Der Preis des neuen VW-Elektroautos ist eine klare Ansage: 20.000 Euro. So viel soll das Modell kosten, das Volkswagen Mittwochabend in Düsseldorf präsentierte. Damit würde der Konzern nicht nur den bisherigen Preisrahmen für elektrische Fahrzeuge im eigenen Portfolio sprengen, sondern auch die meisten Angebote der Konkurrenz unterbieten. Kunden müssen jedoch noch Geduld aufbringen, denn der ID. Every1 ist aktuell nur eine Studie – die Serienversion wird erst 2027 erwartet.
VW-Stromer für 20.000 Euro: Reichweite von mindestens 250 Kilometer bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h
„Der ID. Every1 ist das letzte Puzzleteil auf unserem Weg zur breitesten Modellauswahl im Volumensegment“, sagt Markenchef Thomas Schäfer. Der 3,88 Meter lange und 1,82 Meter breite Kleinwagen fällt deutlich größer aus als der 2023 eingestellte VW Up, den er ersetzen soll. Durch den stilisierten Kühlergrill sieht er zudem nicht wie ein typisches E-Auto aus. Die elektrische Reichweite beträgt mindestens 250 Kilometer, bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h wird der 95 PS starke Fronttriebler abgeregelt.
Große Hoffnungen setzt der Konzern in das Modell, mit dem er seine Elektrooffensive nach unten hin abrunden möchte. „Günstige E-Autos sind wichtig“, betont Schäfer. Nur so könne sich die Elektromobilität breit durchsetzen. Mit dem neuen Einstiegsmodell wolle man das Markenversprechen einlösen, Mobilität für alle zu schaffen.
Zunächst wird das vollelektrische Modell ID.2all im Polo-Format für rund 25.000 Euro erwartet, das bereits im nächsten Jahr auf den Markt kommen soll. 2027 soll dann der noch kleinere ID. Every1 für 20.000 Euro folgen. Der bisher günstigste Elektro-VW, der ID.3, kostet trotz einer laufenden Rabattaktion noch knapp 30.000 Euro. Andere Hersteller sind jedoch schneller: Citroën, Fiat, Renault und Hyundai bringen noch in diesem Jahr neue Elektrofahrzeuge für weniger als 25.000 Euro auf den Markt. Die von VW angepeilten 20.000 Euro für 2027 erreichen jedoch nur wenige Konkurrenten.
„Konkurrenz schläft nicht“: Dacia und Chinesen zum Teil deutlich billiger im E-Auto-Segment
Der Dacia Spring, der für knapp 17.000 Euro erhältlich ist, bleibt derzeit der günstigste Elektro-Wagen. Auch zwei chinesische Hersteller bringen in diesem Jahr Fahrzeuge nach Europa: der Leapmotor T03 für knapp 19.000 Euro und ein abgespeckter BYD, dessen Preis Berichten zufolge unter 18.000 Euro liegen soll. Doch, so warnt Branchenexperte Frank Schwope von der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover: „Die Konkurrenz schläft nicht.“ Schon in drei bis vier Jahren, so schätzt er, werden E-Autos nicht mehr teurer sein als Verbrenner. Ab 2030 dürften sie sogar günstiger werden. „Dann wird das Ganze kippen.“
Dass der 20.000-Euro-Stromer von VW erst 2027 kommt, sieht Markenchef Schäfer jedoch nicht als Problem. „Wir bringen unser Modell genau zur richtigen Zeit.“ Dann, wenn immer mehr Menschen auf Elektromobilität umsteigen wollten. „Und wenn wir sicher sind: Das ist ein echter Volkswagen.“ Denn, so Schäfer: „Ein echter Volkswagen muss mehr bieten als nur einen günstigen Preis.“
Vor zwei Jahren hatte Schäfer den Billig-Stromer erstmals angekündigt. Schon damals sprach er von einer enormen Herausforderung, den geplanten Preis zu realisieren. Zunächst gab es Überlegungen, mit Renault zusammenzuarbeiten, doch diese Idee wurde später aufgegeben. Stattdessen wird das Auto nun in Eigenregie entwickelt. Ein noch günstigeres Schwestermodell von Škoda wird es jedoch nicht geben. Laut „Spiegel“ ist der kleine VW so eng kalkuliert, dass sich der Preis von der tschechischen Tochter nicht unterbieten lässt.
