. Und auch, wenn die Ressourcen des Westens weiter ausdünnen, weil überall auf der Erde Konflikte hochkochen, von der Ukraine über den Nahen Osten über Korea bis zu Taiwan - gerade dann sollten alte Allianzen bewahrt und womöglich neue geschmiedet werden. Mit aller nötigen Vorsicht, aber vor allem mit weniger Abwarten und mehr Verve. Denn sonst tut es jemand anderes.

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Maximilian Modler

                                                                            ***

Maximilian Modler berichtet über spannende Entwicklungen aus den Bereichen Energie, Technologie - und über alles, was sonst noch für die deutsche Wirtschaft relevant ist. Er hat BWL, Soziologie und Germanistik in Freiburg, London und Göteborg studiert. Als freier Journalist war er u.a. für die Deutsche Welle, den RBB, die Stiftung Warentest, Spiegel Online und Verbraucherblick tätig.

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