E-Autos sind momentan noch eher Ladenhüter, was vor allem an den hohen Anschaffungskosten liegt. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur gaben Ende Februar 47 Prozent der Befragten an, dass vor allem die hohen Kosten gegen die Elektromobilität sprächen. Der Preis war das am häufigsten genannte Hindernis, noch vor mangelnder Reichweite und Lücken im Ladenetz.
Produktion von billigem VW-Stromer in Deutschland nicht rentabel - Portugal wahrscheinlich
Elektromodelle, die mehr als 30.000 Euro kosten, kommen für die Hälfte der Befragten nicht in Frage. 16 Prozent nannten 15.000 Euro als Schmerzgrenze, weitere 14 Prozent 20.000 Euro – also genau der Preis, den VW nun anstrebt. Markenchef Schäfer weiß, dass mit dem 20.000-Euro-Stromer nicht viel zu verdienen ist. „Kleine Fahrzeuge sind bei der Rendite immer anspruchsvoller als große“, erklärt er. Eine Produktion in Deutschland hatte Konzernchef Oliver Blume bereits vor einem Jahr aus Kostengründen ausgeschlossen. VW hält jedoch an einer Fertigung in Europa fest. „Business Insider“ zufolge dürfte die Produktion in Portugal stattfinden.
Die hohen Kosten von E-Autos sind vor allem auf die Batterie zurückzuführen. „Wenn allein die Batterie eines Fahrzeugs rund 7.500 Euro oder mehr kostet, schlägt das bei einem Kleinwagen natürlich massiv durch“, erklärt Stefan Reindl vom Geislinger Institut für Automobilwirtschaft. Bei größeren Fahrzeugen, die ohnehin teurer sind, fällt dieser Preis weniger ins Gewicht.
Deshalb setzten fast alle Hersteller – auch der VW-Konzern – zunächst auf SUVs und große Limousinen. Diese Segmente bieten ohnehin höhere Gewinnmargen. Doch, so Reindl: „Damit lässt sich der Massenmarkt nicht erobern.“ Inzwischen sind die Batterien deutlich günstiger geworden, doch die hohen Investitionen bleiben weiterhin ein Problem. „Sonst hätten wir sicherlich schon günstigere Preise.“
Weg mit den anonymen Nummern: E-Autos von VW sollen griffige Namen bekommen
Der Vorstoß von VW ist aus Sicht des Branchenexperten Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach besonders wichtig. Für einen breiten Hochlauf der Elektromobilität seien günstige Einstiegsmodelle unerlässlich. Dabei komme es auch auf attraktive Angebote von deutschen Herstellern wie VW an. „Das ist auch für das Image der Marke wichtig.“ Ein solches Modell könnte dem gesamten E-Auto-Markt neuen Schub verleihen. „Insofern warten alle sehnlich auf dieses Modell.“
Noch ist unklar, wie VW seinen Einstiegs-Stromer nennen wird. Dass er tatsächlich ID.1 heißen wird, wie es intern der Fall ist, scheint eher unwahrscheinlich. Schäfer hat bereits mehrfach betont, dass er von den anonymen Nummern der ID-Modelle weg möchte, die unter dem ehemaligen Konzernchef Herbert Diess eingeführt wurden. Stattdessen möchte er Namen wie Golf und Tiguan ins Elektro-Zeitalter übertragen. Ob aus dem ID.1 am Ende ein neuer ID. Up wird, bleibt abzuwarten. Schäfer hält sich noch bedeckt: „Seien Sie gespannt.“